Aufzeichnungen
von J. A. Schmidt (1.12.1898 – 14.8.1978)
(geschrieben
ca. 1970/1)
(Übertragen
2011 vom Sohn Gerhard Schmidt - manche Rechtschreibirrtümer wurden etwas
korrigiert, bzw. die jetzt gültige Schreibweise angewandt. Aber sonst sind die
Worte des Vaters beibehalten worden – auch seine Grammatik! Der Originaltext
sollte möglichst wenig verändert werden. Weiterhin wurden Auslassungen,
Stenogrammteile, Einfügungen, bzw. nicht zu entziffernde Stellen mit Punkten
…. gekennzeichnet oder kursiv geschrieben. Da viele nichtdeutsche Ortsnamen
bis zur Unkenntlichkeit phonetisch geschrieben wurden, gelang es nicht immer die
richtigen Orte zu finden und zu schreiben. Namen, Datumsangaben, Orte und militärische
Einheiten wurden unterstrichen. Da kaum Absätze in den Ausführungen zu finden
sind, wurde das auch so übernommen. Tippfehler bitte ich zu entschuldigen.)
(Als
Nachbemerkung sei gestattet: Welches Elend und Unrecht den Menschen in aller
Welt erspart geblieben wäre, hätten nicht Wilhelm II. und Adolf Hitler anderen
Nationen den Krieg erklärt und die Befehle zum Überfall erteilt! Intoleranz
und gar Rassenhass zeitigten dann Schreckliches, dass dann der Terror zurückschlug
und wieder in der Regel Unschuldige traf, war eine furchtbare Folge. Weiter sei
die Bemerkung gestattet, dass die grauenvollen Kriegserlebnisse seelische
Verletzungen hinterlassen haben – und es gab damals keine psychologischen
Hilfen, die diese Traumata hätten lindern können. Eine weitere Bemerkung: Wir
müssen dankbar sein, dass wir in einer so langen Friedensperiode leben
durften.)
Memento
Mori - Das große Sterben!
Geboren
am 1.12.1898 zu Bergfried, Gemeinde Haag, Oberpfalz, Landkreis Eschenbach als
Sohn des Altzimmermeisters Konrad und Anna-Maria, letztere geborene Schreglmann,
verlebte ich mit fünf Schwestern meine Jugend zuhause. Mein Vater stammte aus
kleinen Verhältnissen, betrieb neben einer kleinen Landwirtschaft das
Zimmergewerbe. Meine Mutter kam aus gut bäuerlichem Hause in Pappenberg. Mühsam
arbeiteten sich meine Eltern empor und erzogen uns zu brauchbaren Menschen. In
dem nahen Pfarrdorf Haag besuchten wir Kinder die Volks- und Fortbildungsschule.
Doch bald trat auch an uns die Forderung des Lebens heran, meine Schwestern
kamen in die Dienstbarkeit der Landwirtschaft und später kamen sie in die Stadt
München, um sich bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Margret, die Älteste
(gestorben 1968) heiratete den Witwer Hermann Müller in Regensburg. In
Regensburg befand sich auch mein Großonkel Josef Schmidt, woselbst Schwester
Margret ihren Mann kennen lernte. Maria verband sich mit Wolfgang Suttner, der
als Schweizer (Melker) auf dem Gut von
Grafenstein, Hammergänlas, später bei Schlör, Hütten und Hebauer, seinem
Berufe nachging. Mein Schwager Wolf ist kurz vor dem Einmarsch der Amis
verstorben und in Hütten beerdigt. Meine kleine Schwester übernahm das kleine
Anwesen, das durch den Übungsplatz Grafenwöhr bis auf
14 Tagwerk Wiesen und Felder zusammengeschmolzen war. Schwester Anna
blieb ledig und ist am (…) verstorben. Vater verstarb am 7.4.1924. Er hat die
völlige Auflösung unserer Heimat nicht mehr erlebt. 1937 kam meine Heimat mit
weiteren Orten im großen Ausmaß restlos zum Übungsplatz Grafenwöhr. Der auf
unser Besitztum eingeheiratete Schwager Josef Hammer mit den zwei verwaisten
Kindern heiratete wieder und verzog nach Auflösung des Hofes mit meiner Mutter
und Schwester Anna nach Neudorf bei Luhe. Hier sind auch meine Schwester und die
Mutter, die 1949 starb, beerdigt. Von meiner ehemaligen Heimat ist lediglich
noch der Friedhof, alles andere ist eingeebnet und verwildert.
Nun
zu meiner eigenen Person ist nichts Besonderes zu sagen; ich war wie jeder
andere Junge, ging mit 6 Jahren in die Volksschule nach Haag, war ein nicht ganz
unbegabter Schüler. Besonders interessierte mich Geschichte, Geografie und das
Zahlenspiel mit dem ich sozusagen in den Sog gezwungen wurde (e).
Mit 13 Jahren besuchte ich den Vorkurs der Baugewerbeschule in Nürnberg (….),
den ich mit Gut und Zufriedenstellend abschloss. Hier waren mir die Zahlen
wiederum ein Possenspiel, die mir die erste Stelle aller meiner Mitschüler (53)
einbrachte. Leider kam dann die Nachlässigkeit meines Vaters und somit der
notwendige Druck zum weiteren Besuch der Bauschule. Ich selbst war aber hier mit
Schuld, weil eben der notwendige Ehrgeiz und das Trachten zu weiterer
Fortbildung fehlte. Meine Eltern hatten überdies immer mit finanziellen
Schwierigkeiten zu kämpfen und blieb ich eben in den Anfängen stecken. Wäre
mein Lehrer (Winter) vielleicht noch da gewesen, würde ich mein Lebensziel
anders geändert (haben). Ich lernte
wohl das Zimmerhandwerk, doch Gesellenprüfung hatte ich nicht. Zudem kam dann
ein Ereignis, das meinem Leben eine ganz andre Zielrichtung gab.
Ein
heißer Tag im Augsut 1914. Mein Vater mit 3 Gesellen - Schuster-Michl
(Kraus), Kederer und Goß, sowie meiner Wenigkeit - waren bei einem
Neubau in Fenkenhof beschäftigt, bzw. war das Gerüst und Dachstuhl fertig. Die
Natur war anscheinend stehen geblieben, man hörte ringsum keinen Laut, kein
Vogel zwitscherte, die Sonne schien heiß und drückend herab, die Luft zitterte
ganz vibrierend und unser Werken mit dem Bau war …los zu hören. Am Horizont
zog sich ein Wolkengebilde wie ein dicker starker Arm von West nach Ost am Ende,
wie eine Faust darstellend, kilometerweit. Ich musste immer wieder nach diesem
Wolkengebilde sehen, ich wurde förmlich angezogen. Es war wie eine Wetterwolke
und zwar so, als wollte dieser gestreckte armförmige Wolkenarm ein Ereignis künden,
welches in der Luft lag. Schwer drückte auch die vibrierende, zittrige Luft auf
den Atem. Da plötzlich in der gänzlichen Stille ein Glockenton, sonderbar und
kurz das Einfallen von Sturmglocken, wie von einer Feuersbrunst. In dieser
flimmernden, glühenden Luft klangen diese Glockentöne weit über das stille
Land, sie waren wohl von Haag, als auch von Vilseck, beide Orte wohl über eine
Stunde entfernt, zu hören und dazwischen wimmerte das Glöckchen aus der nahen
Ortschaft Langenbruck. Mein Vater und unsere
Gesellen horchten verwundert auf, war es eine Feuersbrunst, oder war etwas in
der Luft, auf das man schon einige Tage darauf wartete und doch nicht hoffte. Es
war erst der österreichische Kronprinz in Ser…. (gemeint
ist Sarajewo) von serbischen Fanatikern erschossen worden. Dieser
Gedankengang wurde ebenso plötzlich unterbrochen, man hörte auf einmal den Ruf
„Krieg“ und plötzlich sah man auch Menschen auf der Ortsstraße, die
gestikulierten. Unsere beiden Gesellen Kederer und Goß waren nicht mehr zu
halten, sie waren doch eine der Ersten, die als Reservisten einrücken mussten.
Sie schrieen spontan Hurra, ließen die beiden Bandhacken (Äxte) auf die
Bretter knallen, die wie Böllerschüsse anzuhören waren. Gleich darauf verließen
sie den Bau und fuhren mit den Rädern nach Hause. Auch mein Vater und Michl,
der ältere Geselle, hatten alle Lust zum Weiteren verloren und gingen zu Fuß
heim. Ich erhielt nun die Aufgabe alle Werkzeuge einzusammeln und aufzubewahren
und dann konnte auch ich den Heimweg antreten. Leichtfüßig überholte ich
Vater und als ich zu Hause (Bergfried) ankam, reinigte ich mich, zog mich um und
eilte ins Pfarrdorf Haag, das etwa 500 m entfernt war. Auf dem Wege dorthin hörte
ich bereits Musik und auf der Straße bewegte sich eine größere Menge alter
imd junger Leute aufgeregt und insbesondere sehr viele Reservisten, die
teilweise noch am gleichen Tag oder in den nachfolgenden Tagen in ihren
Garnisonen sich zufinden mussten. Überall hörte man Lieder, die „Wacht am
Rhein“ und auch andere Soldatenlieder aufklingen und viele dieser Reservisten
glaubten in ½ Jahr wieder zu Hause zu sein. Es war ein Trugschluss. (Kriegserklärung
August 1914 – 11.11.1918 mittags 12 Uhr Ende
des Krieges). Manchen sah man auch tränenden
Auges und komisch, oder vielmehr wie Ahnung, waren es die, die ihre
Heimat zum letzten Mal sahen. Wir Buben waren selbstverständlich begeistert und
wären am liebsten mit von dannen gezogen. Daß es einmal noch kommen sollte,
daran dachte niemand.
Nun
hatten wir den Krieg. Nachrichten aus dem Elsass, Lüttich undsoweiter kündeten
von siegreichen Schlachten und Gefechten, aber in all der Freude klangen auch
schmerzliche Töne durch, als dort und da Kunde von gefallenen und doch so
bekannten Mitbewohnern in manche Häuser gebracht und Leid sich mit dem Toben
und T… des Krieges mischten. Das Leben ging weiter. Auch in mein Leben kam in
diesen Tagen eine Veränderung. Mein Vetter „Hauptner Hannes“ mit dem
genauen Namen Schertl aus Zeltenreuth musste dem Ruf des Vaterlandes folgen.
Bevor er wegging, kam er zu uns, um mich auf seinen 280 Tagwerk großen Hof zu
gewinnen. Seine Knechte waren bereits weggeholt und nun wäre das große Anwesen
völlig ohne männliche Kraft. Außer seinen zwei Schwestern war nur noch eine
Magd. Nun ging ich mit und ich hatte mit meinen 15 Jahren sehr viel zu leisten.
Zwei Pferde und zwei Ochsen hatte ich alle Tage zu füttern und zu putzen bis
eindlich ein älterer 50-jähriger Ulrich Fenk eingestellt werden konnte. Zur
Zeit der Ernte betrug die Nachtzeit manchmal nur vier Stunden. Gegen 3 ½ Uhr
wurde ich bereits geweckt, da zu seiner Zeit außer einer Mähmaschine keine
weitere Maschinen im Gebrauch waren. Ein mühseliges Plagen, doch man wurde kräftig,
das Essen war reichlich und gut. Im Herbst 1915 kam nun
aus Frankreich der Bruder des Ulrich Kraus (Schuster
Ra.) in Urlaub. Wir belagerten ihn abends im Gasthause, wir wollten doch
über das Kriegsgeschehen uns Auskunft erholen. Kaspar Kraus war immer noch der
Meinung, dass der Krieg bald zu Ende sei. Seinerzeit sagte ich zu ihm, ich
glaube, dass wir den Krieg ausmachen würden. Darauf erklärte (er),
dich brauchen wir, du Lausbub. In einem halben Jahr wären sie daheim. Welche
Aussicht und welche Zuversicht sprach aus seinem Ausspruch. Die Jahre vergingen.
Es war inzwischen zum Stellungskrieg gekommen. Im Frühjahr 1916 wurde ich mit
meinen Schulkameraden gemustert. Ich wurde als tauglich als Pionier, Kavallerie
I und Infanterie II befunden und wir zogen laut singend von (der) Stadt
Eschenbach in unser Heimatdorf nach Hause. Wir waren stolz auf unsere Militärtauglichkeit
und glaubten für unsere Heimat mit allen Kräften einstehen zu müssen. War es
Trug, war es Lug, wir konnten es nicht unterscheiden. Durch unsere Erziehung,
unsere Geschichtsbildung, die uns in den Schulen und anhand der von den
wissenschaftlichen und angeblich historisch gebildeten Staatsrechtlern in uns
verankert wurden, erwähnten wir uns rechtens im Glauben der Verteidigung
unseres Vaterlandes. Sehr schnell entschwand die Zeit. Am 23. November 1916
tauchte dann mit tränenden Augen meine jüngste Schwester Fanny (gestorben mit
33 Jahren) auf und überbrachte mir den Gestellungsbefehl nach Zeltenreuth.
Demnach hatte ich mich mit meinen anderen Schulkameraden beim Kreiswehrkommando
am 24.11.1916 in Weiden zu melden. Ich eilte, nachdem ich meine Habseligkeiten
verstaut mit nach Hause und am anderen Tage früh begaben wir uns zu Fuß von
Haag nach Vilseck und fuhren singend und frohgemut mit der Bahn zu unserem
Bestimmungsort (Weiden) zu, wo wir
eine größere Zusammenballung von Gleichaltrigen antrafen. Zusammengestellt in
Führerkolonnen nach Namensverlesung, wurden wir in einzelne Garnisonen, je nach
Waffengattung, verteilt. Ich kam mit den Schulkameraden Georg Hausmann und
Kaspar Kraus, usw. nach Grafenwöhr zum 13. Bayerischen Reserve Infanterie
Bataillon. Am nächsten Tage wurden wir nach der Körpergröße in die einzelnen
Züge eingeteilt. Ich hatte bereits bei der Ausmusterung 1,72 m und kam daher
zum 1. Zug. Meine Kameraden und auch mein späterer Schwager Ludwig Grillmeier
von Neualbenreuth waren dem 3. Zug zugeteit. Da die Kasernen von älteren Militärs
belegt waren, wurden wir in Pferdestallungen untergebracht, die keineswegs so
geheizt werden konnten, wie es notwendig gewesen wäre. Unser Frohsinn beachtete
auch dieses nicht. Am gleichen Tage wurden wir in Gruppen von acht Mann
geordnet, ich gehörte der 5. an und erhielt als Gruppenführer den Sergeanten
Buchta, ein strenger, aber gerechter Mann, der uns das Einmaleins der Ausbildung
im Wehrdienst näher zu bringen hatte. Es war eine harte Zeit, dazu der sehr
kalte Winter 1916/17. Als Zugführer hatten wir den aus Nürnberg stammenden
Leutnant Schirmer und einen Feldwebel (Name nicht bekannt), dem die Schwindsucht
anzusehen war. Dieser starb auch noch am Ende der Ausbildungszeit. Leutnant
Schirmer und der benannte Feldwebel waren nicht sehr beliebt, obwohl freilich gründliche
und strenge Ausbildung notwendig und vielleicht auch nützlich war, waren diese
beiden sogenannte Einpeitscher, sie waren mehr wie streng. Der Feldwebel ließ
mich einmal ½ Stunde Strafexerzieren, weil ich in eine Vertiefung
(Kaninchenloch) während eines Sturmangriifes stürzte und mit dem Lauf des
Gewehres in den hochliegenden Schnee kam. Diese halbe Stunde war kein
Honiglecken, der Schweiß durchdränkte hierbei meine Uniform. Der
Unteroffizier, welcher selbst äußerte, dass ich doch hierfür wenig konnte,
war ihm nicht genug, er ergriff selbst das Kommando und hetzte mich noch ca. 10
Minuten im Schnee auf und nieder, bis er eben seine Wut an mir abreagiert hatte.
Was konnte ich machen, ich war ihm eben ausgeliefert und konnte mich nie hierüber
beschweren. Ich war auch nicht der Einzige, an dem Strafe verhängt wurde.
Leutnant Schirmer war ebenfalls ein Einpeitscher. In klirrender Kälte früh an
einem Tage marschierten wir, d.h. der Zug über den Haidweiher zum Glashüttenberg.
Da das befohlene Lied nicht im Akkord zusammenklang, hieß es auf einmal
„Handschuhe ausziehen“. Danach kam dss Kommando „Gewehr anziehen“ und
hiermit marschierten wir im Gleichschritt über einen Zeitraum von 30 – 40
Minuten mit angezogenem Gewehr zur Höhe hinauf. Danach musste der ganze Zug,
rund 80 Mann, in Linie einschwenken. Hier hielt Schirmer ca. 20 Minuten
Ausbildungslehre. Danach das Kommando „Gewehr ab“. Und nun ereignete sich
bei den meisten, das was eben kommen musste, der Schaftbeschlag war durch den
Frost an das Handinnere angefroren und beim Absetzen riss die Haut bei vielen
ab. Dessen ungeachtet wurde das Zugexerzieren weiter fortgesetzt und zuletzt ließ
er in seinem Wahn noch den ganzen Zug geschlossen in Gruppen über den Bach
unweit des Haidweihers springen. Die Folge war, dass alle im morschen Eis
einbrachen und bis an die Knie durchgenässt wurden. Gleich darauf hielt er im
anliegenden Walde Schießvorschule ab. Alles schlotterte in der Kälte. Doch da
kam zu unserer Errettung der Lagerführer Major Müller mit seinem Adjudanten
angeritten. Vermutlich hatte er das unmenschliche Verhalten des Leutnants
Schirmer gesehen. Er beorderte ihn sofort zur Unterkunft und ein Unteroffizier
musste uns sofort zur Kaserne zurückführen. Leutnant Schirmer wurde
wahrscheinlich zur Disposition (?) befohlen, aber davon haben wir weiteres nicht erfahren. Am nächsten
Tage meldete sich der ganze Zug krank. Im Revier wurde man untersucht. Der
Unterarzt, wahrscheinlich erhaben (?),
wollte diese ganze Erkältung übergehen. Da ich mich äußerst matt fühlte, es
erging auch anderen in gleicher Weise, forderte ich Untersuchung durch höheren
Arzt, zumal mir der Unterarzt auf meine Einwendung, dass ich meinen Kopf fast
nicht zu rühren vermochte, sagte, das habe er auch schon gehabt, dies komme vom
Wixen. Dieses Wort war mir zuhause nicht bekannt, aber im nunmehrigen Kreise erläutert
worden. Nun erschien der Stabsarzt und bei der Untersuchung von 14 Rekruten,
darunter auch ich, schien sich der Verdacht der Gesichtsstarre bestätigt. Wir
wurden sofort abgesondert, niemand durfte mit uns in Berührung kommen. Jeder
bekam eine Anzahl Spritzen. Kurzum einer starb, ein anderer wurde als Krüppel
aus dem Heer entlassen. Nach 14 Tagen wurde ich mit anderen aus der Quarantäne
entlassen. Mein Vater, der mich während dieser Zeit besuchen wollte, er war von
Haag über den Übungsplatz-Heuweg Glashütte nach Grafenwöhr zu Fuß gekommen,
konnte mich weder sehen noch sprechen. Er wurde im Unklaren gelassen, es sollte
doch über den Ausbruch der Gesichtsstarre nichts in die Öffentlichkeit
dringen. Mitgebrachte Lebensmittel konnte er abgeben und danach war er gehalten
nach Hause zu gehen. Über die Krankheit erhielt(en) er, bzw. meine Eltern, usw. von mir selbst Bescheid. All dies
hatten wir unserem Leutnant Schirmer zu verdanken. Bei manchen wurde die
Bemerkung laut, kommt er nur mit uns hinaus, eine Kugel ist ihm sicher. Er kam
aber mit uns nicht ins Feld.
Nun
habe ich Häßliches berichtet, es gab aber auch heitere Dinge. Die ersten Tage
nach unserer Ankunft in Grafenwöhr durften wir den Kasernenbereich nicht
verlassen, da wir nicht vereidigt waren und nicht vorschriftsmäßig grüßen
konnten. Einer (Name nicht mehr bekannt), der bereits ein lediges Kind hatte,
also mit 18 Jahren schon Vater war, ließ sich durch das Verbot nicht einschüchtern.
Eines Nachmittags, wir hatten Freizeit, ging
er trotzdem vom Lager weg, um nach Grafenwöhr zu gehen. Beim Ausgang
begegnete er dem Lagerkommandanten Major Müller, der auf einem Pferde saß. Da
er nicht gegrüßt wurde winkte er unseren Freund, zu ihm zu kommen. Doch unser
Held kehrte um und rannte eilends zurück in unsere Unterkunft, hinter ihm Major
Müller auf dem Pferde. Ich putzte soeben vor der Unterkunft die Schuhe mit
weiteren Kameraden, als unser Kleiner ums Eck der Baracke angesaust und im
Eingang verschwand. Gleich danach tauchte auch Major Müller auf und fragte nach
dem Ausreisser. Er wurde herbeigeholt und als Major Müller ihn fragte, warum er
nicht gegrüßt hatte, sagte unser junger Vater, er „habe nicht gewusst, dass
er so ein Großer sei“. Major Müller tänzelte mit dem Pferd im Kreis und
musste selber lachen. Danach wurde der Spieß herangerufen und Major Müller
wurde aufgeklärt über das Verbot und da die ganze Korona nicht verteidigt war,
konnte unser kleiner ….vogel nicht bestraft werden. Der Spieß hatte nur noch
die Aufgabe uns nochmals eindringlich zu belehren und wir selbst hatten unseren
Spaß dabei.
Beim
Scharfschießen hatte ich ziemlich Glück, soweit man es eben so nennen darf.
Ich erhielt einmal acht Tage Urlaub, weil ich den bisher Besten, es war ein jüdischer
Kamerad, an 150 m Entfernung übertroffen hatte. Ich schoss überhaupt ziemlich
gut und bekam von meinem Gruppenführer manches Lob. Dieser ging aber einmal in
Urlaub und wir bekamen einen Gefreiten in dieser Zeit, der uns piesackte, und
nachdem wir aus dem Schwäbischen zwei dabei hatten, die beim Turnen und im
Schießen versagten, musste die ganze Gruppe Strafexerzieren oder er piesackte
uns in sonstiger Weise. Da er dies wieder einmal vorm Scharfschießen durchführte,
schoss ich bei diesem in liegender Stellung alle fünf Schuss in den Sand vor
der aufgestellten Scheibe. Es war eine Entferngung auf 150 m und ich tat dies
aus Trotz und Zorn. Mit des Geschickes Mächten ist kein fester Bund zu
flechten, denn in diesem Augenblick kam Oberleutnant Hagena zum Schießstand.
Ich musste mich bei ihm melden, und als er mich erkannte (ich hatte doch von ihm
seinerzeit den Urlaub erhalten) fragte er in ziemlicher Strenge, weshalb ich in
den Dreck geschossen hätte. Ich war zunächst verdattert und als er nochmals
gebot, sagte ich unverwunden: Herr Oberleutnant, wenn ich, weil in meiner Gruppe
einer schlecht schießt, Strafexerzieren müsse und zwar die ganze Gruppe, dann
habe ich auch kein Interesse am Schießen. Unser Sergeant Buchta hätte uns
bestimmt deswegen nicht gehunzt. Auf Befehl des Oberleutnants, der meine
Treffsicherzeit kannte, bekam ich nochmals fünf Patronen
mit der Warnung, nicht noch einmal in den Sand zu schießen. Ich schoss und kam
aus dem sogenannten Schwarzen nicht mehr heraus und zuletzt schoss ich mit dem
5. Schuss ein Platterl. Ob der Gefreite, der uns seinerzeit piesackte, eine
Abreibung durch Oberleutnant Hagena erhielt, entzieht sich meiner Kenntnis. Später
erfolgte auch eine Nachtübung mit Reisemarsch über Pressath und zurück, wobei
ich eine Patrouille zu führen hatte. Damals war auch ein höherer Offizier
dabei. Wegen besonderer Führung dieser Patrouille und Geländeausnützung
erhielt ich acht Tage Urlaub. Ich war
der Einzige, der diese Auszeichnung erhielt. Insgesamt habe ich drei Wochen
Urlaub auf diese Weise mit dem Schießen erhalten, wahrscheinlich tat ich bloß
das Natürliche ohne irgendwelche besondere Eingebung. Interessant war auch die
Begebenheit eines Diebstahls in unserem Zug. Immer wenn die Mannschaft, mit
Ausnahme von Erkrankten, ausgerückt war, wurden in unserer Baracke Koffer
erbrochen und Lebensmittel entwendet. Eines Tages war ich zum Zahnarzt befohlen
und wurden mir zwei Zähne entfernt. Als ich vom Zahnarzt zur Unterkunft ging
und von der Kanzlei den Schlüssel holen wollte, war dieser nicht vorhanden. Bei
Nachschau war die Türe zur Baracke offen, es steckte sonderbarer Weise auch der
Schlüssel und als ich die Unterkunft betrat, bemerkte ich einen Zugangehörigen,
der sich schon mehrere Tage im Revier befand, und dergerade wiederum mehrere
Koffer von Kameraden erbrochen und Lebensmittel stahl. Sobald ich ihn zur Rede
stellte, ergriff er einen Hocker und warf ihn nach mir. Ich sprang noch durch
die Eingangstür und im gleichen Moment donnerte der Hocker
an diese. Ich sperrte die Türe ab und trug ihn (den Schlüssel) in die Kanzlei und hängte in an das Schlüsselbrett.
Danach ging ich unweit der Baracke spazieren. Inzwischen kam unser Zug nach
Hause. Beim Aufsperren der Unterkunftsbaracke fanden sie die erbrochenen Koffer
und das Fehlen von Lebensmitteln vor. Der Dieb hatte sich durch ein Stallfenster
aus der Baracke entfernt. Bei meinem Eintreten wurde ich bestürmt, da ich ja zu
Hause und nur beim Zahnarzt gewesen war. Nach meiner Schilderung, wie schon
vorher, wurde der Täter, der ja unserem Zug angehörte, vom Revier abgeholt und
dem Komapanieführer Oberleutnant Hagena vorgeführt.
Der
Dieb hatte alle Diebstähle gestanden und erhielt dafür 14 Tage geschärften
Arrest, den er auch abbüßen musste. Als er wieder bei uns war, erklärte er,
dass er mich erschießen würde, wenn wir zusammen ins Feld kämen. Darauf
packte ich ihn und bei dieser Rauferei, die sich hierbei entwickelte, wurden wir
von Unteroffizieren getrennt und sogleich dem Kompanieführer vorgeführt. Nach
der Schilderung des Vorgangs wurde der bereits Vorbestrafte wiederum gemaßregelt.
Mir wurde nur eindringlich die Belehrung erteilt, in Zukunft mich nicht selbst
zu rächen, sondern dies den Vorgesetzten (zu)
überlassen. Zugute gehalten wurde mir die Drohung des Anderen, der sich sehr
schlecht verhalten habe.
Als
unser Gruppenführer Sergeant Buchta vom Urlaub zurückkam, war er entsetzt über
die Schikane von dem Gefreiten. Wir waren nämlich sehr niedergeschlagen und
Buchta sah uns an, dass wir sowohl geistig als auch körperlich deprimiert
waren. Von Buchta wurden wir fair behandelt und in den folgenden Wochen war er
sehr nachsichtig. Dies wirkt sich auch bei einer Besichtigung aus, wir waren
eine von der besten Gruppe. Er und wir, die alles was wir konnten, hergaben, um
nicht aufzufallen, freuten uns. Unsere Ausbildung war nunmehr zu Ende.
Mitte
März 1917 kam wie aus heiterem Himmel Frontabstellung in Erwägung. Wir
Kameraden aus meinem Heimatdorf unterhielten uns schon frühzeitig, ja bereits
bei der Einberufung, dass wir zusammen miteinander (bei) einer Abstellung ins Feld gehen wollten, um gegebenenfalls
einander helfen zu können. Als nun meine beiden Kameraden Hausmann Andreas und
Kaspar Kraus zur Abstellung eingeteilt wurden, wollte auch ich nicht zurückbleiben
und so kam es, dass unter anderem auch ich einer ärztlichen Untersuchung
unterstellt wurde. Meine Kameraden wurden jedoch zurückgestellt, angeblich
wegen Herzbeschwerden; ich wurde als gesund befunden, wurde neu feldgrau
eingekleidet und ausgerüstet und in den ersten Tagen des April 1917 sollte
demnach die Marschroute beginnen. Da der genaue Tag für den 22.4.1917 bestimmt,
Urlaub nicht mehr gewährt wurde, suchte ich tags zuvor meinen Taufpaten und
Bruder meiner Mutter, Josef Schreglmann, der im gleichen Lager als Artillerist
diente, auf . Er und ich gingen nachts ohne Erlaubnis durch den Übrungsplatz
– Grünhundshöhe und Heuweg nach meiner 1 ½ Stunden entfernten Heimat. Nach
kurzem Aufenthalt gingen wir in der gleichen Nacht nach Grafenwöhr zurück. Es
war etwas gefährlich, (es war) von
irgendeinem Truppenteil im Nachtdienst mit MG (etwas)
im Gange und es pfiffen uns ganz schön die Kugeln um die Ohren. In einem
Hohlweg mussten wir den Höhenzug kriechend zurücklegen, da Gefahr von
Verletzungen bestand. Mein Taufpate, der in dieser Nacht anscheinend gebraucht
wurde, redete sich dahin hinaus, dass er Kopfschmerzen und sich daher in
Strohlager verkrochen und eingeschlafen wäre. Da er früh beim Appell ja da
war, gab es weiter keine Beanstandung; er bekam auch frei und begleitete mich
zum Verladebahnhof Grafenwöhr. Meinen Paten sah ich nie mehr, er fiel 1918 bei
Nesle und ist dort begraben. Ich sah aber noch sein Grab anlässlich der Abwehrkämpfe
dortselbst. Er lag erst einen oder zwei Tage in dem Friedhof. Er sagte immer,
dass Frankreich seine Erfüllung (Tod) wäre, sofern er dort wieder eingesetzt
werde.
Unweit
(von) Lille wurde unsere Ergänzungstruppe
ausgeladen und wir wurden gleich noch am gleichen oder nächsten Tage zu unserer
Kompanie mit weiteren fünf Kameraden zur 8. Kompanie nach vorne geleitet. Schon
auf dem Vormarsche in nächster Nähe der Front und Laufgraben kamen
manche Salven oder auch einzelne Granaten über uns von feindlicher Seite
und schlugen hinter oder auch seitwärts im Gelände ein. Immer wenn die Salven
anrollten, verbeugten wir uns majestätisch wie auch unsere Führer und zogen
den Kopf ein. Meine Kompanie lag etwa bei Fromelles unweit der Vimy-Höhe,
wenigstens habe ich dies in
Erinnerung. Gleich nach unserer Ankunft musste ich auf Posten. Ein Sergeant nahm
mich mit, es ging vorerst noch in einem Graben, dann über das freie Gelände
mit Schlamm nach rechts bis ich schließlich einen Posten ablöste, der in einem
Granatloche lag. Hier wurde ich belehrt über den Feind, mir wurde gesagt, dass
ich nie nach rechts ausweichen dürfe, dort sei Sumpf und ich würde dort
rettungslos versinken. Überdies hätte ich sehr obacht zu geben, da feindliche
Patrouillen sich aus gezeigter Richtung sich nähern können. Alles wurde im Flüsterton
gesprochen, es war ganz dunkel und man sah nur auf einige Meter, hie und da
wurde das Gelände erhellt durch abgeschossene Leuchtkugeln aus feindlicher
Sicht, usw. Ich richtete mich in diesem Granatloch häuslich ein, legte mir die
Handgranaten zurecht und starrte mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit. Ich würde
leugnen, hätte ich nicht Angst und Spannung. Es mochte noch nicht Mitternacht
sein oder nicht viel darüber,
begann plötzlich eine Kanonade von französischer Seite; Patrouillenminen
platzten, dauernd wurde ich mit Erdmassen zugedeck, kurzum ein Inferno der Hölle.
Ich wühlte mich immer wieder aus dem wässerigen Schlamm, packte mein Gewehr
fest in die Fäuste und war gewillt mein Leben so teuer als möglich zu
verkaufen. Links von mir hörte ich das Dröhnen von Handgranaten, von Schüssen
und sonstigem Lärm, dazwischen das Krachen und Bellen detonierender Granaten
und Schüsse. Es dauerte eine lange Zeit, Minuten oder Stunden, was weiß ich.
Pulverdampf und Nebel nahmen mir die Sicht und manchmal schien es mir, als wie (wenn)
Schatten in einer Entfernung von 50 m auftauchten und wieder verschwanden und es
kam mir vor, als wenn sich die schemenhaften Schatten, mal nach links und dann
wiederum nach der Feindseite zu bewegten. In der Dunkelheit sowie den
nebelhaften, wie Rauch ziehenden Wolken, konnte ich Wesentliches nicht erkennen.
Überdies waren es nur Augenblicke in der man glaubte, es bewegten sich
irgendwelche Gestalten. Plötzlich trat dann wieder Ruhe ein, wie vor meinem
Aufzug im Granatenloch. Nun hörte ich von links ein Geräusch, das näher kam;
klick, klack tönte es schwach und plötzlich tauchten schattenhaft zwei
Gestalten auf, die ich aber weder als eigene oder feindliche Männer erkennen
konnte. Es war zu dunkel und rauchneblig. Da sie näher kamen, rief ich
verhalten: „Halt, wer da“.Da hörte ich den Warnungsruf „Pst, Pscht nicht
schießen“. Als die Beiden näher kamen, erkannte ich den gleichen Sergeanten
und einen zweiten älteren Kameraden und wurde ich endlich abgelöst, es war
vier Uhr morgens. Sie wunderten sich, dass ich lebe, ich teilte ihnen kurz meine
Beobachtungen mit und mir wurde erklärt, dass Engländer eine gewaltsame
Erkundigung durchgeführt hätten. Sie hätten zwar keine Gefangenen gemacht,
doch die Kompanie habe Verluste hinnehmen müssen. Mit dem Sergeanten trat ich
den Rückzug an. Ich war also rund sechs Stunden auf Posten. Auf dem Rückwege
erfuhr ich, dass von meinen fünf Kameraden nur mehr einer da sei, sie seien
verwundet worden, bzw. seien zwei bereits gefallen. Der Himmel hatte es mit mir
gnädig gemeint, vielleicht (hätte)
auch ich unter den Unglücklichen sein können. Als wir wieder zum Grabeneingang
unserer Stellung kamen, lag ein langer Engländer schwankend im betrunkenen
Zustande auf der sogenannten Feuerbank. Ein Auge hing heraus. Ein Kompanie-Angehöriger
mit Gewehr stand bei ihm bis zu seinem Erwachen. Eber…… hatte hier den
Posten bezogen. Ein weiterer Engländer hatte einen Kameraden erschossen und
legte sich schlafend in den gleichen Unterstand. Wie ich später hörte, sollen
sie nicht mehr aufgewacht sein, die Erbitterung der Männer war über den Überfall
groß. Ich selbst schlief dann wie tot nach all den Geschehnissen. Am anderen
oder übernächsten Tage wurden wir abgelöst und kamen auf einige Tage zu Ruhe
hinter (die Front). Doch nach kurzer
Zeit etwa nach sechs Tagen rückte unsere Kompanie wiederum vor und wir kamen
direkt unweit Armentiéres in Stellung. Zunächst kam ich mit unserer Gruppe
etwas rechts in ein zerschossenes Kloster. Unsere Unterkunft war eine Gruft,
ziemlich sicher gegen Beschuss, doch hatten wir besonders aufzupassen, da die
Lys (deutsch Leie) vorbeifloss und
dichtes Schilf die Aussicht zur Feindseite (ver)hinderte.
Wir waren hier etwa acht Tage. Danach waren wir direkt vor Armentiéres.
Manchmal rauchten dort die hohen Schornsteine der Fabriken. Diese Stadt war höchstens
einen Kilometer von unserer Stellung entfernt und (es) sollten dort deutsche Kriegsgefangene zur Herstellung von
Munition beschäftigt sein. An einem Abend, vielleicht vierzehn Tage nach meiner
Angliederung bei der 8. Kompanie ging ich am Stellungsgraben, in dem unsere
kleinen Unterstände (waren), die
leider alle verlaust waren, zur nächsten Kompanie hinüber. Ich wollte mich
vergewissern, wer dort sich aufhalte. Bei dieser Gelegenheit sah (ich)
in der anbrechenden Dunkelheit einen Posten auf der Feuerbank des Grabens
stehen, dessen Gestalt mir sehr bekannt vorkam. Es war der Susterkaspar (Kraus) aus meiner Heimat, zu dem ich bereits 1915 anlässlich seines
Urlaubes sagte, dass wir den Krieg ausmachen. Ich stieg zu ihm auf die Feuerbank
und begrüßte ihn, „nun Kaspar, hier bin ich“. Als er mich erkannte und
begrüßt hatte, sagte er, nun ist der Lausbub wirklich da. Er konnte sich nicht
genug wundern und wir kamen dabei auf Früheres und Derzeitiges zu sprechen.
Kaspar Kraus war beim 3. Bataillon (des gleichen) Regiments. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ihn
öfter getroffen zu haben, nach dem Krieg kamen wir dann wieder zusammen und
hierbei wurden unsere Erlebnisse ausgetauscht. Später, und zwar anlässlich von
Ruhe hinter der Front, bei einem Platzkonzert von unserer Wehrmachtsmusik, traf
ich Georg Bernet von Hebersreuth. Georg war ein armer Bursche, nicht finanziell,
sondern im Denkvermögen. Ich begrüßte ihn und fragte ihn weshalb er nicht
nach Hause schreibe und auch nicht zu Urlaub nach Hause käme. Hierbei erfuhr
ich, dass er nicht schreiben und auch nur bedingt lesen könne. Von da aus
samdten wir einen Feldpostbrief zu seinen Eltern. Georg wurde immer übergangen,
er war in sich einbezogen und wurde er deshalb immer zurückgestoßen. Er bekam
spät erst Urlaub. Auch ihn habe ich in der Folgezeit wieder aus dem
Gesichtskreis verloren. Er wurde später am Fuße schwer verwundet, kam abe aus
dem Kriege zurück und fuhr später eine Postkutsche bei Nabburg. Wechselhaft
und nicht immer ohne Gefahr verbrachte ich die Zeit bei der Kompanie, es gab
auch schwere Stunden im Feuerhagel der Geschosse, manchmal war ich auf Posten,
manchmal holten wir Munition oder Drahtgeflechte, die wir vor unseren
zerschossenen Stellungen aufzogen. Manchmal waren auch Verluste zu beklagen, der
Krieg forderte eben Opfer. Man wurde aber nicht gefragt, ob sie sinnvoll oder
unsinnig waren. Überdies war ich noch zu jung, doch von der Begeisterung war
wenig mehr zu spüren. Unsere Stellungen waren wechselhaft, teilweise hatten wir
nur Löcher, die Hauptsache war, dass wir einigermaßen Deckungen hatten. Der
gegenseitige Feuerzauber hatte es in sich. Hier und zwar rechts nach Loos zu,
fanden wir ganze Packungen französischer Dum-Dum-Patronen, die in ihrer Scheußlichkeit
nichts zu wünschen übrig ließen.
Von
deutscher Seite wurden solche Dum-Dum-Geschosse nicht verwendet und ich habe
niemals – weder 1917 und 1918 – solche Geschosse gesehen. Von uns wurden
lediglich aus Zorn und Wut hierüber die Spitzen der Infanterie-Geschosse
abgezwickt und verschossen. Doch war auch dies nur vereinzelt. Mehr und mehr rückte
unser Regiment nach Wytschaete und Arras zu hinauf, bzw. nach Flandern. Mehrmals
überschritt ich mit anderen Kameraden die Lys zu Aufklärungspatrouillen.
Besondere Unternehmungen wurden gewaltsam gestartet um gegnerische Einheiten
auszumachen. Hierbei zeichneten sich besonders ein Feldwebel Meierl aus
Ingolstadt aus. Er war im Zivilberuf Viehtreiber, konnte nur etwas Schreiben,
mit Mühe seinen Namen, aber er war eine Kampfnatur. Neben anderen
Auszeichnungen besaß er das EK I und die goldene
Tapferkeitsmedaille in Gold. Mit jedem, auch mit Offizieren, war er „per
Du“ und wenn, so gebrauchte er den
Ausdruck „Götz von Berlichingen“. 1929 traf ich ihn in Pechbrunn. Er war
bei der Bahnstation, lernte bei dem Schulfräulein noch Lesen und Schreiben,
konnte sich aber mit dem Morseapparat nicht anpassen. Ich stand damals in
Pechbrunn in Uniform eines Gendarmerie-Hauptwachtmeisters
vor dem Eingang der Station. Da ging Meierl vorbei, grüßte und hierbei kam mir
im Unterbewusstsein, dass er mit mir bei der 8. Kompanie, 14.
Infanterie-Regiment war. Ich rief ihn mit seinem Namen und wirklich drehte er
sich, obwohl er bereits einige Schritte vorbei war, (um) und fragte, was ich von ihm wolle. Im weiteren Gespräch
kamen wir dann auf unsere gemeinsame Zeit bei der Kompanie zu sprechen.
Er und ich hatten eine große Freude, er hätte mich aber nicht mehr erkannt, da
er ja nicht wusste, dass ich weiterhin, wenn auch eine andere, Uniform trage.
Selbstverständlich waren wir gute Kameraden und ich machte (ihn)auch
bei Gesellschaft im Gasthause (mit)
den pro…lierten Männern, darunter
auch den protestantischen Lehrer von Groschlattengrün und meinen Stationschef,
Kommandant Konrad Kastner, bekannt. Bei dem damaligen Gesprächsstoff war der
Krieg das Thema und einige Herren konnten auch Auszeichnung und Orden, usw.
vorbringen. Meierl war nicht sehr gesprächig. Wie früher hörte er still zu.
Nachdem von Orden die Rede war und der Lehrer als Reserveoffizier das EK I für
sich aufzählte, gab ich bekannt, dass Meierl neben den sonstigen Auszeichnungen
EK II, I, etc. auch die goldene Tapferkeitsmedaille inne habe. Es war ein
Aufsehen, aber Meierl war genauso, als wäre dies eine Nebensächlichkeit.
Solange er am Bahnhof Groschlattengrün war, besuchte ich ihn immer wieder.
Im
Wytschaete-Abschnitt war unsere Tätigkeit meist mit Aufklärungspatrouillen
ausgefüllt, an denen ich ebenfalls teilnahm. Hier kam auch der Fahnenjunker
„Bubi“. bzw. Hartmann, Professorensohn aus Erlangen, der später bei der
Landespolizei eine Rolle in meinem weiteren Leben spielte (1921). Auch
Unteroffizier Schindler, Pfeiffer und Geisler, letzterer aus Münchberg,
Oberfranken, sind mir noch in Erinnerung. Pfeiffer
traf ich mit anderen Kameraden im Jahre 1921 und 1922 in Nürnberg anlässlich
einer Feier, bzw. Zusammen-kunft im Saale des Kulturvereins Nürnberg. Ich war
damals bei der Landespolizei, doch davon später. Immer näher nach dem
Flandrischen bezogen wir Stellungen. Bevor die große Flandernschlacht im
September 1917 begann, bezog mein Zug Stellung über der Lys in der Zuckerfabrik
bei Warneton (flämisch Waasten).
Diese Fabrik war gänzlich zerbombt, Mauer- und Eisenteile, sowie Maschinen
blickten zum Himmel. Die Fabrik befand sich überdies auf einem nach der
Feindseite ansteigendem Gelände. Nach der Feindseite war wohl die von uns
besetzte Fabrik mit Drahtverhau abgesichert. Bei einem Angriff waren wir, etwa
14 Mann mit Führer, auf uns selbst angewiesen, die Artillerie konnte uns
unterstützen, aber erst dann, wenn wir sie durch Leuchtzeichen anforderten. Größte
Aufmerksamkeit war erforderlich, da die uns gegenüber-liegenden Engländer uns
kräftemäßig, sowohl mit Waffen überlegen,
und auch das Gelände ihnen größte Vorteile versprach. Unweit des
Flusses hatten wir einen ziemlichen granatsicheren Unterstand, der seitwärts
und zum Flusse einen Ein- und Ausgang hatte. Über den Fluss führte eine
Drahtseilfähre, die aber nur für höchstens sechs Mann im Bedarfsfalle
ausreichte. Ruhestandort war Linselles, eine kleine Stadt, in der wir immer nach
acht Tagen Ruhe, soweit wir eben nicht exerzieren mussten, hatten. Eines Abends
hatte ich mit dem Kameraden Schötz (wohnhaft … bei Nürnberg) in einem großen
Granatloch Posten bezogen. Doppelposten war hier in jedem Falle notwendig, um
erstens bessere Sicherheit und zweitens auch gegenseitige Hilfe zu haben. An
diesem Tag schoss sich unsere Artillerie ein, um bei einem Überfall durch die
Engländer Abwehrmöglichkeit zu schaffen. Obwohl von uns aus die Artillerie
immer wieder telefonisch verständigt wurde, schoss sie immer zu kurz und gefährdete
die eigene Stellung. Es war schon gegen Abend, (da)
lagen die Granateinschläge zu kurz. Zu Schötz sagte ich „Setzen wir unsere
Stahlhelme auf.“ Wir setzten dies in der Tat um. Kaum hatte ich den Helm auf,
ich hatte noch die Hand am Helmenrand, setzte unsere Artillerie einen Schuss in
umittelbarer Nähe. Bei der darauf erfolgten Explosion traf mich ein faustgroßes
Eisenstück am Kopf und durchschlug mir den Helm an der oberen linken Seite.
Durch die Wucht des Aufschlages war er mich rückwärts in das große Granatloch
(etwas fünf Meter tief und acht Meter breit). Schötz sprang mir nach, weil er
glaubte, ich sei schwer verletzt. Zum Glück hatte sich das Eisenstück nur
etwas durch den Eisenhut gebohrt und mir die Haardecke bis auf den Schädelknochen
aufgerissen. Ich zog den Helm ab und nun lief mir das Blut herunter. Durch den
Aufschlag hatte ich eine Gehirnerschütterung erlitten. Ich ging zurück zu
unserem Bunker, dort wurde ich verbunden. Ich ging aber nicht zurück, sondern
blieb im Unterstand, ich hatte nun starke Kopfschmerzen. Irgendeinen Dienst
brauchte ich in den nächsten Tagen nicht zu verrichten. Nach Ablösung war ich
lediglich im Revier in Behandlung. Als es wieder in die Stellung zur
Zuckerfabrik ging, bezogen wir die gleiche Kampfstelle. Tagsüber trieben wir
uns auch in der teilweise zerstörten Fabrik (herum).
Das Artilleriefeuer hatte hier alles total vernichtet. Gräben gab es nicht, nur
Granattrichter. Doch war alles mit Drahtverhau abgesichert. Wir waren damals
etwa sechs Tage in der Stellung, als der Tommy schlagartig uns überfiel. Er
drang bis zu unserem Bunker vor, bevor uns der westliche Posten alarmieren
konnte, doch waren wir auf etwaigen Überfall gerüstet. Als die Tommys vor
unserem Unterstand auftauchten und uns mit ihrem Bla-Bla aufforderten, aus dem
Stollen zu kommen, flüchteten wir auf der Flussseite der Lys des 2. Ausganges
und versuchten auf der Fähre zu entkommen. Die Fähre wurde von uns allen
angegangen, denn niemand wollte zurückbleiben, bzw. in englische Gefangenschaft
kommen. Eine Verteidigung war auch nicht möglich, da wir waffenmäßig und auch
stärkemäßig nicht in der Lage waren. Nachdem die Fähre überbesetzt
war, stürzte die in der Mitte des Flusses und die meisten konnten sich am Floß,
bzw. dem Drahtseil festhalten und das andere Ufer des Flusses, der etwa zehn
Meter breit war, erreichen. Ich selbst und ein weiterer Kamerad wurden jedoch
vom Strom fortgerissen. Für uns bestand die Gefahr des Ertrinkens, zumal wir
unsere Kleider, sowie unsere Gewehre umgehängt und mit den Patronentaschen umgürtet
waren und daher (drohten) in die Tiefe
gezogen zu werden. Nach etwas 100 m bei einer Linkskrümmung konnte ich in höchster
Not einen in den Fluss hereinragenden Strauch erhaschen und somit dem sicheren
Tod entgehen. Kaum hatte ich den Strauch gefasst, als ich unweit von mir den
erstickten Ruf „Hilfe“ hörte. Ich hatte Glück und konnte meinen Kameraden
gerade noch erfassen und zu mir herüberziehen. Danach halfen wir uns zum
Uferrand des Flusses hinauf. Wir waren sehr ruhig, denn wir wussten, dass der
Fluss zum von Engländern besetzten Gelände zufloss. Wir hockten im Schilf in
einem Granatloch und warteten die Nacht ab, da wir uns weder orientieren
konnten, noch sonst wussten, wo wir uns befanden. Meine Uhr hatte sich bei dem
Sturz ins Wasser selbstständig gemacht, wahrscheinlich liegt sie heute im
Ozean. Als es dämmerte erschraken wir erst recht, in etwa 50 m Entfernung
befanden sich die Engländer beim Aushub eines Laufgrabens. Ein Engländer kam
dann plötzlich auf uns zu; wir glabten uns schon entdeckt. Der Tommy hatte
jedoch nur ein Bedürfnis auszutreten. Er bot uns seine hintere Breitseite an,
wir hätten ihn auf etwa 10-15 m abknallen können, aber was dann. Die Tommys hätten
uns buchstäblich erschlagen. Es war uns zu billig. Als es hell wurde,
verschwanden auch die Tommys und als wir den Fluss entlang nach rechts blickten,
sahen wir die Zuckerfabrik liegen, in der auch mehrmals deutsches MG-Feuer zu hören
war. Es gab also noch einen Stützpunkt, in dem sich unsere Kameraden gegen die
Engländer wehrten. Den ganzen Tag verblieben wir in unserem Grundtrichter, es
fror uns ziemlich, doch die aufgehende Sonne trocknete unsere Uniformen. Abends
bei Dämmerung, nachdem wir die Rückkehr zur Zuckerfabrik gepeilt hatten,
arbeiteten wir uns im Schilf und in dem Drahtgewirr neben dem Flusse zur
Zuckerfabrik, wir hatten etwa 150-200 m vor uns, zurück , um zu unseren
Kameraden zu kommen. Als wir uns auf diese zubewegten, bekamen wir folgerichtig
Feuer aus dem MG. Wir konnten uns schließlich verständlich machen, indem wir
uns sprachlich wie „Pst, wir sind Deutsche“ gedämpft unsere Postition
bemerkbar machten. Als wir endlich sie erreichten, waren es drei Kameraden von
unserem Zug, davon war einer ziemlich verletzt. Mit vereintem Verständnis
machten wir uns nützlich, um gegebenenfalls den Kampf gegen die Tommys zu
bestehen, soferne sie uns angreifen sollten. Die Deckung konnten weder die Engländer
noch wir verlassen, da jeder Versuch beiderseits Tod bedeutete. Im Laufe des
Nachmittags ratterte und krachte es an allen Ecken und Enden. Hannoveraner,
sowie auch Kameraden von uns traten zum Gegenangriff an und vertrieben die Engländer
von der Zuckerfabrik. Damit wurden auch wir befreit, soweit unser MG die
Angreifer unterstützen konnte, trat dieses in Tätigkeit. Bei der Kompanie
waren wir bereits abgeschrieben. Die Zuckerfabrik blieb wieder in unserem
Besitz, doch trieben Pioniere vom Flussufer aus einen langen Stollen unter den Hügel
der Fabrik. Wie wir später erfuhren, waren in dem Stollen rund 36 Zentner
Dynamit eingelagert, der gegebenenfalls elektrisch in die Luft gejagt würde.
Nach Ablauf unserer Zeit wurden wir von einer anderen Kompanie abgelöst.
Hierbei wurde Vorsorge getroffen, dass bei erneuter Besetzung der Zuckerfabrik
durch die Engländer (alles) auf
Sicherheit lief, um der Besatzung den Rückzug auf die Stadt Warneton zu gewährleisten.
Es dauerte auch nicht lange und die Engländer besetzten mit massiven Kräften
wiederum den Hügel mit der Zuckerfabrik; unsere Kameraden zogen sich zurück.
In gleicher Nacht, als sich die Engländer festgesetzt hatten, flog der ganze Hügel
in die Luft. Der Hügel teilte sich in zwei Hälften, er wurde in einem tiefen
Graben und Hügel geteilt. Wahrscheinlich hatte der Engländer schwere Verluste
erlitten, denn in Zukunft wurde (er)
von ihnen und auch nicht mehr von uns besetzt. Von uns wäre dieser Hügel nie
zu halten gewesen, da die Lys dazwischen lag. Patrouillen unsererseits
erbrachten den Beweis, dass durch die Sprengung eine größere Anzahl Engländer
mit in die Luft flogen, bzw. verschüttet wurden.
25.4.-26.5.1917
Stellungskämpfe in R. Flandern;
27.5.-20.9.1917 Schlacht in Flandern.
Am
27.5.1917 brach in Flandern die große Schlacht um Flandern an. Von den Engländern
wurde Tag und Nacht die B.-Stellungen von Warneton bis hinauf auf Tourcoing
(flämisch Toerkonje)) mit
Artillerie pausenlos mit allen
Kalibern beschossen. Das Trommelfeuer dauerte in den ersten Tagen 48 Stunden
ununterbrochen und dann rannten die Engländer in Masseneinsätzen gegen unsere
Stellungen. Sie konnten im ersten Angriff wohl in die deutschen Stellungen
eindringen und durchstoßen, wurden aber immer wieder in Gegen-angriffen zurückgeworfen.
Ungeheuer war(en) der Einsatz der taktischen Waffen, sowie der Einsatz von
Menschenmassen. Auf beiden Seiten
gab es furchtbare Verluste an Toten und Verwundeten. Am 12.9.1917 lagen meine
Kompanie, bzw. unser Regiment im Raume Menin (flämisch
Menen). Unsere Kompanie lag in
Geluwe (flämisch Gheluwe); wir
feierten dort die Beförderung unseres Zugführers Wresch, der zum Leutnant befördert
wurde. Als Gruppenführer war Unteroffizier Geisler und als Kompanieführer
Leutnant Schäfer, der aus meiner Heimat Neuhaus bei Vilseck war. Sein Vater war
Forstverwalter daselbst. Nach dem Kriege war er Bankdirektor der Schmidt-Bank in
Furth im Wald.
Nachzutragen
wäre noch, dass wir gelegentlich einer Ruhe hinten bei Lille zum Baden nach
Lille marschierten. Ich musste austreten. Sergeant Braunesrieder führte die
Kompanie. Obwohl ich um Austreten bat, wurde dies von ihm verweigert. Da ich das
Wasser nicht länger halten konnte, trat ich aus Reih und Glied und schiffte.
Braunesrieder brüllte und meldete (mich)
nach Ankunft (Rückkunft in unser Quartier) beim Kompanie….. Küspert.
Vermutlich marschierten wir dann am nächsten Tag in die Stellung zur Ablösung
vor. Als wir wieder zurückkamen, wurde ich beim Appell für drei Tage Arrest
aufgerufen. Als ich fragte, warum und weshalb ich Arrest bekäme, wurde mir
Befehlsverweigerung anlässlich des Marsches nach Lille vorgeworfen. Ich rannte
darauf zur Unterkunftskar…. des Kompanieführers Fleischmann. Leutnant
Fleischmann hatte den Arrest gar nicht ausgesprochen; er wusste gar nichts
davon, als ich den Vorgang schilderte. Der Kompanieführer, der sonst alles dem
Spieß überließ, ließ diesen dann kommen und es gab eine sehr erregte
Auseinandersetzung zwischen Leutnant Fleischmann und Küspert, bzw.
Braunesrieder andererseits. Jedenfalls war von einer Bestrafung keine Rede mehr,
jedoch hatte ich bei den Letztgenannten keine Freunde gewonnen. Bei einer
Unternehmung, bei welcher wir mit größerem Stoßtrupp in den englischen Graben
eindrangen, es war bei Huluch soviel
ich mich entsinnen konnte, wurde Braunesrieder verletzt und blieb zwischen den
Drahtverhauen liegen. Ich war ziemlich der Letzte, der die englische Stellung
verließ und ich kam auch bei Braunesrieder vorbei, der um Hilfe bat. Mir kam
das Erlebnis „Marsch nach Lille“ in
den Sinn. Obwohl ich bereits an ihm vorbeigerannt war, sprang ich zurück und
half ihm in unsere Stellung zurück. Nach einiger Zeit kam er wieder zur
Kompanie. Von an an war (er) ein
Kamerad; einen besseren konnte man nicht finden.
Nach
einiger Zeit wurden wir näher zum eigentlichen Brandherd …. Wir kamen nach
Geluwe hinter Menin (flämisch Menen).
Es war ruhiger als an den Vortagen, doch kamen einige Granateinschläge ziemlich
…; sie schlugen in eine Baracke ein, doch war sie nicht belegt. Kurz nachdem (wir)
die Beförderung von Wresch feierten, tranken mein Gruppenführer Geisler und
ich den gesamten Feldkessel mit Bier gefüllt auf. Wir sangen und war(en)
sehr lustig. Hier kochten wir Klöße, kochten selbst Kaffee, kurzum hier hätten
wir den Krieg ausgehalten. Eines Tages stahlen uns Preußen unseren Kessel,
inhaltlich etwa von 20 l, und kochten diese ihren Kaffee. Da sie den Kessel, den
wir innen sehr sauber gemacht hatten, …., sprengten wir denselben in einem
unbewachten Augenblick mit Handgranaten in die Luft mitsamt dem Kaffee.
Selbstverständlich gab es hierüber Misshelligkeiten. Wir bekamen eines Abends
einmal Drahtverhau (getrocknete Rübenschnitzel). Ich kam zu diesem Essen erst
später hinzu. Da es bereits dunkel war, zündete ich erst eine Kerze an und als
ich (zu) essen anfangen wollte,
bemerkte ich, dass sich unter dem sogenannten Drahtverhau Maden mit langen Schwänzen
eingenistet hatten. Es war also (un)fraglich
„viel Fleisch“ darin. Ich machte meine Kameraden darauf aufmerksam, die
meisten hatten bereits davon reichlich genossen. Wohl bekomms! Ich selbst ging
zum Kompanieführer und beschwerte mich. Es gab darauf ziemlich Ärger in der Küche,
doch wurde uns danach eine gute Mahlzeit – Büchsfleisch – verabreicht. Nach
etwa acht Tagen wurde unsere Truppe nach Menin zurückgenommen. Es war abends
und in der Nacht ging ein Trommelfeuer nieder, das man nicht schildern kann. Wir
wurden alarmiert und marschierten über Geluwe (flämisch Gheluwe) vor in Richtung der Front, da die Engländer
eingebrochen war(en). Die Kompanie
ging in Zugsreihe gestaffelt und später, als die Granaten in kürzester Nähe
vor und neben uns krepierten, hintereiander in Reihe gruppenweise vor. Schlamm
und Dreck mit Wasserlachen in den Granatlöchern war der Weg über einen
ansteigenden Hügel. Zeitweise pfiffen auch MG-Kugeln um uns. Mitten am Berghang
befand sich ein Unterstand aus übereinander geschlichteten Holzstämmen mit
Wasser und Humusboden beschichtet. Hier fand unsere Gruppe Geisler etwas
Unterschlupf zum Ausruhen, da durch den knietiefen Morast die Kräfte erlahmten.
Wir hielten uns kaum zehn Minuten auf; ich hatte eine unerklärliche Unruhe und
drängte auf Verlassen des Unterstandes. Da ich hier nicht weiter bleiben
wollte, beschloss Unteroffizier Geisler den Aufbruch zur Höhe –
Kaiser-Wilhelm-Höhe genannt.
Kaum
hatten wir uns etwa zehn Meter von dem Unterstand entfernt, als eine schwere
Granate auf dem Unterstand einschlug und denselben restlos zerfetzte. Geisler
gab mir die Hand und sagte, „Sepp, hast du einen Schutzengel?“.
Schließlich hatten wir die Höhe erreicht und alles richtete sich zum
Abwehrkampf durch die vordringenden Engländer. Es wurde nachts, das Feuer der
Geschütze und das Knattern der Gewehre und der MG riss(en)
nicht ab. Gegen 24 Uhr wurde ich durch eine einschlagende Granate oberhalb des
rechten Knies verwundet. Der im gleichen Granatloch knieende Kamerad wurde am
linken Fuß verletzt. Kurz danach griff der Engländer wieder an, vermutlich
wollte er nachts erreichen, was er tags nicht vermochte. Jeder, und auch ich,
griff nochmals zum Gewehr. Tommy wurde zurückgeschlagen. Danach – es könnte
ein Uhr gewesen sein – sprang Leutnant Schäffer in der Kampflinie und
forderte die Verwunderten auf, sich zur Meniner Straße zum Verbandsplatz zurückzugehen.
Mit Ruf, der in Rana bei Auerbach zu Hause war, krochen wir im Morast zurück.
Meine Wunde in der der Splitter steckte, hatte ich oberhalb mit dem Fliegertuch
(?) etwas unterbunden. Ruf hatte einen
Infanterie-Herzbeutelschuss. Das Geschoss blieb im Herzen stecken, doch wurde es
nicht durchbohrt, so die ärztliche Diagnose. Wir beide ….. mindestens vier
Stunden lang, bis wir zur Straße nach Menin gelangten. Hier wurde Ruf
bewusstlos, aber auch ich konnte kaum mehr weiter. Wir hockten uns im Straßengraben
hinter einen Steinhaufen. Nach einiger Zeit, die Artillerieeinschläge hörten
nie auf, einmal krepierten die Granaten vor, hinter und rechts vor uns, kam von
rechts (ein) Artillerie-Munitionswagen
angeritten, ich winkte, einer der Wagen hielt an, wir wurden auf die Sitze
gehoben du dann ging es in Richtung des Hauptverbandsplatzes, der etwa vier
Kilometer vor Menin an einem Abhang eingerichtet war. Dort wurden wir von den
Artilleristen abgesetzt. Eine sehr große Menge Verwundeter, darunter auch Tote,
Schwer- und Leichtverletzt, lagen hier herum. Die Ärzte waren zu wenig um alle
zu versorgen. Ich wurde lediglich kurz verbunden, doch hatte ich inzwischen sehr
viel Blut verloren und hatte überdies noch den ziemlich großen Granatsplitter
in der Wunde stecken. Nachdem die leichter Verwundeten ärztlich nicht versorgt
werden konnten, zudem Rote-Kreuz-Wagen eintrafen, wurde ich mit anderen nach
Menin genommen. Eingangs davon wartete hier nun der Spieß Küspert mit (einigen)
der Kanzleigehilfen. Ich wurde vom Wagen gehoben, zum Kompaniestandort getragen
und dort erhielt ich erstmals seit zwei Tagen warme Suppe. Anschließend
verbrachten mich die Kanzleischreiber in die Kirche zu Menin, woselbst ebenfalls
Ärzte und Sanitäter, soweit es ging, operierten. In dieer Kirche lag Mann an
Mann auf Strohlagern und hier traf ich auch Wolf Schwindel aus Auerbach, der
seinerzeit mit mir ins Feld kam. Wolf hatte sich lediglich den Fuß verknackst,
konnte also humpeln. Nach einiger Zeit holten sie mich auf einer Tragbahre ab,
doch wurde ich lediglich verbunden, der Granatsplitter blieb nach wie vor im
rechten Oberschenkel. Abends wurden dann die meisten Verwundeten, soweit sie
rote Anhänger bekommen hatten, von der Kirche abgeholt und auf dem Kanal
in einen Frachter verladen und nach Kortrijk (französisch
Courtrai) gebracht. Englische Bomber bombardierten
in dieser Nacht auch die Kanalanlagen, wodurch unser Frachter ganz schön ins
Schaukeln gebracht wurde. Getroffen wurde das Schiff nicht, wahrscheinlich waren
die Bomben für den Nachschub auf dem Kanal bestimmt. In Kortrijk wurden wir
dann auf einem Sanitätseisenbahnzug in Richtung Heimat umgeladen. Von da aus
fehlt mir die Erinnerung, ich muss das Bewusstsein verloren haben. Erst am
Bahnhof Schwerte/Ruhr wachte ich (für)
kurze Zeit (auf), wann ich dort ankam
weiß ich nicht. Eintrag im Wehrpass nicht vorhanden. In Erinnerung ist mir,
dass sich eine Ordensschwester am Bahnhof über mich neigte und bestimmte,
dieser Junge kommt zu mir. Danach verlor ich wieder das Bewusstsein. Eines
Tages, es war nachts gegen ein Uhr wachte ich auf, ich sah zunächst einen weißen
Punkt, der sich allmählich vergrößerte und sich als Zimmerdecke erwies. Bei
einer Kopfwendung rechts sah ich eine Ordensschwester mit Rosenkranz an meinem
Bette sitzend. Ich richtete an sie die Frage „wo bin ich“. Darauf wachte
auch die Ordensschwester auf und
sagte „Gott sei Dank“. Angeblich sei ich sieben Tage bewusstlos gewesen.
Bald darauf kam der Arzt, herbeigerufen von der Schwester. Dieser fühlte mir
den Puls und fragte mich, wie es mir gehe. Ich war durch großen Blutverlust
sehr geschwächt und soviel ich mich erinnern kann, erwiderte ich
„schlecht“. Danach schlief ich ein und erst früh erwachte ich wirklich. Ich
bekam eine äußerst gute Mahlzeit mit Ei. Am nächsten Tage wurde mir endlich
der Splitter im OP-Saal herausgenomen. Irgendwelche Betäubungsmittel erhielt
ich nicht, da der Blutverlust oder vielleicht auch das Herz eine solche
Einspritzung oder Chloroform nicht ermöglichte. Ich knirschte lediglich mit den Zähnen als der ziemlich große
Splitter erntfernt wurde. Über die Schmerzen will ich schweigen. Als der
Splitter entfernt war, fragte mich der Arzt, woher ich sei. Ich erwiderte, ich
sei Bayer. Ironisch erwähnte der Arzt, ein Anderer hätte es nicht ausgehalten.
Diese Redewendung ist mir so klar erinnerlich, als hätte sich dies heute erst
zugetragen. Als sie mich verbanden, schwanden mir die Sinne.
Erst am anderen Tage mittags kam ich wieder zu mir. Hier bemerkte ich
auch, dass noch weitere drei Soldaten in meinem Zimmer lagen, rechts neben dem
Fenster ein gewisser Klein (Preuße) der einen sogenannten Schwamm im Knie zur
Behandlung auskurierte, die beiden anderen waren ebenfalls Verletzte, doch waren
diese schon einige Zeit hier. Nach einiger Zeit erholte ich mich so langsam, ich
erhielt 1. Kost und schließlich konnte ich auch wieder Bier trinken, es gab
bayerisches Vollbier und nach und nach trank ich alle Tage drei Flaschen. Dies
musste allerdings bezahlt werden. Endlich konnte ich auch aufstehen, ich bekam
auch Krücken zur Fortbewegung. Schlimm für mich war, dass ich anfangs nicht
zum Klo gehen konnte. Ich schämte mich unsagbar, wenn mir der Topf
untergeschoben oder ich um das Uringlas bitten musste. Ich probierte nun doch
einmal mit den Krücken in die Abortanlage zu kommen. Es glückte mir auch, doch
schob ich dummerweise auch den Riegel von innen vor. Mit des Geschickes Mächten
war eben kein fester Bund zu flechten. Die Anstrengung war eben zu groß und ich
blieb im Klo bewusstlos liegen. Nachdem mein Abgang bemerkt wurde, holten sie
nach Übersteigen der Abortbegrenzungen mich heraus und auf dieses hin, durfte
ich nur noch die Schüssel benutzen. Als ich ca. zehn Tage in dem Marienhospital
lag, erschien auf einmal Leutnant Schäfer, der einen Kopfverband trug, vor
meinem Bett. Er und ich waren anscheinend die Bayern allein, obwohl im Hospital
rund 400 Verwundete lagen. Auf Befragen wie es mir ginge, meinte ich, es ginge
nicht besonders. Als er wieder gehen wollte, gab ich ihm ein Zeichen, dass ich
etwas zu rauchen bräuchte. Obwohl mir Rauchverbot auferlegt war, steckte
Leutnant Schäfer mir ca. 20 Stück Zigaretten unter meine Zudecke, ebenfalls
noch Zündhölzer. Vom Rauchverbot wusste Leutnant Schäfer, mein letzter
Kompanieführer ja nichts. In dieser Nacht, als es ganz ruhig war, rauchte ich
eine Zigarette nach der anderen. Die Folge war, dass ich das Bewusstsein verlor.
Ich glaubte eben in den beiden … Fällen, es gehe schon wieder, aber da ich
ziemlich ausgeblutet war, hielt das Herz .. nicht mit. Ich verriet Leutnant Schäfer
nicht, der mir die Zigaretten zugesteckt hatte, doch bin ich sicher, dass von
der Schwester und dem Arzt, der doch über meinen Zustand unterrichtet worden
war, den Zusammenhang …. .Vielleicht dürfte auch mein Bettnachbar Klein mich
verraten haben. Die Zigarettenstummel wurden ja unter meinem Bett gefunden.
Bemerken möchte ich, dass vom Lazarett, bzw. Hospital meine Eltern dahin verständigt
wurden, dass ich scher verletzt und an meinem Aufkommen gezweifelt wurde. Als
ich die Schwester bat meine Eltern zu verständigen, dass ich hier läge, gab
mir diese zu verstehen, dass diese bereits verständigt seien. Da ich weiter
bohrte, was geschrieben worden wäre, wurde ich schließlich doch unterrichtet,
was für eine Mitteilung an meine Eltern abgegangen sei. Ich wurde es nie
erfahren haben, infolge meiner Aufregung wurde meinem Wunsche entsprochen, zumal
sie fürchteten, ich könnte zusammenklappen. Meine Adresse war auf Grund des
Truppenausweises ja bekannt. Die Schwester musste nun sofort eine Postkarte an
meine Eltern und Geschwister nachjagen. Ich diktierte sie selbst und signierte
diese mit meiner Unterschrift. Erst dann, als mir versprochen wurde, die Karte
sofort zur Post zu bringen, legte sich begreiflicherweise meine Aufregung. Wenn
auch lagnsam doch stetig kam ich über den Berg, reichlich erhielt ich gute
Nahrung und als ich etwas konnte, trank ich täglich zuerst eine und dann oft
drei Flaschen bayerisches Münchener Bier. Alles war jedoch mit dem Arzt, der
sehr tüchtig war, abgestimmt und ich befolgte, nachdem ich, wie oben erwähnt,
zweimal zusammengeklappt war, alle Anwendungen. Nach geraumer Zeit konnte ich
doch das Bett verlassen und (auch) mit
den Krücken stand ich auf Du und Du. Mit der Unterhaltung war es sonst wohl
knorke, doch das Kartenspiel „Schafkopf“ konnten sie nicht. Junge, Junge,
sagten sie, du musst Skat lernen oder Doppelkopf. Diese Spiele waren für mich böhmische
Dörfer und so lernte ich Skat spielen. Sie nahmen mich hierbei auf die Schippe,
d. h. sie spielen um ganze Pfenninge und nahmen mich dabei gehörig aus.
Jedesmal musste ich ca. zehn Mark blechen. Nach drei Tagen begriff ich das Spiel
und konnte es auch berechnen. Nun drehte sich das Ganze und nach einigen Tagen
hatte ich nicht nur mein Geld zurückgewonnen, sondern ich hatte sie gehörig
ausgeplündert. In der Zukunft wanderte ich in allen Zimmern herum und packte
mein Glück, soweit man es unter Glück einzureihen vermag, beim Schopf. Es war
selten, dass ich verspielte. Ich wagte die gefährlichen Passagen und gewann.
Als ich Schwerte verließ, hatte ich 125 Mark in der Tasche. Auch im 1. Stock
des Hospitals fasste ich Fuß und schließlich wollten sie nicht mehr spielen.
Mit den Krücken kam ich auch ins ebene Erdgeschoss, in welchem meist verwundete
Offiziere ihr Domizil hatten und auch in die Küche, wo das Essen zubereitet
wurde. Auf Befragen, was ich wolle, gab ich, frech wie Oskar, an, ich wolle ein
„Gagerl“. Die Ordensschwestern sowie die zivilbediensteten Frauen hatten an
mir und besonders an dem bayerischen Dialekt den größten Spaß. Das Gagerl
vermochten sie nicht zu begreifen, und als ich ihnen eklärte, es wäre ein
gekochtes Hühnerei, brachen sie in schallendes Gelächter aus, in welches ich
selbstverständlich lauthals mit einstimmte. Ich bekam auch mein „Gagerl“
musste aber zuvor noch Kaffee mahlen. Danach verabschiedete ich mich auf
Wiedersehen. Von da aus war ich nur noch das Spektrum (Subjekt?) „Bayerl“.Die Zeit eilte weiter. Einmal wollte ich auch
die Stadt ansehen und ich stelzte mit den Krücken durch die mir unbekannten
Straßen, besuchte hierbei eine Fleischerei, um Wurst zu kaufen. Ich erhielt
solche. Als ich bezahlen wollte, sagte man, es sei schon bezahlt. Ich weiß
nicht, war es meine Jungend von 19 Jahren oder mein noch sehr bleiches, mageres
Gesicht, dass die Frauen so nett waren, ich bedankte mich und ging dann anschließend
in eine Gastwirtschaft, kaufte mir Bier, unterhielt mich mit den älteren Männern
über alles Mögliche. Jedenfalls wude auch hier meine Zeche bezahlt, ohne dass
ich davon wusste. Ich fragte mich wieder nach Hause durch und ich muss erwähnen,
dass die Leute hier sehr freundlich und nett waren. Eines Tages ging ich
nachmittags wieder in die Stadt hinaus und ich sah, dass schon viele meist ältere
Semester, sowie auch Mädels mit Soldaten und auch jüngere an einem Zahnrad
(wohl Zahnradbahn) standen, um über
den nahegelegenen Berg – Feldhügel – hinaufzufahren. Ich stellte mich auch
an, doch konnte ich ohne Hilfe den Waggon nicht besteigen. Bei der nächsten
Fahrt halfen mir Leute hinauf und ich stelzte mit meine Krücken an irgendeinen
Tisch, an welchem schließlich auch ein Ehepaar mit Tochter Platz nahm. Ich ließ
mir ein Bier von dem Kellner aus dem dort befindlichen Hotel bringen. Es war nämlich
dort ein schönes Hotel, davor war ein parkähnlicher Platz mit Tischen und Stühlen
und alles war mit Ausflüglern besetzt. Es war aber auch ein schöner Tag. Mit
dem letzten Zug, der abends gegen 18 Uhr vom Hügel zur Stadt fuhr, wollte ich
wieder zurückfahren. Die an meinem Tische sitzenden Eheleute aus besserem
Stande, verwickelten mich (in ein)
Gespräch und besonders die etwa 14-jährige Tochter wollte von mir über
Kriegsgeschehnisse erfahren. Ich erzählte nicht schreckliche Sachen, doch gegenüber
dem Herrn und seiner Frau schilderte ich den wahren Sachverhalt. Der Kellner
brachte mir auch ein Essen, zugleich auch (für) die bei mir befindliche Familie. Nachdem ich hierüber sehr
erstaunt war, ermunnterte mich der Herr, nur zuzulangen, es wäre gut gemeint. (So)
langte ich zu und aß dieWurst und ich bedankte mich besonders höflich dafür.
Als ich dann aufbrechen wollte, gab er mir zu verstehen, er nehme mich im Taxi
mit, ich bräuchte keine Angst haben, es würde mir kein Nachteil von Seiten des
Lazaretts erwachsen. Es wurde ziemlich spät, bis endlich das Taxi kam, doch
beschwichtigte mich die Familie und sie brachte mich direkt zum Marienhospital.
Hier sprach er mit dem Feldwebel am Portal und ich konnte ohne weitere
Beanstandung mein Zimmer erreichen. Meine Kameraden waren schon besorgt,
da sie Bestrafung fürchteten, nachdem ich doch keinen Ausweis für Verlängerung
hatte. Am anderen Tage früh kam der Feldwebel an mein Bett, fragte mich, ob ich
den Herrn kenne. Ich verneinte das. Darauf erklärte er, ich hätte Glück
gehabt, dies sei ein höherer Beamter bei der Regierung gewesen, dem auch die
Lazarette unterstünden.
Als
ich schließlich wieder ohne Krücken laufen konnte, war ich ein paar Mal ein
Amorbote für Leutnant Schäfer, dem Filou. Die Dame, der ich die Briefe überbringen
(sollte) und Retourbillets erhielt,
war zierlich und sehr schön und bewohnte mit ihrer Mutter ein feudales Engagement
(wohl Appartement). Für die
Liebesbotendienste erhielt ich von dieser Frau meist eine leckere Mahlzeit. Ich
glaube aber nicht, dass es mehr als ein Flirt war. Nach dem Kriege war Schäfer
bei der Schmidt-Bank in Furth im
Wald oder Cham Bankvorstand. Am Ende meines Aufenthaltes war ich in einer
Munitions-Kistenfabrik beschäftigt. Ich war beliebt und wollte mich der
Unternehmer uk stellen wollen. Ich
wollte aber nicht bleiben und so kam es, dass ich vom 14.11.1917 zur
Genesungskompagnie A I E/14 Regiment
nach Nürnberg versetzt wurde.
In
Schwerte war es schön, hier waren nette Leute.Ich kam auch nach Hagen, holte
mit der Ordensschwester auf einem mit Esel bespannten Wagen Lebensmittel. Als
Bayer war ich sozusagen Hahn im Korb
und (mit) einer jungen Helferin im Lazarett hatte ich immerzu meine Scherze. Sie
hieß Maria, war Dienstmädchen bei einer Offiziersfamilie und half im Lazarett.
Wenn sie ins Zimmer kam, sang ich das Lied „Maria zu lieben“ mit anderen
Abweichungen; ich war so ein richtiger Lausbub mit 19 Jahren.
Als
ich dann zur Genesungskompagnie nach Nürnberg kam, hatten wir in den ersten
Tagen nur zum Appell zu erscheinen; ich war ja nicht ausgeheilt und trug auf
offener Wunde noch den Verband. Doch bald änderte sich dies und wir wurden zum
Innendienst herangezogen und schließlich zu einem Kurs zur Kampfausbildung;
einen solchen hatte ich aber bereits in Lille durchgestanden. Eines Tages ließ
ich dann aus Unmut eine Übungshandgranate platzen. Ich zog sie ab und steckte
sie unter einen Strohsack. Durch die Detonation brachte (ich) dann unseren Spieß in Rage, doch wurde ich deswegen nicht
weitergemeldet. Dafür erhielt ich eine Belohnung und wurde extra sehr schnell
und zwar am 4.1.1918 zur 2. Ersatz-Kompanie versetzt. Urlaub hatte ich gleich
nach meiner Ankunft in Nürnberg erhalten. Als ich in Vilseck vom Zug ausstieg,
hatte ich noch 10,7 km nach Hause. Ich ging zu Fuß und etwa einen Kilometer von
Vilseck nach Haag traf ich meinen Vetter Georg Anamater (Hausname – wahrscheinlich Engelhard), der mit dem Ochsenfuhrwerk
nach Hause fuhr. Ich setzte mich auf das Fuhrwerk und bei dem Gespräch erkannte
er mich erst, als ich meinen Namen nannte. Ich war von dem Blutverlust äußerst
bleich und mager. Am Eingang zum Pfarrdorf Haag, unmittelbar (an)
unser(er) Straßenwiese stieg ich ab, da meine Mutter auf derselben den im
Herbst zuvor aufgefahrenen Dünger zerrechnete. Als ich näher kam, sah sie wohl
einen Moment auf, arbeitete aber wieder weiter, weil sie von mir keine Ahnung
hatte und mich auch infolge meines abgefallenen Körpers nicht zu erkennen
vermochte. Nachdem ich ihr zurief „Mutter erkennst du mich denn nicht“,
weinte sie vor Rührung, und nach herzlicher Umarmung ging sie mit mir nach
Hause. Hier erholte ich mich, alle Früh bekam ich von den Kühen her noch warme
Milch und auch sonst steckte sie mir zu, damit ich wieder zu Kräften käme.
Nachdem der Urlaub zu Ende war, fuhr ich nach Nürnberg zu meiner Kompanie zurück.
Es war bereits eine Abstellung ins Feld erwogen, doch eine Bartflechte verschob
dies; am 19.1.1918 (?)war es aber soweit und ich wurde zum 13. Bayerischen
Infanterie Regiment im Feld in Marsch gesetzt. Zuvor verlangte ich aber noch
einige Tage Urlaub. Hauptmann Durst der 2. Ersatz Kompanie wollte zuerst nicht,
doch als ich mich nicht abweisen ließ und wieder zur gleichen Stunde vorsprach,
bewilligte er schließlich doch einige Tage. Ich musste aber versprechen, dass
ich bei Telegramm sofort kommen müsse. Am 18.1. (?) kam abends tatsächlich ein
Telegramm. Ich war bereits in die Wirtschaft gegangen und spielte Karten, als
mein Vater ankam und mich bat heimzukommen. Da ich zu dieser Zeit nicht
fortkommen konnte, ließ ich erstmals ein Glas Bier meinem Vater vorsetzen und
gegen 23 Uhr gingen wir beide nach Hause.
Eine
interessante Begebenheit: Anlässlich (meines
Aufenthalts) bei der Genesungskompanie wurde ich zum Gerichtsoffizier
vorgeladen. Dort wurde ich beschuldigt, während meines Aufenthalts im
Marienhospital Schwerte an der Ruhr ein Silberbesteck entwendet zu haben. Ich
war baff und konnte dies mit ruhigem Gewissen verneinen. Ich konnte jedoch
angeben, dass ein weiterer Schmidt im Lazarett gewesen sei. Nach 14 Tagen wurde
ich wieder vorgeladen und mir mitgeteilt, dass nun die Sache erledigt sei, der
Andere hatte den Diebstahl zugestanden. Meinem Spieß teilte ich dann den
Ausgang der Sache mit. Natürlich war ich über die Angelegenheit ziemlich wütend,
der Gerichstsoffizier beruhigte mich wohl, aber das war schon alles. Etwas Ähnliches
hatte ich auch noch später, doch darüber zur gegebenen Zeit.
Als
nun am 18.1.1918 das Telegramm eingetroffen war, konnte ich an diesem Abend
nicht mehr wegfahren. Es ging weder die Post von Haag nach Vilseck und von da
aus konnte ich mit der Eisenbahn erst am nächsten Tage vormittags gegen 9 Uhr
nach Nürnberg abfahren.
Ich
kam auch noch rechtzeitig. Als ich in die Kaserne kam, stellten sie gerade den
Abtransport zusammen. Ich brauchte nur noch meinen gepackten Tornister, sowie
Gewehr und sonstige Ausrüstung in die Hand nehmen, das sonstige Mitbringsel von
zu Hause auf den Tornister packen und um 14 Uhr ging es bereits zum
Verladebahnhof und abends oder vielmehr am späten Nachmittag ging, bzw. fuhr
unser Transportzug über Würzburg am Rhein entlang über die Grenze nach
Frankreich. Ich wurde mit anderen der I. Kompanie des Bayerischen
Infanterie-Regiments zugeteilt. Als Kompanieführer hatte ich Feldwebel Strobel,
der mich nach einiger Zeit als seinen Diener beanspruchte.
Nachdem
erst einmal die Truppe in einer großen Felddienstübung zusammengeschweisst
wurde, ging es zunächst nach Verdun in Stellung. Ich kam zuerst in die
Schwaben- , dann (in) der sogenannten Kanonenschlucht in Stellung, vor der Höhe 344.
(dies war später)
Bereits
am 1.3.1918 wurden wir bei Artois in Stellungskämpfe verwickelt. Am 21.3.
begann dann unter Aufwand von fortdauerndem Trommelfeuer von englischer und
französischer Seite die große Schlacht. Durchbruchsschlacht Malmédy und
Cambrai, die sich über Bapaume bis 25.3.1918 fortsetzte. Am 26.3.1918 kam dann
das große Gefecht bei Bazelles und Bogny-sur-Meuse. Endlich kamen wir dann
einige Tage in Ruhe. Am 1.4. bis 28.5. befanden wir uns dauernd in Bewegung und
in Stellung (und) kämpften in
Flandern selbst. Thonhunt (wohl Torhout oder Torhand) ist mir noch in Erinnerung, da (sich)
daselbst unsere Kompaniekanzlei befand. Im Ijserbogen (deutsch Yser) gab es
ebenfalls verlustreiche Kämpfe auf beiden Seiten. Dazwischen war auch eine
Ruhezeit. Am 17.4. erhielt ich das EK II. Klasse, gleichzeitig wurde ich auch
zum Gefreiten überz. (?) befördert. In
diesen Kämpfen ist bezeichnenderweise die Durchbruchschlacht in Richtung Amiens
zu erwähnen. Von unserer Kompanie unter Leutnant Himmer nahmen wir im ersten
Ansturm die Croisilleshöhe nachdem
wir bei Sandema (wohl Saint-Mein) das Ergänzungslager der Tommys überrannt hatten.
Diese Höhe kostete uns 65 Mann darunter 9 Tote. Wir kamen in das
MG-Flankenfeuer der Engländer, daher auch die großen Verluste. Mein Gruppenführer,
er hieß soviel ich mich erinnere Bäumler fiel durch einen Kopfschuss hinter
dem MG. Ich führte die Gurt zu. Überdies
waren wir wie auf einem Teller auf der Anhöhe. Man konnte sie auch nicht
verlassen. Als ich merkte, dass Bäumler gefallen war, rollte ich mich zur
Seite, rief einen Kameraden heran zum Gurtführer
(?) und ich schoss, trotz heftigen
Kugeleinschlägen auf die nächste Anhöhe, in der sich die Engländer
festgesetzt hatten. Erst nach Anbruch der Dunkelheit trat Ruhe an der gesamten
Front ein. Als ich seinerzeit zur 1. Kompanie stieß, kam mit mir auch Sergeant
Braun von Nürnberg aus ins Feld. Er hatte vom Kriegsgeschehen überhaupt noch
nichts gesehen. Er ging mit mir vor zur Stellung der 1. Linie. Als er über den
Grabenrand hinuntersteigen wollte, fiel ein einzelner Schuss. Es schoss der Bech (evtl. Pech?) sagten
wir sonst. Braun hatte seinen Bauchschuss weg. Er wurde schnell verbunden und
dann trugen ihn die Sanitäter zurück zum Verbandsplatz. Er hatte also schon
gleich Pech, ob er mit dem Leben davon kam? Ich habe nichts mehr von ihm gehört.
Eigentümlicherweise wude ich seinerzeit und gleich bald nach unserer Ankunft
bei der Kompanie zum Kompanieführer, Namen weiß ich nicht mehr, „war es Neff“
geladen und nun schlug’s 13. Ich (sicher
mir) wurde als Vater gratuliert. Mir war diese Angelegenheit äußerst
pomadig, zumal das Schreiben auch bei meinen Eltern eröffnet worden war. Den
Brief, den ich von Hause erhielt, brauchte ich nicht hinter den Spiegel zu
stecken. Das Schönste war, dass ich das Mädchen, welches ziemlich älter war,
gar nicht kannte. Der eigentliche Vater des Kindes kam später auch bei einem
anderen Truppenteil zum Vorschein. Mir wurde dies dann auch nach längerer Zeit
eröffnet. Über diesen Brief von Hause war ich aber so empört, dass ich fast
vier Wochen nicht nach Hause geschrieben habe. In meinem Alter hatte man großen
Spund vor Mädchen, überdies war die besagte Kindesmutter eine Kellnerin. Ihr
Liebhaber war seinerzeit ebenfalls wie ich in der gleichen Ersatzkompanie zu Nürnberg.
Er soll erst einige Tage später ins Feld gekommen sein, so wurde mir dies
wenigstens gesagt. Eine fatale Angelegenheit, die umso mehr interessant war als
es sich um den gleichen Geburtstag und Ort, letzterer jedoch (in)
Niederbayern handelte.
Nach
Croisilles stürmten wir auch den im Tal
befindlichen Friedhof und beschossen die weiter entfernt liegende Höhe, die mit
Flammenwerfern gesäubert wurde. Auch ein Bunker, der ziemlich Besatzung hatte,
musste sich ergeben. D(as) bewirkten
bereits Handgranaten durch die Schießscharten, aus welchem sogar ein feuerndes
MG herausgeholt wurde. Bei einem Vormarsch von Croisilles durch die Mulde als
Meldegänger, wurde ich von einem englischen Flieger beschossen. Da neben mir
die Geschosse einschlugen, schoss ich mit meinem Gewehr das ganze Magazin leer.
Vermutlich kamen dem Flugzeug auch meine Geschosse ziemlich nahe, es schwenkte
plötzlich ab in Richtung der Front (ab).
Bei dem Rückzug der Engländer, es waren Schotten, kamen sie in unser
geziehltes MG- und Gewehrfeuer, als sie aus einer Mulde über den zweiten Höhenkamm
zu fliehen versuchten. Unzählige Tote und Verwundete – es sollen etwa 400
gewesen sein, blieben in und am Ausgang der Mulde in unserem geziehlten Feuer
liegen. In das Ersatzlager Sandmont (wahrscheinlich
Ècouste-Saint-Mein) kamen wir unverhofft zu früh für die Tommys. Sie wurden
buchstäblich überrascht. Als ich ein(en)
Bunker betrat, saßen Engländer noch gemütlich beim Essen. Ich jagte sie mit
vorgehaltener Pistole heraus; sie kamen so in Gefangenschaft. Ein Engländer,
den ich im Gelände traf, nahm sein Gewehr auf und drang auf mich ein. Doch (ich) war flinker, schlug ihm das Gewehr auf die Seite, als er auf
mich einstechen wollte. Darauf ließ er das Gewehr fallen, ich hatte ihn an der
Seite etwas erwischt und er bat mit den Worten „Pardon, Kamerad, fünf
Kinder“ dabei streckte er die Hand hoch. Wütend hierüber, dass er wieder zum
Gewehr griff, gab ich ihm eine schallende Ohrfeige und verwies ihn nach hinten.
Er hatte Glück, ein anderer hätte ihn bestimmt erschossen. Zehn Tage nach dem
Einbruch in die englischen Stellungen, die besonders von österreichischen Mörserhaubitzen
stark unterstützt wurde, kam unsere Ablösung. Unser Regiment war am rechten Flügel
nach vorherigem Durchbruch anderer Truppenteile eingesetzt. Wir lösten die
Truppe bei Croisilles ab. Beim Vormarsch hinter diese lag ein Deutscher auf dem
Rücken unweit der österreichischen Artillerie. Ich glaubte, dass er schlafe,
da er sein Gesicht mit der Mütze verdeckt hatte, doch als ich diese wegzog, sah
ich, dass er tot war. (Im) ersten englischen Graben, den wir überschritten, waren Engländer
noch stehend in diesem, doch waren diese bis in Brusthöhe verschüttet und tot.
Nach der Erstürmung der Croisilleshöhe hatte ich die Kolonne von Essensträgern
bis zur Ortschaft Croisilles, bis
dahin waren die Feldküchen nachgekommen, zu führen und nach vorne wieder zu
bringen. Jeder Mann hatte 4-6 Kochkessel sowie zwei Feldflaschen mit Essen und
Tee zu tragen; ich selbst trug mit anderen Wurst und Brot. Als wir fast zur Anhöhe
kamen, tauchte plötzlich mit seinem Adjudanten der Regimentskommandeur, Major
Mark auf. Ich machte Meldung, er aber fragte mich, ob er eventuell auch etwas
haben könnte. Wir hatten reichlich, es waren ja bei der Erstürmung 65 Mann
ausgefallen und das Essen wurde auch für diese ausgegeben. Major Mark, der uns
ein sehr guter Vater war, konnte für sich und seinen Adjudanten nehmen, was er
brauchte. Sie nahmen nur einige Stücke Wurst und etwas Brot. Von Seiten der
Kompanie waren Posten bereits ausgestellt um keine Überraschungen zu erleben.
Nachdem die Kochgeschirre mit Essen, Wurst, Brot und Tee verteilt waren, konnte
schließlich auch ich mit meinen Kameraden das Essen – es gab Büchsenstampf
– einnehmen. Ich hatte mich mit drei weiteren Kameraden in einem Granatloch
eingenistet, dort (etwas) wie eine
Sitzbank ausgeschaufelt. Als wir zum Essen anfingen, schlug hinter uns eine
englische Granate ein, sie drang durch das aufgeworfene Erdreich und stieß mit
dem Zünder durch an meinen Rücken und blieb dann stehen. Wäre sie detoniert,
was dann. Meine Kameraden sprangen auf und rannten zu einem anderen
Granattrichter. Unser Essen war futsch, denn unsere Kochgeschirre waren mit Erde
überschüttet worden. Ich selbst nahm die Granate hinter mir aus dem
aufgelockerten Erdreich und warf sie zum Abhang hinunter. Sie krepierte auch da
nicht. Ich hatte eben Glück. In den Granattrichter, (in) den meine beiden Kameraden geflüchtet waren, dort waren schon
drei, schlug ein Volltreffer und alle waren tot. Nach zehn Tagen wurden wir
abgelöst; wir kamen nach Croisilles zurück. Von unserer Kompanie waren nur
noch 21 Mann übriggeblieben, von meiner Gruppe war ich der Einzige, unser
Kompanieführer war dem Weinen nahe, von 140 nun der Rest. In Croisilles wurde
nun die Post verteilt und auch die Pakete von den(en),
die nicht mehr da waren. Von einem Kameraden, der auf der Croisilles(höhe)
fiel, nahm ich dessen Uhr, seine Tabakspfeife mit Beutel an mich und ich sandte
die Uhr an die Adresse (von seinem) Mädchen
in Württemberg. Nicht lange kam von dieser ein Päckchen mit Schweizer Stumpen
und Sonstiges an mich. Mit ihrem Schreiben kam ich in Verlegenheit, sie suchte
ihre Freundschaft auf mich auszudehen. Da sie wieder schrieb und ein Paket
sandte, übergab ich deren Adresse einem Kameraden, dem es nichts ausmachte von
dem unbekannten Mädchen Geschenke anzunehmen.
Hierbei
waren auch Stellungskämpfe im Ypernbogen und Stellungskämpfe an der Maas mit
einbezogen. Nachdem unsere Kompanie bzw. das 1. Bataillon durch die andauernden
schweren Verluste stark gelitten hatte, wurde ich mit anderen Kameraden durch völlige
Auflösung zur 12. Kompanie gleichen Regiments versetzt. Für mich was dies ungünstig,
da wir dort neu anfangen und deshalb (bei) einer Beförderung im Nachteil waren. Zunächst wurden wir bei
Verdun eingesetzt und (gingen) dort
bis 4.8.1918 im Raume Kanonen-Schwabenschlucht in Stellung. Hier lagen uns französische
Alpenjäger gegenüber; gegenseitig gab es hier manchmal kleinere Zusammenstöße
mit ihnen. Mit Feldwebel-Leutnant Strobel waren wir einmal vor der Höhe 344
oder auch … vorgestoßen, mussten aber, da wir auf Abwehr stießen, zurückgehen.
Hier … wurde ich gegen meinen Willen, als Bursche bei Strobel eingeteilt.
Leutnant Strobel wurde hierbei an einer Übung in Estrées, woselbst wir
abwechslungsweise in Ruhe lagen, durch eine Handgranate verletzt. Ihm
wurde die Stirnhaut aufgerissen; dabei hatte er noch sehr viel Glück. Einmal
hatte ich von der Schwabenschlucht aus in Richtung der Höhe 344 bei hellichtem
Tage die ehemaligen Grabenstellungen festzustellen und in die Karte
einzuzeichnen. Hierbei wurde ich von den Franzosen durch einen Scharfschützen
beschossen. Ich täusche deshalb mein Auftauchen immer vor, durch schnelles
Aufschnellen, und wenn der Schuss gefallen war, sprang ich von dem abgegrenzten
Grabenstück hinüber. Ein paarmal kam ich in Gefahr, getroffen zu werden, hatte
aber immer Glück. Manchmal spielte ich mit, doch die Kugeln pfiffen mir ganz
nahe vorbei. Immerhin lag(en) zwischen
der Höhe, wo ich auch ein Verpflegungsdepot ausmachen sollte und der Höhe 344
ein Tal, und deshalb doch einige 100 m vom Schützen der französischen Linie
entfernt. Als ich den Auftrag erledigt hatte, kehrte ich zur Kanonenschlucht zu
unserem Unterstand zurück. Später suchte ich mit Unteroffizier Müller auf
freiem Gelände rückwärts der Kanonenschlucht ebenfalls nach einem
Verpflegungsdepot. Nach längerem Umherstreifen fand ich schließlich abseits
eines Grabens tatsächlich ein solches, es war in einem hölzernen Verlies eine
größere Menge an Fleischdosen untergebracht. Auch dieses Depot wurde
registriert. Müller war in Augsburg beheimatet, war Anwärter auf Offizier. Er
trug so dicke Brille und sah nur auf kürzeste Entfernung Gegenstände. Ich ärgerte
mich damals über ihn. Von der Front waren wir eingesehen und es ließ sich
darauf warten, bis wir unter Beschuss genommen wurden. Es dauerte nicht lange,
dann setzten uns die Franzmänner eine Granate nach der anderen vor und hinter
uns. Dieses Granatfeuer war gezielt. Wenn nun eine Granate hinter uns einschlug,
drehte sich Müller um und sah verdutzt immer dorthin, wo die Granate
detonierte. Die Splitterstreuung war sehr gefährlich. Obwohl ich Müller
aufforderte, doch nicht so langsam zu sein, wir hatten bisher auch das Depot
noch nicht gefunden, beeilte er sich in keiner Weise. Ich bemerkte, dass er
nichts sah, d.h. er erkannte die nähere Umgebung nur auf einige Meter. Nachdem
die Gefahr immer größer wurde und er mit seiner Umwelt anscheinend nicht
fertig wurde, rief ich ihm den Spruch „Götz von Berlichingen“ an den Hals.
Das war ihm etwas zu viel und er brüllte mich auch seinerzeit an, was ich mir
erlaubte, etc. Inzwischen hatte ich das Depot entdeckt, auf einer Seite war ein
starkes Brett lose, sonst im Übrigen vollständig in Ordnung. Nachdem ich das
Brett in die alte Stellung verpasst hatte, glaubte er, dass ich mir irgendwelche
Fleischdosen aneigne. Doch war dies ja nicht der Fall, ich ordnete einige Dosen
in d(em) Versteck und da in unmittelbarer Nähe immer wieder Granaten
einschlugen, packte ich ihn an der Hand, um mit ihm aus dem Gefahrenbereich zu
ziehen. Er war wirklich ein Pedant (?)aber
sonst ein guter Kerl. Nachdem er endlich das Depot im bez. Quadrat eingezeichnet hatte, schlichen wir uns zur
Schwabenschlucht zurück, um beim … unsere Meldung weiterzureichen.
Zur
Schwabenschlucht: Am Nordhang fanden wir einige Gräber von deutschen Soldaten.
Da die Birkenkreuze nicht mit Namen der Gefallenen versehen waren, wurden diese
geöffnet. Dabei stellte sich heraus, dass Angehörige unseres Regiments Nr. 13
darin beerdigt waren, die seinerzeit Verdun berannten, bzw. hier in diese
Richtung vormarschierten. Von Estrées, in diesem Ort, einige Kilometer hinter
der Front, lagen wir seinerzeit in Ruhe und vor dem sogeannten großen Stern auf
der rückwärtigen Höhe ging ein Feldbahngleis und wuden auf diesem Munition für
die Gewehre, etc. als auch Munition für manche Bedürfnisse, also Verpflegung,
vorgebracht. Ein Kamerad sollte damals abgelöst werden, oder war es in der
Gegend von Reims(?). Da er nicht zurückkam, musste ich ihn suchen. Ich fand ihn
tot neben einem Busch oder Strauch. Es hatte ihn ein Granatsplitter tödlich
getroffen. Er wäre nach Hause geschickt worden, da mehrere Brüder von ihm
schon gefallen waren. Ein tragisches Schicksal.
In
der weiteren Umbildung des Regiments wurde ich als Ordonnanz beim Bataillon
verwendet und dem Stabe zugeteilt. In der Zeit vom 4.8. – 9.8.1918 kamen wir
dann (zum) Abschnitt Verdun, wurden
verladen und es hieß, dass wir nach Italien kämen. Wir freuten uns schon, aber
es kam anders. Bei oder unweit Malmédy blieb unser Zug stehen. Wir vertraten
nun die Füße, doch ging ich bald wieder in meinen Waggon zurück, um zu
schlafen. In diesem dämmernden Schlaf hörte ich plötzlich mehrmals meinen
Namen rufen. Als ich mich meldete und aus dem Viehwagen heraussah, kam ein
Bahnbeamter auf mich zu und stellte sich als mein Schwager Michl Kohl vor, der
meine Schwester Theresia geheiratet hatte. Michl war in Malmédy stationiert. Zu
meiner größten Freude brachte er 100 Stück Zigaretten zum Vorschein, die er
mir schenkte. Natürlich war unsere Verwandtschaft damit besiegelt. Wir
unterhielten uns etwa ½ Stunde, meine Adresse hatte er von seiner Frau erfahren
und da er über die Truppenverschiebung wusste, suchte er nach mir. Von Norden
aus Richtung Reims hörte man (eine)
ziemliche Kanonade und es schwante mir nichts Gutes, mein Schwager und ich waren
der Meinung, dass das von uns erwartete Italien, eventuell Reims heiße. Dies
war auch der Fall. Wir trennten uns mit Händedruck und wünschten uns
gegenseitig Glück. Michl musste wieder seinen Dienst in Longwy antreten. Auch
bei uns dauerte es nur noch kurz. Als wir in den Bahnhof einfuhren, bog der Zug
nach links und wir fuhren dem Kampfgetöse zu. Unweit Reims wurden wir
ausgeladen und sogleich in der Abwehrschlacht zwischen Somme und Oise in Einsatz
gebracht. Vom 4.9. (bis) 18.9.1918. bewegte sich das Kampfgeschehen im
erbitterten Ringen.Anschließend begann (es)
dann unter großem Materialeinsatz durch die Engländer und Amis zwischen
Cambrai und St.-Quentin. Vor St.-Quentin lag St.-Maly
(wahrscheinlich Harly bei St.-Quentin),
in diesem schlossähnlichen Gebäude war der Bataillonstab untergebracht. Wir
hatten uns gemütlich eingerichtet im Vorhofe, es gab ziemlich Branntwein und
wir spielten Karten. Von Zeit zu Zeit wurden wir als Ordonnanzen aufgerufen und
hatten zu den einzelnen Kompanien an der ersten Linie Befehle zu überbringen
oder solche entgegenzunehmen imd zurückzubringen. Danach hatte ich ziemlich
Schnaps erwischt und dies war mein Glück. Meine Betrunkenheit ließen sich
meine Kameraden etwas kosten, wenn ich von einem Gange zurückkam, drückten sie
mir wieder eine Meldung in die Hand und ich rannte wieder los. Es war kein
Spaziergang als Meldeläufer. Auf das Gelände, in dem St.-Quentin lag, (fiel)
dauernd schweres Artilleriefeuer und man musste immer die Feuerwalze
unterlaufen, um zu den einzelnen Kompanien durchzukommen. Bei einem solchen
Gang, sah ich unweit von St.-Maly (Harly) den Marketender, der auf dem mit Pferden bespannten
und mit Planen überspannten Wagen saß und Marketenderware, wie Branntwein,
Zigaretten und anderes mehr verkaufte. Ich eroberte eine Flasche Schnaps. Da das
Feuer auch auf der Straße lag, ging der Verkauf sehr schnell vonstatten. Bei
diesem Ereignis kam der Marketender ums Leben. Ich war noch nicht weit davon
entfernt, als eine Granate einschlug und dem Marketender buchstäblich den Kopf
wegriss. Soweit noch jemand in der Nähe war, lief alles davon, auch ich sprang
davon. Als ich in den Hof des Schlosses zurückkam, sah es fürchterlich aus.
Eine Granate hatte in die Laube, in der (einige) von meinen Kameraden Karten spielte(n) eingeschlagen und nun lagen sie bleich und tot im Hofe. Ich wäre
sicher auch hier gewesen, wenn sie (mir)
nicht die Gänge als Ordonnanz überstellt hätten. Durch ein gütiges Vorsehen
bin ich vom Tode bewahrt geblieben. Bei einem weiteren Befehlsgang musste ich
als Ordonnanz zu den Kompanien vor und Befehle an die jeweiligen Kompanien
vorbringen. Hier musste ich immer durch St.-Quentin. Da seinerzeit an diesem
Tage schweres Artilleriefeuer auf St.-Quentin
selbst und allen Ausfallsstraßen lag, hielt ich an der Dommauer an, um mich zu
decken. Beim Dom standen nur noch die Mauern. In gleicher Zeit hielt auch ein
anderer Meldeläufer an und suchte Schutz an der hohen Dommauer, da das
Artilleriefeuer ringsum sehr stark und die Granateinschläge pausenlos
detonierten. Ein Inferno ähnlich wie in der bereits geschilderten
Flandernschlacht im Jahre 1917. Während wir an dieser Mauer etwas Deckung
suchten, schlug eine schwere Granate im Innern des zerstörten Doms ein. Ich
bemerkte gerade noch wie plötzlich die ca. 15 Meter hohe Mauer wankte und sich
auf uns zuneigte. Ich schrie meinem Kameraden zu „weg“ und er und ich
rannten um unser Leben. Kaum hatten wir uns ein Stück vom Dom weg …, da stürzte
die Mauer zusammen. Sie hätte uns erschlagen und kein Mensch hätte uns mehr
gefunden; vielleicht als Skelett bei der Aufräumung. Ein gutes Geschick hatte
uns beide bewahrt. Ich setzte meinen Lauf durch die zerstörte Stadt fort und am
Westausgang sprang ich zu einem kleinen Haus, einesteils um Deckung zu nehmen,
andererseits auch, weil dort unter der Eingangstüre eine ältere Matrone - man
kann auch sagen Frau – (war) die dem
Toben der einschlagenden Granaten wie etwa bei einem Gewitter zusah. Ich machte
die Frau teils in deutschen, z.T. auch mit französischen Worten vermischt,
aufmerksam, sich doch zu ducken. Anschließend äußerte ich auch „Franzos
kaputt“. Dies hätte ich vielleicht nicht sagen sollen. Diese alte gebeugte
Frau richtete sich plötzlich in ihrer ganzen Größe auf und erwidere mir: Non,
Non Monsieur, France nicht kaputt, German kaputt. Diese Worte habe ich mir bis
heute ins Gedächtnis eingegraben. So konnte nur eine Frau reden, die wusste,
was sie sprach. Mir war die Sprache weg; ich sagte ihr nur noch, sie solle doch
Deckung suchen. Darauf erklärte sie, sie sei eine alte Frau, um ihr Leben gräme
sie sich nicht. Ich rannte dann wieder fort zur vorderen Kampflinie, die
gleichfalls unter Feuer lag, gab meine Befehle an die einzelnen Kompanien ab.
Dabei musste ich immer von Granatloch zu Granatloch oder die aufgeworfenen
Deckungsgräben, soweit vorhanden, springen. Manchmal war es auch ein Spiel mit
dem Tode. Meinem Kompanieführer, den ich ebenfalls traf, erzählte ich den
Vorfall mit dieser Französin und ich erwähnte auch, dass der Krieg verloren
sei.
Durch
den Druck der Feindmächte, insbesondere die Überlegenheit des
Materialeinsatzes, mussten (wir) immer wieder eine Position um die andere räumen.
Die Verlegung in die Hermannstellung war ebenfalls mit schweren Kämpfen (verbunden)
und insbesondere die große Schlacht Verly
Grerangerie-Aisonville (?) brachte
erneut einen verzweifelten Ansturm von Franzosen, die immer wieder im deutschen
Abwehrfeuer zusammenbrachen. In neun gestaffelten Angriffen suchten sie unsere
Front bei Aisonville zu durchbrechen. Der französische Generalstab brachte
durch Funkspruch seine Absicht dar, dass er die 6. Division-Armee nunmehr ablösen
wolle. Die Franzosen hatten sich getäuscht. Obwohl sie pausenlos anstürmten,
vor unseren Linien kamen die Stürmer zu stehen. Tote und Tote ließen sie zurück.
Der Artillerie-Einsatz von Seiten der Alliierten war ohne Pause, der ganz vor
und hinter unseren Linien bebte, und war manchmal so dunkel und undurchsichtbar,
da das Erdreich dauernd durch die einschlagenden Granaten empor geschleudert
wurde. In Aisonville hatten wir am westlichen Ortsende enen Keller, der unserer
Kompanie zur Unterkunft diente. Ein Teil der Kompanie lag in den behelfsmäßig
ausgebauten Granattrichtern und Gräben. Auf diesen Keller schlug eine schwere
Granate. Im vorderen Eingangsteil kam die Hälfte des Gewölbes zum Einsturz,
doch hatten wir keine Verluste. Während draußen die Hölle tobte und gerade
wieder ein Ansturm der Franzosen zerschellte, erhielt ich den Befehl, sofort zum
Befehlsstand der AHK zu gehen, um dort um sofortige Abstellung einer
Munitionskolonne zu erbitten, da bei weiteren Kampfhandlungen unsere
Munitionsvorräte bald zu Ende gingen. Ich bekam 20 Mann von einer sächsischen
Einheit mit einem Sergeanten. Sie wurden von mir unterrichtet, wo wir unsere
Infanterie- und MG-Munition abholen und nach vorne von Eteravere (Étaves ?) nach
Aisonville bringen konnten. Eile tat not und es wurde von mir die Mannschaft
auch darüber belehrt, dass ich mit allen Mitteln durchgreifen würde, sie hätten
sich unterzuordnen. Auf dem Marsch zur Kirche in Ètaves lag das Gelände
gleichfalls im Artilleriefeuer. Ich kam ohne Verluste dort an und es wurde
soviel Munition in Empfang genommen, als wir irgendwie tragen konnten. Ich
selbst blieb hier nicht ausgenommen, ich trieb immer zur Eile, da ich wusste,
dass hiervon das Ausharren meiner Kompanie abhängig war. Die Männer in der
Kirche zu Ètaves waren auch nicht zu
beneiden, da dieser Ort ebenso im feindlichen Feuer lag. Bei dem Marsche von Ètaves
nach Aisonville kam ich in
unmittelbare Nähe einer Batterie des 10. Feldartillerie-Regiments. Diese
Artilleristen hatten einen schweren Stand, da sie ebenfalls dauernd mit Salven
von Granaten eingedeckt wurden. Als ich mit meiner Transportkolonne vorüberging,
rief mich plötzlich einer an, mit den Worten „Sepp wohin“. Es war mein
Schulkamerad Thomas Regler (Großenbauer) aus Haag. Nach Wechseln einiger Worte
und Händedruck und mit weiterem Glück ging es weiter in Richtung Aisonville,
das an einem Berghange lag. Am Ortsrande – der Ort war mit einer Mauer
umgeben, ließ mich die Trägertruppe im Stiche, warf mir die ganzen Kisten hin,
und alle rannten davon. Man konnte ihnen einesteils nicht gram sein, das
Granatfeuer war heftig und es brandete gerade wieder ein Angriff der Franzosen.
Ich packte einige Kanister MG-Munition und rannte durch die zerschossene
Ortschaft der Kampflinie zu. Plötzlich schlug eine schwere Granate vor mir in
ein bereits zerstörtes Haus. Ich wurde von einem größeren Mauerstück
getroffen und zu Boden geworfen. Trotzdem, ich hatte Glück, es schmerzte mir
zwar die rechte Schulter, doch raffte ich mich auf und brachte die mit Munition
gefüllten Kästen, hauptsächlich MG-Munition nach vorne. Es war höchste Zeit,
da ein MG bereits ohne Munition war. Mit weiteren Kameraden holte ich schließlich
die vor der Ortschaft liegenden Munitionskästen, etwa rund 80 Kästen (je ca.
500 Schuss) nach vorn. Wir kamen ohne Verluste davon, soweit eben nicht Dieser
oder Jener verwundet wurde. Unsere Kompanie war durch die fortwährenden
Verwundeten stark geschmolzen. Ein paar Tage danach wurden wir endlich abgelöst.
Wir waren je ununterbrochen wochenlang im Einsatz und wurden zur eisernen
Division gestempelt. Ich denke heute noch traurig zurück an die Kameraden, wie
Feldwebel Klein, der mit mir, immer wieder, oft schwierige Dinge meisterte. War
es nun Zurückbringung eines Verwundeten, obwohl ich oft durch die dauernde
Beanspruchung sehr müde war, holte er mich nachts aus dem Schlafe im
Granattrichter. Wir gingen über die Kampflinie hinaus und holten einen
verwundeten Kameraden zurück oder ich baute mit ihm unter schwersten
Bedingungen die Abwehr auf. Ich denke oft zurück an das Schloss im Walde Compiègne,
in welchem die Waffenruhe später mit den Franzosen und Engländern
abgeschlossen wurde. Hier ging ich als Ordonnanz aus und ein. Ich erinnere mich
an die schweren Verluste an und hinter der Somme. Hier hatten wir tote Kameraden
in größeren Mengen wie einen Holzstoß zusammengelegt, da sie weggebracht
werden sollten. Sie blieben liegen, durch die drückende Übermacht mussten wir
zurück und alles blieb zurück. Bei verschiedenen Anlässen waren es oft fürchterliche
Stunden der Not in den Orten Essygny-le-Grand (Groß-Essyne ?). Hier brachte ich eines Tages eine Meldung nach
vorne. Infolge Erschöpfung blieb ich dort, da die Salven von Granaten die Rückkunft
über das freie Feld nicht mehr möglich war. Die Kompanie lag neben dem Damme
der Bahn und rechts darüber hinaus in aufgeworfenen Grabenstücken. Meistens
waren hier nur drei Kameraden, nur am Bahndamm, der durch einen Bergdurchstich führte,
waren ehemalige Feindbunker. Ich schlief in einem derartigen Grabenstück
inmitten einer Wiese ein. Ich wurde auch nicht wach, als mich Kameraden rüttelten.
Wie und wann ich schließlich erwachte weiß ich nicht. Erst als auf mich eine
große Menge Erde fiel, kam ich zu mir und ich sah mich allein. Vermutlich kam
ich auch erst bei dem dauernden Krachen der berstenden Granaten zur Besinnung.
Als ich mich emporrichtete und mich umsah, war die Wiese wie umgeackert. Mein
Grabenstück war ringsum noch frei, lediglich Erdbrocken lagen darauf. Alle
Kameradne hatten die Löcher verlassen und waren zum Bahndamm geeilt, suchten
Deckung in der Bahnschneise. Ich blieb in dem Grabenstück liegen, ich musste
dort bis nachmittags geschlafen haben. Jedenfalls habe ich von dem Trommelfeuer
erst dann gehört, als ich mit Erde überschüttet wurde. Ich blieb in deisem
Loche bis (zu) anbrechender Dunkelheit. Hier kamen auch die Kameraden zurück
und wunderten sich, dass ich am Leben war. Mein tiefer Schlaf war darauf zurückzuführen,
weil ich fast drei Nächte nicht mehr zum Schlaf kam.
Als
wir seinerzeit zum Sturm, bzw. Rückeroberung von Essygny antraten, kam der
Kompanieführer Gläser nicht aus seinem Unterstand, obwohl die Kompagnie schon
in Ausgangsstellung gegangen war. Damals schickte mich der Vize zurück und ich
sagte zu Leutnant Gläser, ehemals Mittelschullehrer aus Nürnberg, dass die
Kompanie erst vorgehe, wenn er komme. Danach kam er, hielt zitternd die Pistole
in der Hand und dann ging er mit uns in Richtung Essygny-le-Grand vor. Soviel
ich mich erinnere, war Gläser auch der, welcher mir einst Gesicht sagte, da
kommt ein Drückeberger, als ich vom Bataillon, woselbst ich als Ordonnanz
abgeordnet war, wieder zur Kompanie zurückkam. Was ich sagte, weiß ich heute
nicht mer. Am anderen Tage musste er mir das Verdienstkreuz überreichen,
welches vom Regimentskommando mir verliehen wurde. Nun nahm er auch die gemachte
Äußerung zurück und entschuldigte sich.
Was
ich als Ordonnanz zu bieten hatte, das will ich nicht erläutern. Eigenlob ist
kein Produkt für Mühe. Bevor ich die Gasvergiftung – Gelbkreuz – am
15./16.8.1918 bei Amiens erlitt, kam bei einem Gang vom Bataillon zu der
Kompanie ein Kamerad ums Leben. Im riss ein Granatsplitter die beiden Augen
entlang und drang in das Vordergehirn. Ich brachte ihn zurück in den Graben
beim Bataillon. Hier musste er entsetzlich langsam sterben. Er saß auf der
Erde, hatte die Knie mit beiden Händen umschlungen, wippte mit dem Körper und
sein Blut drang unter Stöhnen aus der Wunde. Es dauerte ca. ½ Stunde bis ihn
der Tod erlöste. Bei weiterem Gang wurde ein Kamerad durch einen Splitter an
der linken Handfläche verletzt. Der Splitter durchschlug die Hand und blieb
stecken. Die Wunde war etwa 5 cm breit. Sonderbarerweise musste mein Begleiter
bei diesem Gang die Notdurft verrichten, als ihm dies passierte. Es war in der
gleichen Waldspitze, die wir durchlaufen mussten, um zu der Kompanie zu kommen.
Ich lief dann allein weiter, während mein Kamerad zum Bataillonstab zurückeilte.
Am nächsten Tage lief ich mit einer anderen Ordonnanz den gleichen Weg. Das
Artillereifeuer war meist gleich stark; insbesondere war die Waldspitze und im
Übrigen das gesamte Gelände vor uns unter starkem Beschuss. Am Ausgang der
Waldspitze befand sich ein Holzbunker, der nicht besetzt war. Da die Granaten
gerade zu der Zeit in dauernder Folge einschlugen, blieben wir kurze Zeit in
Deckung. Als gerade eine kurze Pause eintrat, sage ich zu meinem Kameraden, los
und ich sprang zur Waldspitze hinaus um zu den Kompanien zu kommen. Als ich vorwärts
eilte, blieb mein Begleiter zurück, da wiederum eine Salve in den Wald
einschlug. Ich sah noch zurück, mein Begleiter verließ aber den Bunker, der
mehrere Lagen Stämme aufeinander hatte, nicht und ließ ich allein den gefährlichen
Weg laufen. Abgehetzt kam ich nach einiger Zeit – 1 ½ Stunden – zurück.
Als ich nach meinem Begleiter beim Ordonnanz-Stabsführer Sergeamt Strobel
fragte, wurde mir erklärt, bisher habe er ihn nicht gesehen. Einer dumpfe
Ahnung folgend sah ich dann später nach dem Unterstand. Doch ich fand kei,nen
mehr, eine schwere Granate hatte alles zertrümmert. Von meinem ehemaligen
Begleiter war nichts zu sehen. Es war furchtbar. An drei oder waren es fünf,
Tagen hintereinander hatten wir oder ich bei den Gängen zu den
Kompanien drei Ordonnanzen, davon zwei Tote und einen Verletzten, verloren. Es
waren furchtbare Tage, die englische (und)
französische Artillerie hämmerte fast pausenlos, nicht nur wir Ordonnanzen –
wir mussten immer zu zweit laufen …. . Wenn einer ausfiel, konnte er helfen
oder allein die Meldungen zu den drei Kompanien des Bataillons vorbringen.
Telefon war bei dem großen
Kampfgeschehen immer im Ausfall, Funkapparate gab es nicht. Blinkmorse konnte
nur selten durchdringen, da das Personal fehlte oder ausgefallen war. Es blieben
also nur die Ordonnanzen zur Befehlsüberbringung. In diesen Tagen hatten auch
die Truppen empfindliche Verluste. Bei Tage war uns immer noch der Ausgang von
der Waldspitze am Günstigsten, im freien Gelände war es mehr als fürchterlich.
Von diesem Gefechtsstande des Bataillons musste ich auch einmal am Abend den
Regimentskommandanten Major Mark und seinen Adjundanten nach vorne bringen. Mark
wollte sich selbst über die Lage an erster Linie orientieren. Sergeant Strobl
holte mich, da ich bisher immer zurückgekommen bin. Major Mark, bei dem ich
mich meldete, war so ein Mann (wie)
mein Vater, sein Begleiter Oberleutnant war schlank und drahtig wie ich. Mark
fragte mich, ob
ich
mich fürchte wenn wir vorgehen. Ich verneinte dies und darauf gab er mir eine
Zigarre. Da er mir Feuer geben wollte, gab ich ihm zu wissen, dass wir auf
diesem Wege nicht rauchen könnten, hier müssten wir springen. Überdies müsse
er mir folgen, denn der Gang sei gefährlich. Darauf meinte er zu seinem
Adjudanten, dann müssen wir uns also unterordnen und er schmunzelte dabei.
Nachdem wir den Unterstand verlassen, klärte ich Major Mark über das Vorgehen
auf, wenn es aufzuckt auf feindlicher Seite wüsste ich so ziemlich wo die
Granaten einschlugen, zuckte das Blitzen der Abschüsse dort und in anderer
Richtung auf, dann pflegten die Geschosse dort, und oder hier einzuschlagen. Als
nun in unmittelbarer Nähe vor unserem Graben die Lage von Granaten explodierte,
lief ich los und fasste Major Mark bei der Hand. Ich lief mit ihm ca. 50 m und
dann schrie ich „Deckung“, wobei ich in einen Granatsplitter(graben)
sprang und (uns) zur Bodenwand des Trichters drückte. Kaum waren wir in
Deckung, krepierten die Granaten vor oder um uns. Ich riss (den) Major an der Hand empor und wir sprangen weiter. Dies ging
zwei- oder dreimal so, bis wir die Mulde vor uns überwunden hatten. Danach übersprangen
wir (in den) am Hang liegenden „Opiwald“,
so nannten wir es, Baumstämme und sonstiges, bis wir endlich oben die
Grabensysteme der Kompanien erreichten, soweit (die) eben noch vorhanden waren. Hier traf Major Mark auch seinen
Neffen, einen Leutnant, Name nicht mehr erinnerlich. Nachdem Major Mark sich bei
den jeweiligen Kompanieführern, die meist nur in größeren Granatlöchern
hausten, erkundigt und sich selbst orientiert hatte, führte ich die beiden
Offiziere in die Ausgangsposition zurück. Es rollte wohl noch hie und da, doch
hatte das Granatfeuer ziemlich nachgelassen. Das Opiwäldchen war total
zerschossen, es bestand nur noch aus Baumstümpfen und Granattrichtern, die
Baumstämme lagen teils zerfetzt kreuz und quer, kurz gesagt, es war als ob ein
Orkan alles verwünstet hatte. Diesen und jeden ….. durch die schon
beschriebene Waldspitze mussten wir Ordonnanzen zu zweit tags und nachts oft
mehrmals durchspringen. Neben einer Nervenprobe war es jedesmal ein Wettlauf mit
dem Tode.
Zu
Leutnant Gläser möchte ich noch erwähnen, dass ich diesem nach dem Kriege an
einem Sonntag entlang der Regnitzwiesen (ich glaube so hieß sie – heute
bebaut – unterhalb des sogenannten Zwingers – in
Nürnberg) mit (seiner) Frau
begegnete. Ich sah ihn und er sah mich an, er erkannte mich und ich ihn, doch
ich hatte keine Lust ihn anzusprechen, mit seiner Gegenwart hatte ich damals im
Felde genug. Das Urteil, welches wir gegen Lehrer als Kompanieführer hatten,
rundete das Bild nur ab. Selten trafen wir einen, der uns Vorbild sein sollte.
Mit dem sogenannten Opiwald hatten wir Ordonnanzen …. , ich war selbstverständlich
damit beauftragt, den Neffen des Major Mark, der in den folgenden Tagen gefallen
war, zurückzubringen. Wir fanden ihn unter einem Baumstumpf. Eine Granate hatte
ihm die Brust durchschlagen – ein Loch von ca. 15 cm – sonst fehlte ihm
nichts. Wir beide rollten ihn (in) das mitgeführte Zelt und auf einer Stange hängend trugen wir
ihn zurück. Da(ss) wir bei Tageslicht
zu suchen hatten, war notwendig, wir kamen zurück trotz Granaten und Feuer. Später
erhielten wir einen weiteren Ordonnanzen namens Schießer zugeteilt; dieser kam
von der Kavallerie trug auch noch deren Uniform. Mit diesem machte ich noch
manchen gefährlichen Gang, er shloss sich an mich an und wir waren bis zu
meiner Rückbeorderung die Unzertrennlichen. Bei einem solchen Gang verfehlten
wir einmal die mutmaßliche Linie, kamen über diese hinaus und plötzlich
standen wir vor den Engländern, die ganauso wie wir erschraken und soeben sich
eingruben. Diese Schrecksekunde dauerte nicht lange, wir kehrten blitzschnell um
und rannten um unser Leben. Zum Glück war Nebel und
als von den Engländern die ersten MG-Garben um uns zwitscherten, warfen
wir uns zu Boden und krochen mindestens einige 100 Meter zurück, woher wir
gekommen. So stießen wir auf die deutsche Linie, die nur aus Granattrichtern im
Gelände bestand. Zum Glück erkannten uns die Schützen auf unserer Seite, als
wir uns verständigten und so kamen wir doch noch ans Ziel und gaben bei dem
Kompanieführer unseren Befehlszettel ab. Dieser ebenfalls ein Leutnant – Name
nicht mehr bekannt – traute sich nicht, aus seinem schusssicheren Unterstand.
Sein Diener musste immer seine Extremitäten (gemeint
sind wohl Exkremente!) – der Stahlhelm war ihm Lokus – hinaustragen, er
hatte ja furchtbar Angst.
Bei
dem 14. Infanterie-Regiment war Regimentskommandeur
Oberstleutnant Brenner, der seinerseits vor der Vimy-Höhe sich mit
seinem Stab selbst verteidigte.
Mit
Generalmajor von Riedl startete die Division (6 J D) am Kanal Oise oder Ijser
ohne Artillerie-Vorbereitung einen Durchbruch, eingeschlossen (zusammen?) mit der 1. Marine-Infanterie. Nach Übergang des Kanals
stürmten wir die erste, zweite und dritte Linie der feindlichen Stellungen. (Vor)
uns lagen Stellungen der Belgier, die zum Teil sehr überrascht waren, doch
blieben wir dann infolge einsetzenden Kartätschenfeuers der belgischen
Artillerie liegen. Es war Wahnsinn, wir hatten bei dem Ansturm fürchterliche
Verluste, insbesondere die 1. Marine- Infanterie. Die Männer dieser Infanterie
waren Kolosse wie Schränke, sie mögen wohl in gewissen Kämpfen gut sein,
sonst aber waren wir viel wendiger und flinker.
Tagsüber
lagen wir meistens im Wasser, da das Gelände durch die Sprengung des
Ijserkanals vollkommen überschwemmt war. Mit meiner Gruppe schleppte ich mit
meinen … Floßtonne zum Kanal (?),
danach lag ich ziemlich an der Spitze, es war ziemlich kalt, besonders bei
Nacht. Wenn es dunkel war krochen wir auf die Erdhügel wie nasse Mäuse und wir
mussten nur zusehen, um nicht von MG(-Feuer)
erfasst zu werden. Am dritten Tage nachts, ich schlief gerade etwas, wurde ich
geweckt, dass die Belgier kommen. Sie kamen tatsächlich, bei Anruf riefen sie
„Pardon, Kamerad“. Sie kamen übergelaufen, sie hatten den Krieg satt,
wahrscheinlich auch deshalb, weil sie wie wir buchstäblich im Wasser lagen. Ich
wies sie mit Handbewegung nach hinten, es war(en)
ca. 25 Mann. Begleitung bekamen sie nicht, ich sandte lediglich eine Meldung an
den Kompanieführer. Nach einiger Zeit wurden wir abgelöst und lagen bei
Diksmuide (frz. Dixmude). Hier sah es nicht viel anders aus, Gräben gab es
nicht, es waren nur Dämme aufgebaut und wenn eine Granate explodierte, so lag
freie Sicht bis zu den Engländern. Als ich einmal eine Meldung von einer
Gefechtsstelle über die Laufroste bringen wollte, kam von der Seeseite eine
schwere Granate mit dem üblichen Brüllen und Grollen eines Rollwagens heran.
Ich warf mich sofort zu Boden. Die Granate schlug etwa fünf Meter vor mir auf
den Laufrost ein. Da der Boden jedoch durch das Wasser grundlos war, erfolgte
lediglich bei der Explosion ein Erdaufwurf, dessen Brocken auch noch auf mich
fielen. Danach sprang ich über den Trichter. Der Erdaufbau war ebenfalls
weggefegt und freie Sicht bis zu den Engländern. Vor uns war fast durchwegs
Wasser, nur in einer gewissen Entfernung war eine Insel, die von den Engländern
besetzt (war) und von dieser wurden
wir immer beschossen. Nun sollte diese Störung ausgeschaltet werden. Schwimmkörper
wurden aneinandergereiht, mit Planken belegt und in einer passenden Nachtzeit
fuhr unter Führung des Unteroffiziers Bock ein Kommando auf Flößen zu dieser
Insel. Bock wurde aber schwer verletzt. Trotzdem ließ er ein ledernes Säckchen
mit englischen Gold- und Silbermünzen nicht aus der Hand. Er hatte die Taschen
der gefallenen Engländer, die alle gefallen waren, ausgeplündert. Ob er mit
dem Leben davon kam?
Zum
14. Infanterie-Regiment: Bei Messines (flämisch
Meesen) kam es bei der 11. Kompanie, 14. Bayerisches Infanterie-Regiment zur
Meuterei. Wie und wieso es kam, weiß ich nicht. In diesem Gefechtsabschnitt
minierten die Franzosen eine ganze breite Front bei der 11. Kompanie unter deren
Stellung. Es wurde abgehört und im Stellungsgraben waren nur noch
Gefechtsposten. Alles andere wurde zurückverlegt, um bei einer Sprengung nicht
mit in die Luft zu fliegen. Als beim Horchkommando nichts mehr zu hören war, räumten
auch die letzten die Horchposten. Am nächsten Morgen ziemlich früh flog das
ganze Grabensystem bei den 11ern in die Luft, zugleich setzte ein immer weiter
greifendes Artilleriefeuer von den Franzosen ein, mit dem Einsatz von
Kavallerie, die auf breiter Front durchbrechen sollten. Dieser Angriff brach
zusammen und zwar unter blutigen Verlusten von Menschen und Pferden, die die
Franzosen eingesetzt hatten. Die 11. Kompanie schlug sich dabei prächtig und
machte somit die Meuterei wett. Da unser Bataillon zurzeit in Ruhe lag, wurden
wir alle alarmiert, auf Lkw verladen und zur Hilfe für die 11. Kompanie, usw.in
Bewegung gesetzt. In Abständen bewegten sich unsere Lkw vorwärts, alle
Zufahrtswege lagen feindlicherseits unter Sperrfeuer, aber es ging ununterwegs
nach vorne. Ein Lkw vor uns wurde von einer Granate getroffen und fiel aus. Es
gab Tote und Verletzte. Endlich war die Einsatzstelle erreicht und wir wurden
zur Abwehr in die Front mit eingeschoben.
Am
5.11.-11.11.1918 befanden wir uns
wieder in Rückzug auf eine hintere Auffangstelle, die
Wesentobedingt (?)
war. Hier waren schon die Amerikaner im Einsatz. Als wir schon beim Compiégne-Schloss
die Abwehrstellung räumen mussten, suchte diese uns am Ende des Compiégne-Waldes
abzufangen. Sie schnitten uns den Weg ab, da sie rechts durchgebrochen waren.
Wir waren trotz gewaltigen Fußmarsches …. und brachen aus dem Walde eher
hervor, als sie glaubten. Es gab ein kurzes Feuergefecht und die Amis flohen
Hals über Kopf, da sie auf unsere Ankunft nicht vorbereitet waren. Unsere
Kompanie war durch die Einsätze sehr stark reduziert, die meisten Kompanien
hatten etwa 20-30 Mann, unsere nur noch 21 mit Leutnant, doch sieben MG
bezeichnete unsere Waffenstärke. In der Nacht vor dem Waffenstillstand wurde
ich zum Batterie (…), dem Major Schaf vorstand (…). Nach dem Befehl hätte
ich am nächsten Tage eine Patrouille in Richtung der Feindstellungen machen müssen,
um zu erkunden, wo und wie weit sich die Amis noch von uns entfernt sei(en). Während er mir auf einer Geländekarte das Vorgehen auswies,
es war etwa vier Uhr morgens, läutete das Feldtelefon. Major Schaf hob ab und
nach kurzem Gespräch mit dem rückwärtigen Kommando hörte ich von einem
Waffenstillstand. Nachdem das Gespräch beendet, fragte mich Major Schaf, ob ich
etwas mitbekommen habe. Ich bestätigte dies. Darauf erklärte er, dass sich
nunmehr die Patrouille erübrige, um 12 Uhr mittags kommenden Tages sei
Waffenstillstand geschlossen worden. Kurz darauf kehrte ich zu meiner Kompanie
im Morgengrauen zurück und erstattete Meldung. Alles freute sich, doch blieb
unsere Kompanie noch in Stellung, wir hatten rund 500 Meter zugewiesen erhalten.
Etwa gegen neun Uhr bemerkte man etwas Bewegung auf der Feindseite. Plötzlich
wurden wir vielleicht eine Stunde lang mit heftigem Granatfeuer eingedeckt; wir
duckten uns in unseren Grabenstücken, die wir bei Ankunft aufgeworfen hatten.
Kaum schwieg die feindliche Artillerie, da marschierten die Amis in
geschlossenen Gruppen vor. Sie glaubten, bei uns wäre alles erledigt. Als das
Trommelfeuer begann, glaubte von meinen Kameraden, die mit dem Kompanieführer
und mir in einem Grabenstück hockten, niemand an den Waffenstillstand. Als die
Amis bis auf 70 Schritt näher kamen schoss unser Kompanieführer
den ersten Schuss ab; dies war unseren Leuten durchgegeben und nun
setzten unsere MG ein und hämmerten, Tod um sich verbreitend, auf die Amis los.
Der Angriff fiel in sich zusammen. Ich schob einen MG-Schützen vom Drücker und
schoss mit Wut auf die Gegner. Sie hatten schwere Verluste, manche liefen nach
hinten, andere lagen tot oder verwundet. Punkt zwölf Uhr war alles still und es
war, als wenn sich nichts ereignet hätte. Die Stille war direkt erdrückend.
Ich regte mich, als es zwölf Uhr war und sah über das vor uns liegende Gelände.
Auf etwa 150 m Entfernung ließen sich die Amis sehen, sie saßen aufrecht ohne
Deckung und hatten eine weiße Fahne aufgesteckt. Unser Leutnant warnte mich
zuerst, als ich mich über die Deckung erhob, als aber keine Schüsse fielen und
ich diese Sache schilderte, ließen auch alle anderen (sich)
sehen und verließen die Deckung. Nun kam von den Amis ein Offizier in
Begleitung, der am Gewehr umgehängt eine weiße Fahne mit sich führte. Unser
Kompanieführer und ich gingen den Amis entgegen. Es war ein Captain mit einem
Sergeanten. Die Begrüßung war ziemlich kalt und es fragte der Captain, wie
stark unsere Kompanie sei. Mein Kompanieführer erwiderte, nur 21 Mann, sich
dabei mitzählend. Er, d.h. der amerikanische Offizier wollte dies nicht
glauben, doch ich sagte darauf, wir seien doch keine Frösche. Nun gab mir unser
Kompanieführer (Namen weiß ich zurzeit nicht) …. ich sollte die Kompanie
durch Zeichen sammeln lassen. Als unsere Leute beisammen waren, da war der
amerikanische Captain bedient, er sah nur immerfort nach unseren sieben MG. Als
ich fragte, ob ich zu seinen Leuten dürfte, schüttelte er den Kopf und
erwiderte, dass seine Leute nicht gut zu sprechen seien, seine Kompanie hätte
42 Tote und Verwundete. Weshalb er noch vor dem Waffenstillstand den Angriff
befohlen habe, nur deswegen, weil sie glaubten, uns noch fangen zu können.
Danach trennten wir uns; am Abend schossen die Amis rote, grüne und gelbe auch
weiße Leuchtkugel ab; auch von unseren Linien gab es dieses und man konnte hier
den gesamten Frontverlauf erkennen. Bei uns klang plötzlich eine Zugharmonie (Ziehharmonika?)
auf; woher die kam weiß ich nicht. Ordonnanzen eilten vor und rückwärts und
am nächsten Morgen marschierten wir nach rückwärts zum Sammelplatz. Meine
Kompanie wurde aufgelöst und (gehörte)
am 18.11.1918 zur 7. Kompanie. Beim Sammelplatz wurde dann bekannt, dass die
eiserne Division eine Nachhut zu bilden hatte, die Räumung war in Abschnitten
eingeteilt und wir hatten diese genau einzuhalten, da wir sonst interniert würden.
Den ersten Tag legten wir 70 km mit Gepäck zurück, am anderen Tage waren es
etwas weniger, manchmal kamen wir oft nur 10-20 km vorwärts, da doch alle Straßen
verstopft waren.
Eines
will und darf ich nicht vergessen, wenn es auch traurig ist. Bei den Rückzugskämpfen
kamen wir nach Nesle. Hier ist der große deutsche Soldatenfriedhof und in
diesem Friefhofe grub sich meine Gruppe nach meiner Anweisung ein, da es so
befohlen war. Während nun die Männer in Zwischenabständen Gräben aufwarfen,
sah ich mich in diesem Friedhof um. Hierbei musste ich wahrnehmen, dass mein
Taufpate Josef Schreglmann hier beerdigt war. Der Grabhügel war noch ganz
frisch, die Inschrift auf dem Kreuze war aber vorhanden. Dass ich durch diese
Feststellung bedient war, darüber fehlen mir infolge Schocks die Worte. Zwei
Tage (vorher) hatte ich von ihm noch
Post bekommen. Von zuhause erhielt ich bereits seit Mitte September 1918 keine
Post und meine Eltern und Geschwister erhielten ihre Post an mich mit dem
Vermerk „vermisst“ zurück.
Auf
dem Rückmarsche waren bereits alliierte Vorkommandos – Offiziere – in den
Städten, die wir bei unserem Rückmarsch passierten, die wir grüßen sollten.
Wer tat dies schon, niemand. Die Zivilisten
verhielten sich gegen uns ruhig, wenn auch zu erkennen war, dass sie sich über
unsere Niederlage freuten. Nur einmal versuchte ein fanatischer Franzose sich
unser(er) Einquartierung zu
widersetzen. Er verschwand aber rechtzeitig, sonst wäre er in Zwangshaft
gekommen. Und so marschierten wir fort und fort. Meine Stiefelsohlen gaben nach
und zuletzt sahen fast die Zehen durch. In einem französischen Städtchen, es
floss ein Kanal durch, oder Fluß, lagen beim Übergang einige Lkw neben der Brücke.
Dahinter auf einem freien Platz standen mindestens 40 Geschütze, tadellos
gereinigt, es fehlte nicht einmal der Spaten, zur Ablieferung an die Franzosen
bereit. Wir blieben hier ein oder zwei Tage in Quartier. Diese Geschütze
wollten unsere Landser sprengen. Ich wusste davon. Im Laufe des Nachmittags ließ
mich Major Gabriel kommen und befragte mich, da er von irgendeiner Seite von der
Sprengung erfahren hatte. Da er mich gut kannte, beschwor er mich auf die
Kompanie einzuwirken, davon abzulassen. Die Geschütze müssten vollkommen
ersetzt werden und was von alliierter Seite erfolge, sei nicht abzusehen. Ich
eilte nun von Kompanie zu Kompanie und insbesondere zu denen, von denen der
ganze Zauber in Gang gesetzt wurde. Schließlich wurde von allen die Gefahr
einer Sabotage erkannt und mir versichert, dass nichts geschehe. Ich meldete
dies dann auch Major Gabriel, den alle gut kannten und der immer Verständnis für
seine Leute hatte und den auch jeder schätzte. Er war ein Mensch wie unser
alter Regimentskommandeur „Vater“ Major Mark. Dieser hatte schon früher den
ihm zugedachten Namen „Vater Mark“ erfahren. Er freute sich und gab dies
auch bei (einer) Ansprache bewegt zu.
Zum Ende erscholl der Ruf „Hoch Vater Mark“.
Bei
einem Meldegang rief mich einmal General Unruh an, wohin ich gehe. Ich hatte es
eilig und auf einmal parierte er sein Pferd vor mir. Ich erkannte (jetzt)
erst, dass es General von Unruh war. Ich machte Meldung, zeigte ihm auch die
Ordonnanzzettel, deren Meldung sehr eilig war. Darauf schrie er, „geh zum
Teufel“ und wendete sein Pferd. Er war ungehalten, weil ich auf seinen Anruf
nicht achtgab. Später hatte ich dann mit zwei weiteren Kameraden unweit dieser
Stelle die Auffangstraße der Militärgendarmerie einzunehmen. Es war eine Straßenkreuzung,
die dauernd unter schwerem Beschuss lag. Den Gendarmen war es dort zu brenzlig.
Es dauerte diese Abordnung nur zwei bis drei Tage. Etwas weiter vorne lag ein
ganzes deutsches Munitionsdepot. Hier hatte Major Schaf, und zwar inmitten
darin, seine Befehlsstelle. Als ich einmal eine Meldung überbrachte, flog ein
größerer Stapel Artilleriemunition in der Nähe des ziemlich sicheren
Betonunterstandes in die Luft. Die Explosion war so stark, dass sich der ganze
Bunker auf die Seite neigte. Ich flog, da ich stand, über den Tisch und Major
Schaf und ich fanden uns am Boden wieder. Es folgte ein kurzes Donnerwetter,
Major Schaf rieb sich den Kopf, doch was konnte ich dafür, dass ich auf ihn
geschleudert wurde. Das sah er auch ein. Der Bunker hatte sich mindestens um ½
Meter nach links geneigt, war aber sonst intakt.
Gasvergiftung.
Etwa am 15./16.8.1918 erlitt ich bei Amiens Gasvergiftung. Die Engländer
schossen Gelbkreuz. Ich war eben auf einem Meldegang zurück, als ich plötzlich
im Atembereich erstickungsähnliche Atembeschwerden verspürte. Ich setzte die
Gasmaske auf, da diese nicht half, schraubte ich den Ersatzfilter ein. Danach
wurde ich bewusstlos und fiel um. Kameraden verbrachten mich in den Unterstand.
Diese Vorsorge rettete mein Leben. Am 19.8.1918 kam ich mit anderen ins Revier,
das hinten in einer Scheune eingerichtet war. Man konnte weder sitzen noch
liegen. Ich war zunächst blind und der Schaum trat vorm Mund. Soviel ich später
erfuhr, waren wir 38 Mann, die unter Gas litten. Wer umfiel, der war tot; nach
zwei bis drei Tagen bekam ich wieder Augenlicht, man schmierte mir immer eine
Salbe unter das Lid, es brannte fürchterlich,
doch schien die Salbe gut gewesen zu sein. Da wir nur hie und da lediglich Tee
zu trinken bekamen, verließ ich die Scheune, um Essen zu bekommen. Da unweit zu
dieser Zeit eine preußische Truppeneinheit Essen fasste, schloss ich mich an
der Feldküche an und es wurde mir ein Kochgeschirr trotz vorheriger Debatte gefüllt.
Ich ging zur Scheune zurück und setzte mich auf einen Stein. Bei Essenseinnahme
wurde ich von dem ankommenden Generalarzt dabei gesehen und von diesem dienstfähig
geschrieben, weil ich angeblich gegen Anordnungen verstoßen hatte. Ich kam zu
meiner Kompanie zurück, blieb, da es mir nicht gut ging, bei der Feldküche und
nach acht Tagen ging ich wieder in die Stellung.
Um
auf den Rückzug zurückzukommen, wir marschierten unentwegt nach der
Landesgrenze. Das letzte Mal waren wir noch auf belgischem Boden. Hier trafen
wir bereits in einer Est…. (?) oder Wirtschaft mit ehemals belgischen
Gefangenen zusammen, tranken, ohne uns etwa zu streiten, mit ihnen ein paar Gläser
Bier. Am nächsten Tage überschritten wir über einen Grenzbach die
deutsch-französische (belgische?)Grenze,
soweit meine Erinnerung hieß der Ort „Recht“
(evtl. Echt in den Niederlanden?)
oder so ähnlich. Nun waren wir endlich nach den langen Entbehrungen auf
deutschem Boden. Da die Verpflegung ziemlich schlecht war, kauften wir bei einem
Bauern, bei welchem wir biwakierten, Kartoffeln. Dieser verlangte für den
Kochkessel eine Mark. Wir waren darüber erbost, doch in einer Nacht wurden
diesem Bauern sämtliche Kartoffeln aus dem Keller entwendet. Feststellung über
die Täter blieben erfolglos. Bei einem weiteren Quartier ließ uns ein Bauer,
obwohl es stark regnete, nicht ins Haus. Wir nahmen die Scheune in Beschlag. Der
Bauer jammerte, da wir Kerzen oben auf dem Heu anzündeten; aber jeder gab
Obacht, dass es nicht brenne. Obwohl wir auch rauchten, es gab hierbei keinen
Brand. Bei dem Rückmarsch kamen wir auch nach Bonn. Ich erhielt mit meiner
Gruppe, acht Mann stark, ein sehr schönes Quartier bei einer einzelnen Dame in
einem großen Haus mit lauter guten Betten. Wir wurden hier auch verpflegt und
doch fühlten wir uns nicht wohl, weil wir allesamt „Vögel“ – Läuse –
hatten. Ging diese Frau aus dem Zimmer, dann kratzten und scheuerten wir unter
dieser Plage. Sie merkte dies aber trotzdem und kam uns mit Lachen entgegen,
wobei sie äußerte, dass ihr Bruder, der als Offizier in Russland in
Gefangenschaft wäre, auch immer Vögel mit nach Hause gebracht habe. Trotzdem
legten wir uns nachts vollkommen nackt zu zweit ins Bett, um die Betten nicht
ganz zu gebrauchen. Sie sollte aber auch hier Mittel haben, um die Läusevögel
zu vernichten. Ein Mann von meiner Gruppe war in der Nähe von einem ehemaligen
alten General einquartiert. Dieser Kamerad fühlte sich sehr unglücklich und
traute sich fast nicht zu rühren. Wir waren in Bonn acht Tage und es war das
erste Quartier, in dem man sich heimisch fühlte, im Ganzen (Gegensatz
dazu ?) fühlte man sich in der Pfalz direkt feindlich. Am letzten Tage
sangen eine größere Anzuahl, darunter auch ich, zu Ehren der Stadt und weil
wir so gut aufgenommen wurden, einige Lieder am Marktplatz vor einem Denkmal.
Die Honaratioren, sowie eine große Anzahl Offiziere und Mannschaften, darunter
auch unser Divisionär, General von Rauchenberg(er),
seine Frau wohnt in Hannover, waren anwesend. Der Oberbürgermeister von Bonn
spendierte ein Fass Bier für uns Landser und erwähnte in seiner Ansprache,
dass diese Truppe die erste sei, die eine ordentliche Disziplin gezeigt hätte.
Vor der Rheinbrücke paradierte die Truppe im Steckschritt nach Verlassen der
Stadt vor unserem General von Rauchenberger. Dieser hatte auf dem Pferde sitzend
beim Anmarsch der durch Verluste stark dezimierten Division den Stahlhelm auf.
Er nahm ihn ab und als wir verübermarschierten, riefen wir ihm zu „Hoch Vater
von Rauchenberger“. Soviel ich sehen konnte, liefen ihm die Tränen über die
Wangen. Als wir den Rhein passiert hatten, tauchten plötzlich einige
Rotgardisten auf, die zersetzend auf uns einsprechen wollten. Wir sollten schon
vorher, war es in Belgien oder in der Pfalz ?, den Soldatenrat bilden. Wir
lehnten dies ab, wir wollten mit unseren Offizieren, die bisher Leid und Freud
in schwierigsten Lagen mit uns teilten, nach Hause gehen. Dieses Versprechen
wurde von allen gehalten und (sind)
nachdem über Duisburg – Siegen marschierten und dort in Ortschaften verstreut
noch einige Tage Quartier bezogen. Ein(en)
Soldatenrat hatten wir auch nicht als wir dann in Siegen verladen und zu unseren
Garnisonen, die 13. nach Ingolstadt, kamen. Dort kamen wir erst nachts an, d.h.
unser Eintreffen war zur Nachtzeit verlegt. Vom Bahnhof Ingolstadt marschierten
wir geordnet zur Friedenskaserne. Am nächsten Tage erfuhren wir, dass MG bei
unserem Einzug von dem roten Soldatenrat aufgestellt waren, weil wir
vorausgemeldet, den Soldatenrat abgelehnt, und wahrscheinlich fürchteten sie
uns. Als diese Sache bekannt wurde, besetzten wir die Toreingänge der Kaserne.
Die mit der roten Armbinde versehenen roten Genossen, warfen wir hinaus. Diese
Aktion wurde nur von der Mannschaft durchgeführt. Die, bzw. unsere Offiziere
standen im Hofraum der Kaserne, beteiligen sich nicht, weder mit Rat noch Tat.
Nach drei Tagen mussten wir den Widerstand aufgeben, man schnitt uns die Zufuhr
von Lebensmitteln ab. Die damaligen roten Höchstkommandierenden hießen mit
Namen Roth, Niemayer und Schwarzmeier. Eines Tages kam Schwarzmeier in die
Kaserne. Ich hatte an diesem Tag UvD (Unteroffizier
vom Dienst). Ich ging von Zimmer zu Zimmer und bat die Kameraden die Zimmer
auszukehren, denn der Staub lag ja cm-hoch auf dem Boden. Schwarzmeier tat meine
Anordnung mit dem Hinweis ab, ich hätte hier nichts anzuschaffen. Ich fasste
Schwarzmeier darauf und gab ihm eine gehörige Ohrfeige. Schwarzmeier floh,
darauf und ich selbst wurde von Hauptmann Schmidt, bzw. Oberst Braun verräumt,
d.h. ich wurde erstmals zur Offizieresbibliothek versetzt und hatte dort die Bücher
zu erfassen und zu ordnen, die Gestelle wieder instand zu setzen, da alles am
Boden lag. Einzelne Bücher waren überhaupt nicht mehr vorhanden, d.h. auf
Grund des Inventarverzeichnis(ses)
nicht mehr vorzufinden. Eine Ausgabe von Büchern erfolgte nunmehr nur gegen
Unterschrift. Danach erhielt ich die Abwicklungskasse. Zuletzt hatte ich rund
200.000 Mark, die buchungs- und belegsmäßig von mir gegengezeichnet wurden.
Eines Abends ging ich wieder hinaus in die Stadt. Das vorhandene Geld, das in
einer am Boden angeschraubten verschließbaren Kassette von 60x40x40 cm
untergebracht war, nahm ich jedesmal heraus, zog die Vorhänge der beiden
Fenster zu und brachte dasselbe in einer runden Kartenkartonrolle, verschloss
diese und steckte die Kartonrolle in das obere Rohr des Kamins. Ich traute der
mit Anhängeschlössern vesehenen Kassette nicht, da bei
meiner Abwesenheit in mein, wenn auch verschlossenem Zimmer,
eingebrochen, bzw. auch die Kassette selbst erbrochen werden konnte. An einem
dieser Abende befand ich mich beim Bier in einer Wirtschaft in Ingolstadt. Ich
hatte eine nicht zu erklärende Unruhe und ging deshalb gegen 22 Uhr zur Kaserne
zurück und legte mich, nachdem ich das Geld wieder in die Kassette gebracht und
meine Tür innen mit dem Schlüssel verschlossen hatte, ins Bett. Nachts, es
kann 11 Uhr gewesen sein, hörte ich ein kratzendes Geräusch und ich merkte,
dass sich jemand an der Türe zu schaffen machte. Ich verließ nun mein Bett,
das aber dabei knarrte, nahm die Pistole vom Nachtkästchen und schlich zur Türe.
Das Geräusch war nicht mehr zu hören; als ich die Zimmertüre, nachdem ich
Licht eingeschaltet hatte, öffnen wollte, konnte ich den Schlüssel nicht
umdrehen. Im Schlosse steckte etwas und ich konnte damit auch nicht aus dem etwa
15 bis 20 qm großen Zimmer. Ich legte mich wieder nieder, horchte noch längere
Zeit, schlief aber dann wieder ein bis zum Morgen. Da ich aus dem Zimmer nicht
hinaus konnte, puschte ich gegen die Türe; es hörte mich schließlich erst
gegen neun Uhr jemand, da mein Zimme abseits lag. Mein Zimmer wurde erst durch
einen Schlosser geöffnet und es wurde festgestellt, dass jemand das Schloss mit
Bleistreifen öffnen wollte. Wahrscheinlich hatte mich der Täter abends
weggehen sehen, aber mit meiner Heimkehr nicht gerechnet.
Vom
Spieß erfuhr ich, dass aus der Bataillons-Kasse 30.000 Mark fehlten. Da ein
Scheiber früh nicht zum Dienst angetreten war, fiel der Verdacht auf diesen, er
konnte aber noch an der schweizerischen Grenze abgefangen werden. Nachdem der
von mir verwahrte Betrag von über 200.000 Mark sehr gefährlich werden konnte,
drang ich bei Oberst Braun durch, das Geld zur Ablieferung zu bringen. Nach Überprüfung
der Buch- und Kassenprüfung durch einen Wehrmachtsinspekteur, zahlte ich dann
das Geld beim Postamt Ingolstadt an die Abwicklungsstelle München ein. Zur Post
bekam ich zwei Soldaten mit Pistolen bewaffnet mit zur Sicherheit. Nun hatte ich
diese Sorge los und ich lieferte dann Buch- und Kassenführung nebst Belegen ab.
Oberst Braun, der mir ob der Fürsorge wohlgesonnen war, wollte mich nun auch
zum Soldatenrat einschleusen. Doch ich krachte schon im Saale des Rathauses mit
den roten Ganoven zusammen und ich wurde ziemlich unsanft aus dem Saale
hinausbefördert. Oberst Braun war zunächst ungehalten, verstand aber mein
Verhalten. Noch vor Weihnachten hatte ich die Wache am Donauufer neben der Brücke
zu besetzen, um das Lager, in welchem militärisches Inventar, etc.
untergebracht war, zu besetzen, bzw. neu aufzubauen. Das Wachlokal befand sich
in einem Zustande, den man lieber nicht beschreibt.
Neben
verlausten Strohsäcken und zwei bis drei Zentimeter Staubschicht auf dem Fußboden,
war nichts vorhanden, das an ein Wachlokal erinnerte. Bei meiner Ankunft waren
Rotgardisten vorhanden, die mehr als verwahrloste Ganoven waren. Ein Wachbuch
war nicht vorhanden und es konnte demnach eine ordnungsgemäße Übergabe, wie
wir es von früher gewohnt und befohlen war, nicht vorgenommen werden. Ich ließ
zunächst die verlausten Strohsäcke nach dem Hofe hinter dem Wachlokal bringen,
danach wurden die Holzpritschen und das ganze Lokal gründlich gefegt und gesäubert.
Vom Inventarlager ließ ich mir neue Strohsäcke und frisches Stroh gegen
Empfangsbestätigung geben und sonach das Wachlokal sauber in Ordnung gebracht
wurde. Auf Anordnung des Wachoffiziers wurde ein Wachbuch gekauft und angelegt.
Als es Abend war, befand sich das Wachlokal in Ordnung. Kurz vor Einbruch der
Dunkelheit kamen vom Anlegedock herauf Schiffer mit zweifelhaften Frauen unter
Klängen eines Akkordeons und wollten im Wachlokal ihr Domizil aufschlagen. Mit
den breitschächtigen (?) Schiffern gab es zunächst eine Kontroverse und da sie frech
wurden, traten meine Leute mit Gummiknüppeln vor. Unter Beschimpfungen verließen
sie dann unser Lokal. Ich verblieb mehrere Tage als Wachhabender auf dieser
Wache; die Mannschaft wurde jedoch immer abgelöst. Als ich auch nach etwa
sieben Tagen durch meinen Nachfolger, Gefreiter Michael abgelöst wurde, konnte
ich endlich an Urlaub denken und nach Hause fahren.
Bei
unserem Einmarsch am Bahnhof Ingolstadt traf ich auch meinen alten Freund
Zitzelsberger aus Niederbayern wieder, der mich brüderlich abdrückte. Er hatte
immer um mich Angst ausgestanden und als er seinerzeit verwundet abtransportiert
wurde, bat er mich dringend doch mehr auf mich zu sehen. Leider weiß ich heute
nichts mehr von ihm, er stammte aus einem großen Bauernhof unweit Deggendorf.
In
Ingolstadt ließ ich mir neue Schuhe machen und mit einem Diopter und anderen
Gegenständen verwahrte ich die im Schrank und sicherte diesen mit starkem Vorhängeschloss.
Am Tage vor dem Weihnachtsabend konnte ich von Ingolstadt heimfahren. Am
Bahnhofe wollten uns noch Rotgardisten kontrollieren, insbesondere
interessierten sie unser kleines Gepäck. Sie wollten uns nicht zu den Zügen
lassen, doch wir sprangen kurzerhand über die Sperre und fuhren mit dem Zug
Richtung Nürnberg. Unterwegs wurde die Lok defekt und wir standen mehrere
Stunden vor Nürnberg auf dem Gleise, bis schließlich eine Reservelok uns nach
Nürnberg brachte. Von Nürnberg stieg ich in den Zug nach Neunkirchen um, dort
kam ich etwa um 11 Uhr nachts an. Dort suchte ich zunächst nach Übernachtungsmöglichkeit,
da ein Zug nach Vilseck, bzw.Schlicht erst am anderen Tage abging. Es war
empflindlich kalt, alles war mit Soldaten überfüllt. In den Wartesälen lagen
die Heimkehrer dicht an dicht, sogar der Eingang war besetzt. Ein Bauer, der mit
einem etwa 11-jährigen Mädchen …. ,
nahm mich dann mit nach Schönlind und lud mich ein, bei ihm zu übernachten.
Ich ging mit, ließ mir dann von ihm ein Stück Brot geben und ging dann auf den
Schienen der nach Schlicht führenden Bahnstrecke weiter. Es war bitter kalt,
fing dann zu schneien an und plötzlich hörte ich von Vilseck, Schlicht, usw.
die Glocken der Mitternachtsmesse. Wehmütig ging es mir durch die Brust und
Sinn. Es kann nur der empfinden, dem Gleiches geschah und erlebte. Ich ging
weiter, verließ in Schlicht das Bahngleis und eilte mit müden Schritten auf
der Straße meiner väterlichen Behausung über Neuhaus, Grünwald und
Kittenberg zu. Am Eingang der Saloh, die Bezeichnung führte der dort(ige)
Wald, ruhte ich auf dem dort liegenden Ruhestein etwas aus. Es ist ein Stein von
1 ½ m Länge, ca. 60 cm hoch und breit. Dort wäre ich bald eingeschlafen, es
riss mich plötzlich wieder hoch und ich ging durch den ca. 30 cm hohen Schnee
weiter, kam dann durch unser schlafendes Pfarrdorf Haag und noch ca. 400 m; ich
war zuhause. Aujch hier war alles schlafen gegangen. Es war morgens Früh 4 Uhr
als ich an unsere Haustüre klopfte. Endlich hörte ich Stimmen, es war zunächst
meine Schwester Theres, die fragte, wer da sei. Auf meine Antwort öffnete sich
die Türe und ich wurde von ihr umhalst. Vater, Mutter sowie zwei weitere
Schwestern – Marie und Anna – kamen herbei, doch weiß ich heute noch nicht,
wie alles vor sich ging. Ich fiel auf das Kanapee und schlief sofort ein. Als
ich früh wieder erwachte, war ich ausgezogen und lag im Bett. Angeblich wäre
ich auf das Kanapee hingefallen und hätte sofort geschlafen. Natürlich blieben
meine Eltern und Geschwister auf, buken Kücheln. Jedenfalls war alles froh,
dass ich endlich heimgekommen war, zumal alle meine Kameraden, soweit sie nicht
in Gefangenschaft oder gefallen waren, bereits zuhause waren. Mit Vater ging ich
dann in die Weihnachtsmesse. Bei der Kirche traf ich bereits meine Kameraden,
die bereits längere Zeit zuhause waren. Bemerkenswert war, dass meine
Feldpostkarte, die ich bereits bei unserem Aufenthalt hinter Siegen an meine
Eltern (geschrieben hatte)
erst eintraf, als ich schon einige Tage zuhause war. Meine Eltern hatten
seit Mitte September 1918 alle Post, die an mich gerichtet war, mit dem Vermerk
„vemisst“ zurückerhalten. Sie waren daher in Sorge. Ein Rittmeister, der
mit einigen seiner Männer bei meinen Eltern einquartiert war, tröstete meine
Mutter. Wahrscheinlich wusste er, dass meine Einheit Nachhut, also die Letzten
waren, die aus Frankreich herauskamen. Meine Mutter erfuhr hierbei auch, dass
ich in Nesle am Grabe ihres Stiefbruders Josef Schreglmann gestanden habe. Natürlich
war sie traurig hierüber, sie war aber schon im Bilde, dass Josef, ihr Bruder,
gefallen war. In Siegen hatten wir mit preußischen Kameraden eine harte
Kontroverse; es kam zur Schlägerei, obwohl sie in Übermacht waren, mussten sie
Fersengeld geben, denn die Stuhlbeine vertrugen ihre Schädel nicht.
Leidtragender war zuletzt der Wirt, dessen Einrichtung ging meist in Trümmer.
Nach der Keilerei verschwanden wir, da Polizei in Anmarsch gemeldet wurde. Am nächsten
Tag war nämlich beim Appell die Nachfrage, wer nach Siegen hineingefahren wäre.
Niemand meldete sich. Nach dem Appell ließ mich der Kompanieführer zu sich
rufen, denn er kannte uns ja genau. Tatsächlich fragte er ich danach; da ich
schmunzelte, wusste er Bescheid. Er fragte nur noch, ob wir Prügel bezogen hätten.
Dies konnte ich glatt verneinen. Er musste selbst grinsen als ich den Hergang
erzählte und sagte nur, wenn wir aufkämen, er könne uns nicht schützen,
raten würde er uns, den Wirt zu entschädigen, da dieser einen ziemlichen
Schaden hätte. An einem der folgenden Tage fuhr ich dann nach Siegen und übergab
dem Wirt – ich glaube rund 200 Mark. Ich hatte die Achselklappen eingerollt,
ging als einfacher Soldat und verschwand sogleich wieder, um nicht angehalten zu
werden. Mit diesem Geld konnte er seine Möbel instand setzen lassen. Schon
einmal kam ich mit anderen in Bedrängnis und zwar in Gran-Feil,
als wir ein Wildschwein schossen und die Feldgendarmerie Nachforschungen
anstellte. Danach wurden sämtliche Feldküchen und Kochgeschirre zu den
Mahlzeiten kontrolliert und doch bekam unser Kompanieführer von diesem Schwein
ein Stück Leber, Herz und ein Stück Fleisch vorgesetzt. Darüber nicht nur
erstaunt, ließ er den Küchenoffizier kommen und danach mich, da ersterer keine
Auskunft geben konnte. Als ich in seine Unterkunft eintrat, fragte er mich
sofort, d.h. er sagte mirauf den Kopf zu, dass ich das Schwein geschossen hätte.
Ich verneinte dies zuerst, gab aber dann zu, was und wie alles vorgefallen war.
Er schüttelte nur seinen Kopf, aber verraten hat er uns nicht, er war ja einer
von den Unseren.
Nach
meinem Urlaub fuhr ich wieder nach Ingolstadt zurück. Leider bekam ich Grippe
und als ich zurückfuhr, hatte ich ziemlich Fieber. In Regensburg stieg ich aus
und überbrachte meinem Großonkel Eier, Butter, etc., da er ja aufgrund der
Lebensmittelkarte nicht leben konnte. Mit mir stiegen auch zwei Gendarmen, die
die Kontrolle ausübten, ein; sie ließen mich aber unkontrolliert durch die
Sperre. Mein Großonkel, gleichen Namens wie ich, schleppte mich damals in
sieben Kirchen, erst als ich sagte, es ginge nicht mehr, ging ich nach seiner
Wohnung mit zurück. Ich legte mich etwas nieder, zu Essen brauchte ich nichts,
mir war ganz elend uns abends fuhr ich nach Ingolstadt. Kurz vor zwölf, bzw. 24
Uhr, kam ich in die Kaserne. Kurz beim Eingang traf ich einen Kameraden, der
soeben aus der Kantine kam. Dieser holte für mich einen Liter Bier. Dieses
trank ich so heiß wie möglich und legte mich in die Klappe. Durch die Wirkung
des Bieres lief mir der Schweiß am ganzen Körper, dass alles nass wurde. Am
Morgen wachte ich auf, die Grippe war verschwunden; es war eine Rosskur, aber
sie half.
Als
in München der rote Mob eine Anzahl Geiseln erschießen ließ, wurden wir von
unseren Offizieren aufgerufen als Freiwillige mit nach München zu fahren. Es
waren etwa 3-400 Mann, darunter naseweis auch ich, und wir marschierten unter
dem Lied „Deutschland hoch in Ehren“ zum Bahnhofe Ingolstadt. Ein Abruf
sollte uns dort erreichen. Nach mehreren Stunden Wartezeit ging es wieder zurück
in die Kaserne, beide Male wurden wir von der Bevölkerung beschimpft.
Ingolstadt war bis auf einen kleinen Kreis mehr als rot; d.h. kommunistisch.
Nachdem mir der ganze Saftladen nicht gefiel, es kam auch zu Zusammenstößen
mit den Pionieren – sie war(en) ganz
links -, forderte ich meine Entlassung. Oberst Braun wollte mich unbedingt
halten, doch ich hatte dir fortwährende Hetze satt und so erhielt ich schließlich
auch den Abschied. Dieser ganze Zauber der Kommune hätten wir damals weggefegt,
soferne ein Offizier die Führung übernommen hätte. Und so mussten erst
unschuldige Menschen sterben, bis dann schließlich Freikorps Epp sowie die (?)
von Oberland dem ganzen Spuk ein Ende bereitete. Eisner wurde ermordet, Auer am
21.2.1919; erst dann kam endlich etwas Ruhe.
Mein
Vater betrieb 1919 immer noch mit dem Altgesellen Michl Kraus (Schustermichl)
das Zimmereigeschäft. Als ich heimkam, begann ich mich erst wieder in die
Gesellschaft einzuleben, wurde aber bald krank, die erlittene Gasvergiftung
machte mir schwer zu schaffen, am ganzen Körper schälte sich die Haut ab, ich
hatte überhaupt keinen Stuhlgang und zuletzt musste ich zwei Stöcke nehmen, um
mich fortzubewegen. Da mir weder der Arzt noch jemand anderer helfen konnte,
nahm ich in jede Hand einen Stock und besuchte die Gastwirtschaft Stümpfl
(Vetter) in Haag und verlangte dort ein Glas Bier. Die 4-500 m von meinem
Elternhause bis zur Gastwirtschaft legte ich mühsam zurück. Als ich ims
Gastzimmer kam, verweigerte mir Vetter Stümpfl die Abgabe von Bier. Er wollte,
dass ich wieder nachhaue gehen sollte, da mein ganzes Aussehen ihm bedenklich
vorkam. Meine Eltern wussten vom Besuch der Wirtschaft nichts. Auf mein Betteln
stellte er mir schließlich doch Bier vor und ich trank anschließend weitere
zwei Gläser und es schmeckte mir auch. Anschließend ging ich nachhause. Dieses
Bier war schließlich meine Rettung, doch die Folgerung war furchtbar. Es ging
vorne und hinten los und meine Mutter musste mich waschen wie ein Baby. Nach ein
paar Tagen brauchte ich keinen Stock mehr, ich konnte mich wieder frei bewegen.
Nachdem
ich mehrere Tage nach meiner Rückkehr gefeiert hatte, ging es wieder an die
Arbeit. Nachdem in Grafenwöhr Leute zur Fütterung von Pferden, d.h. Militärpferden
gesucht wurden, meldete ich mich im Büro des bayerischen Abgeordneten
„Ganghofer“. Bis zur Auflösung des Lagers fütterte ich mit (anderen)
Pferde und Maulesel von denen manche sehr störrisch waren. Ein Apfelpferd hatte
nur ein Auge. Jedesmal schlug es hinten und vorne aus, es biss wie ein Hund und
ich musste sehr auf der Hut sein, bis ich dessen Vertrauen, zuerst mit Gr …
und Zucker gewann. Ganghofer, der einmal die Ställe besichtigte wurde von
meinem Apfelschimmel hinausgefeuert und er flog auf die andere Seite unter die
Maulesel, die ebenfalls dabei Unruhe stifteten. Ich hatte Ganghofer zuvor
gewarnt, doch beanchtete er dies nicht. Nach und nach wurden die Pferde
versteigert. Auch meinen Apfelschimmel musste ich vorführen und da er den
Veterinär zusamménschlug, schoss er den Hengst nieder. Ich hätte 50 Mark
gerne dafür gegeben, meistens wurden für jedes Pferd nur etwas mehr – höchstens
200 Mark gegeben. Den Apfelschimmel wollte niemand, da er vollkommen verdorben
war.
Nachdem
diese Tätigkeit zu Ende ging, fing ich bei einer Frankfurter Firma, die im
sogenannten Geisterwald bei Bernreuth-Hannesrieth nach Erz suchte, an. Da ich
Zimmermann war, wurde ich zum Teil als Schachtzimmermann und auch zur Sprengung
verwendet. Hier wäre ich bald verunglückt. Im Bohrloch blieb der Bohrer –
etwa 10.000 Mark wert – stecken, er blieb am Gestänge nicht mehr hängen. Es
wurde das Sprengloch mit Dynamit geladen und man glaubte, dadurch zu dem
Bohrteil heranzukommen. Nach der Sprengung wurde der Schacht von ca. 20 m Tiefe
nicht begangen. Nach 24 Stunden ersuchte mich der leitende Oberingenieur in den
Schacht einzusteigen um das Bohrloch zu beurteilen zu können. Ich stieg auf der
Leiter hinunter und als ich mit der brennenden Grubenlampe dem Bohrloche - ca.20
cm breit – näher kam, explodierte das angeräucherte Gas und es schoss eine
haushohe Stichflamme hoch über den Schacht hinaus. Mich selbst erwischte die
Flamme im Gesichte. Ich wurde an die Wand des Schachtes geschleudert und am
Gesichte hingen mir die verbrannten Hautfetzen herunter. Bis das im Bohrloch
befindliche Gas verbrannt war, dauerte es mindestens zehn Minuten. Die
Stichflamme brüllte wie ein Donnergrollen. Man glaubte, dass ich tot im Schacht
läge, niemand gab mir eine Chance und als ich endlich den Schacht über die
Leiter verließ, atmeten alle Arbeitskollegen auf. Der Oberingenieur und der
Schachtmeister waren bleich, denn sie hatten nicht mit dem Gas durch die
Sprengung noch nach 24 Stunden gerechnet, obwohl ich sie aufmerksam gemacht
hatte, dass die Sprengstelle erst nach 36 Stunden nach den Vorschriften betreten
werden dürfe. Hätte ich die brennende Grubenlampe nicht bei mir getragen, wäre
ich erstickt; wäre ich bei der Explosion über das Bohrloch gefallen, wäre ich
restlos verbrannt. Der leitende Oberingenieu brachte mich mit seinem Pks sofort
zum Arzt nach Königstein. Dort wurde ich verbunden, nahdem mein Gesicht
ziemlich gelitten hatte. Nur mit den Augen und Mund und Nase war ich noch zu
erkennen. Der Oberingenieur beschwor mich, den Vorfall nicht der Polizei zu
melden, er gab mir 500 Mark Schmerzensgeld, denn bei Bekanntwerden des Unfalles
wäre er sehr schwer bestraft worden, da er die Vorschriften außer acht ließ
und zudem mich zum Einsteigen in den vergasten (Stollen)
befahl. Das Gas, welches (sich) durch
diese Sprengung entwickelt hatte, wäre auch nach 36 Stunden nicht abgezogen, da
der Schacht 2 x 2 m Lichte (?) und ca. 20 m Tiefe niht abziehen konnte, da ein
Abzug, wie in einem Bergwerk, nicht eintreten konnte. Nach einiger Zeit ging
auch dieses Unternehmen, d.h. die Suche von Manganerzt, durch die Frankfurter
Firma zuende. Es wurde noch ein weiterer Schacht durch das vorherrschende
Dolomitgestein getrieben, da die Wünschlrute heftige Ausschläge an eiem
bestimmten Ort, vom Standort ca. 100 m entfernt, machte. Bei der Bohrung kamen
wir auf eine große Wasserader. Es rauschte in der Tiefe, als wenn ein starker
Bach in etwa 30 m Tiefe fließen würde. Beim Durchstoß der Gesteinsdecke drang
sehr viel Wasser in den Schacht. Später wurde er geräumt, das Bohrgestänge
herausgenommen und am Bohrloch konnte man sehr laut
das unten fließende Wasser rauschen hören. An dieser Stelle hatte ich
selbst die Öffnung des Schachtes mit dem Oberingenieur bestimmt. Hierbei ergab
sich, dass die Silberstahlrute bei mir ausschlug und seit dieser Zeit suche ich
mit Erfolg Wasser. Wenn ich auch nicht auf einen Meter die Tiefe vom Wasser
angeben konnte, es war jedoch immer da. Soweit wurden von mir später eine Menge
Brunnen erschlossen. Die Angabe des Landeskriminalamtes in Ludwigsburg, bei
welchem ein höherer Kriminalbeamter die Wünscherute als Betrug qualifizierte,
darf nicht un(wider)sprochen bleiben.
Es gibt Geologen, es gibt tüchtige Kriminalisten, die theoretisch ihr Werk
verstehen aber sie irrten schon oft
und zwar auf beiden Gebieten. Ich könnte dies auf Grund meiner
Lebenserfahrungen ohne weiteres widerlegen. Siehe Wiesau-Schönhaid. In beiden Fällen
irrte sich der Geologieprofessor von München und es war erstaunlich, als
ich in diesen beiden Fällen das Gegenteil nachwies.
Nachdem
(es) nun, wie schon gesagt, die
Arbeitsstelle nicht mehr gab, nahm ich in Grafenwöhr bei der Firma Dickerhoff
und Wittmann, Nürnberg, Arbeit als Zimmermann auf. Es wurde dort die große Gäranlage
(Kläranlage?) für das Militärlager
Grafenwöhr gebaut. Ich wurde zunächst mit einem älteren Zimmermann beim
Formenherstellen der einzelnen Teile am großen Reißbrett beschäftigt; von
Zeit zu Zeit auch beim Einsetzen der Teile in den Ablauf der Gärwassergräben,
und zuletzt hatte ich die Schächte im Bereiche der Kasernen herzustellen und
zwar im Akkord. Der leitende Oberingenieur gab mir diese Arbeit auch deswegen,
weil ich sein Vertrauen auf zuverlässige Arbeit hatte, ferner ich nicht
gewerkschaftlich orientiert war und ich mich auch nicht am Streik beteiligte.
Zunächst konnte ich mir einen solchen Auffangschacht im Tagelohn fertigen (?);
dazu konnte ich mir einen Zimmermann aussuchen. Ich bot diese Arbeit den mir
bekannten Zimmermann Hohl an, schilderte ihm den Sachverhalt und damit war alles
intakt. Es waren ca. 20 große Schächte – drei Meter im Kreis – mit allem
Drum und Dran – bis zur Betonierung stabil ein- und auszuschalen. Dabei durfte
auch nicht der Deckel und der Einstieg vergessen werden. Die von uns beiden
aufgestellte Akkordsumme je Schacht wurde von der Firma noch etwas erhöht. Hohl
und ich verdienten in den nächsten Wochen das Doppelte an den sonst bezahlten Löhnen,
doch wir waren auch nicht untätig. Von 7 Uhr früh bis 7 Uhr abends gaben wir
unser Bestes, kaum dass wir mittags mehr als ½ Stunde machten, Pause gab es
fast gar nicht. Aber auch diese Arbeit hatte einmal ein Ende und die Firma
Dickerhoff und Wittmann baute ab. Der leitende Ingenieur sowie die Vorarbeiter
der Firma boten mir die Fortsetzung beim Stammpersonal an und sollte ich mit der
Firma zum Schiffbau auf den Rhein. Ich lehnte das nach Rücksprache mit meinen
Eltern ab, besonders meine Mutter war sehr dagegen. Am Rhein waren die Franzosen
und sie war dadurch ängstlich.
Unser
Haus zu Bergfried wurde nunmehr aufgestockt und im Übrigen arbeitete ich
wieder bei meinem Vater, doch es war wenig verdient und auch mit der
Arbeit ging es ganz langsam. Nachdem sich einige Bekannte bei der Landespolizei
meldeten, wandte ich mich ohne Wissen meiner Eltern an die Erfassungsstelle Nürnberg
unter Vorlage des Lebenslaufs und unter Ausfüllung eines Anwerbeformulars. Ich
wurde sodann am 17. Juni 1921 nach Nürnberg vorgeladen. Mein Vater war dagegen,
gab mir auch kein Geld und so fuhr ich mit etwa zwei bis drei Mark mit der Bahn
nach Nürnberg und unterwarf mich einem mündlichen Prüfungsverfahren. Es war
eine ganze Anzahl von Bewerbern, doch war die Auswahl ziemlich streng. Ich wurde
angenommen und blieb gleich dort. Heimfahren konnte ich auch nicht, da mir das
Geld hierzu fehlte. Ich wude mit anderen der 1. Hundertschaft der
Kulturfeldkaserne zugeteilt. Als ich dort die Wache betrat, traf ich Schraml,
der im Felde in meiner Gruppe sich befand. Damals war er wie ich Gefreiter, doch
war er mir unterstellt. Ich begrüßte ihn, der inzwischen zum Wachtmeister
infolge seines Alters aufgerückt war (nach dem Kriege wurden die Kameraden,
welche ab sechs Jahre beim Militär waren und auch noch nach dem Rückzug beim
Militär blieben, sofort zu Sergeanten befördert). Ich begrüßte Schraml als
alten Kameraden, ohne mir etwas zu vergeben, mit „per Du“; doch ich hatte
falsch gerechnet. Schraml, der nun mein Vorgesetzter war, stellte dies gleich
richtig und verwies mich darauf, dass hier „per Sie“ gesprochen würde. Ich
war bedient, war doch Schraml derjenige, der an der Front immer um einen Posten
bat, wo es angeblich nicht gefährlich war. Ich kam dann auf Zimmer 69 und traf
dort Neumüller aus Auerbach, der mit mir seinerzeit im November 1916 nach
Grafenwöhr mit einberufen wurde. Nun hatte ich Tuchfühlung. Nachdem ich und
alle jene, die zur 1. Hundertschaft kamen, eingekleidet waren, wurden wir auf
Probe eingestellt. Zunächst wurden wir beim Appell dem Hundertschaftsführer
Hauptmann Kurz vorgestellt und über die Dienstvorschriften unterrichtet.
Oberwachtmeister Freiberger war Zugführer. Als Spieß war … vorhanden, außer
Schraml, waren Buchta, ein Bruder des Sergeanten, bzw. späteren Vizefeldwebels,
den ich nach dem Einmarsch in Ingolstadt wieder traf, sowie d(en)
Wachtmeister Opel, etc. bei der
Hundertschaft. Eines Tages rückten wir unter anderem nach Rainhof
zum Exerzieren aus. Der Neuzugang, es waren 26 Mann, sollte hier erst besonders
in Ausbildung kommen. Kurz nachdem wir auf dem Exerzierplatz Heimhof (?)
eingetroffen waren, kam Leutnant Hartmann mit Rad abgefahren. Nachdem er die
Meldung, etc. durch Oberwachtmeister Freiberger entgegengenommen, schritt er bei
dem Neuzugang die Front ab. Hierbei blieb er bei mir stehen und sagte „wir
kennen uns doch“. Ich gab dies zu und zur besseren Kenntnis sagte ich, ja bei
der 8. Kompanie, 14. Bayerisches Infanterie Regiment. Er gab mir die Hand und
versetzte mich sofort zur alten Mannschaft. Ich brauchte somit die
Ausbildungszeit mit den Neuzugang nicht mitmachen. Bei der Pause ließ mich
Freiberger, nachdem Leutnant Hartmann wieder abgefahren (war),
zu sich rufen. Er war nämlich erstaunt über meine Bevorzugung. Als ich
ihm erklärte, dass Leutnant Hartmann damals noch Fahnenjunker im Felde mir
zugeteilt war, und zwar zur Einweisung, da sagte er mir, dass ich Glück hätte.
Freiberger sowie auch die anderen Wachtmeister waren wahrscheinlich auch dadurch
berührt und ich hatte sozusagen einen Stein im Brett. Beim Scharfschießen war
ich mit an der Spitze. Leutnant Hartmann, der meist immer zum Scharschießen
erschien, fragte mich einmal, ob mein Karabiner gut gehe. Ich erwiderte, dass
mein Karabiner gut sei. Daruf nahm er ihn und gab fünf Schuss auf die 150 m
entfernte Scheibe stehend freihändig ab. Dies war die Übung. Da ich noch nicht
geschossen hatte, er hatte ein sehr gutes Ergebnis, erklärte er, dass ich fünf
Mark verdienen könnte, wenn ich ihn übertreffe. Da er 5 Mark auf den Anschießtisch
legte, legte ich 5 Mark dagegen, strich aber das Geld gleich ein. Ich schoss
auch gleich und hatte noch ein besseres Ergebnis, zudem ein Platerl, geschossen.
Leutnant Hartmann lachte und gratulierte mir zum Schussergebnis. In der
Zwischenzeit wurde ich zum Schießbaukommando Nennhof abgeordnet. Als ich nach
14 Tagen wieder zur Hundertschaft zurück …. (?)
Früh
wurde ich geweckt und wurde zur schriftlichen und mündlichen Prüfung, Beginn 8
Uhr, bestellt. Da stellte sich heraus, dass von der Kanzlei vergessen wurde, mir
die Bücher zu geben, die zur Prüfung notwendig wäre(n). Da ich jedoch beim Abschnitt gemeldet (war), musste ich trotzdem mitmachen, obwohl mir die
Polizeivorschriften unbekannt waren. Schriftlich ging es einigermaßen, obwohl
ich die beiden Bücher erst (jetzt)erhalten
hatte. Mündlich dagegen konnte ich kene Frage bei Oberstleutnant Bach, der für
den Abschnitt zuständig war, beantworten. Auf seine Frage, warum ich nichts
wisse, erklärte ich ihm den Sachverhalt. Er erkundigte sich sofort bei der
Hundertschaft und darauf bekam ich eine Frist zur Wiederholung nach 14 Tagen.
Alle die vorerst die Prüfung nicht bestanden, wurden wieder entlassen. Nach 14
Tagen wiederholte ich die Prüfung schriftlich, von der mündlichen (wurde)
ich auf Grund des schriftlichen Ergebnis(ses)
als Einziger befreit. Hautpmann Kurz gratulierte. In folgender Zeit widmete ich
(mich) dem Sport, Langlauf, Hoch- und Weitsprung, sowie Fußball.
Nach etwa 1 ½ Jahren meldete ich mich zur Gendarmerie. Ich hatte bereits nach
einem halbjährigen Lehrgang im Allgemeinwissen, usw. hinter mir. Ich erziehlte
durchwegs sehr gute Noten im Rechnen, Geografie, Geschichte, usw.; hier immer
die Note 1. Obermeister König (Kanonenkönig genannt), war sonst in allen
Aufgaben gut, im Rechnen fehlte ihm jeder Ansatz. Da ich meine Prüfungsarbeit
vorzeitig hiter mir hatte, bearbeitete ich auch seine Rechnungsaufgabe; er hatte
so ziemlich die gleiche Schrift und er bekam hierbei auch die Note 1, obwohl der
Elementarlehrer mit einem Auge sehr zweifelte. Später hat König selbst dem
Lehrer zugegeben, dass ich ihm wensentlich geholfen hätte. König war mir sehr
dankbar, für ihn war die Prüfung für seine Anstellung im Staatsdienst sehr
wichtig. Mein Gesuch zur Gendarmerie gab mir Hauptmann Kurz eigenhändig zurück;
ich sollte bei der Hundertschaft bleiben. Später meldete (ich)
mich zu dem Polizeivorkurs in Eichstädt. Während des Kuses wurden wieder Schüler
für Gendarmerie und Polizei gesucht. Mein Gesuch kam durch, da Hauptmann Kurz
seinerzeit in Urlaub war. Oberleutnant Wolz, der die Vertretung hatte, gab es
eben weiter. Da uch Hauptmann Sagerer, der Kursleiter, mich günstig beurteilte,
wurde ich während des Kurses nach Ansbach zur Gendarmerie-Abteilung zur
Aufnahmeprüfung abgeordnet. Es meldeten sich seinerzeit über 1.000 Bewerber,
teils zur Gendarmerie, teils zur Schutzpolizei. Etwas über 100 Anwärter wuden
gebraucht. Die Auslese war sehr streng. Ich und nein Kameraden hatten zusammen
an drei folgenden Tagen die Eignungsprüfung. Von diesen zehn wurde ich als
Einziger genommen, doch davon erfuhr ich erst später. Nach Abschluss des
Vorkurses war ich von rund 300 Kursteilnehmern der Siebtbeste. Als ich
nach Nürnberg zurückkam, wurde ich mit Anderen dem Polizeioberst Reis
auf der Burg vorgestellt. Die jeweiligen Hundertschaftsführer waren abei. Ich
erhielt als Geschenk das Buch „Das eiserne Jahr“. Mein Hauptmann würdigte
mein Abschneiden nicht, während alle Anderen von ihren Hauptmännern gratuliert
wurden. Es war dies auffallend, warum, wusste ich nicht. Ich machte wieder
Dienst bei der Truppe. Als ich einmal als Meldefahrer bei der Wache eingeteilt
war, rief mich der dort(ige)
Oberwachtmeister in die Kanzlei und teilte mir mit, dass ich die Aufnahmeprüfung
bestanden hätte. Ich glaubte es zunächst nicht, da die mit mir Geprüften körperlich
stärker waren, doch waren diese tatsächlich durch. Es wurde mir empfohlen,
dies geheim zu halten, damit er – der Mitteiler – keine Schwierigkeiten bekäme.
Auf
der Burg hatten wir auch die Wache zu stellen und im Übrigen auch Hilfsdienst
bei der Schutzpolizei in Nürnberg, ferner Einsatz bei Waldbränden und
Forstfrevel. (Im) Herbst 1923 war ich
wieder beim Aufbau- und Gefechtsschießen abgestellt. Als ich zurückkam, hatte
ich frei, und ich wollte soeben von der Kaserne in die Stadt gehen. Beim
Verlassen der Kaserne wurde ich vom Spieß …. ? (später Arnold) zurückgerufen
und mir mitgeteilt, dass ich heute noch nach München als Vorkommando der
Gendarmerieschule abfahren müsse. Ich musste sofort meine Sachen packen, soweit
sie nicht nach Hause kamen, nahm ich das Übrige als Gepäck nach München mit.
Übernachtung war in der Türkenkaserne bestimmt, am anderen Tage hate ich mich
mit anderen in der Gendarmerieschule zu melden. Bevor ich nach Nennhof zum
Gefechtsschießen abkommandiert wurde, hatten wir, wie so oft, Übungsschießen
auf den Schießständen. Ich schoss damals die vom Abschnitt gestellte etwas 50
cm große Scheibe heraus. Ich hatte damals den Furier zu vertreten und kam erst
später zum Schießplatz. In der Kantine trank ich einige Schnäpse, denn in der
Hitze war ich it dem Fahrrad nach ….. (?)
Als ich dann zum Schießstand vorkam, sagte man mir, dass der beste Schütze ein
Wachtmeister der 2. Hundertschaft
sei. Es durften von jeder Hundertschaft nur die besten drei Schützen auf diese
Scheibe einen Schuss abgeben. Als ich zum Schuss kam, setzte ich nochmals den
Karabiner ab, da mir die Augen tränten. Ich sah gerade noch, dass der beste Schütze,
der Wachtmeister von der 2. Hundertschaft, hämisch lachte. Ich biss die Zähne
zusammen und nach kurzem Ziel gab ich den Schuss ab. Draußen an der
Scheibendeckung kam zweimal das Ankündigungszeichen für den 12-er heraus und
gleichzeitig hörte man nach Einzug der Scheibe einen Juhu-Schrei. Ich war der
Letzte, der auf die Scheibe schießen durfte und hatte zudem den besten Schuss
abgegeben. Die Scheibe gehörte also mir. Von meinen Hundertschaftsangehörigen
wurde ich zunächst bejubelt. Inzwischen war nun Hauptmann Kurz eingetroffen.
Ich meldete mich strahlend bei ihm als Scheibenbester. Er hörte dies ruhig an,
wies mich an, Karabiner und Scheibe, die später der Hundertschaft von mir
zugeeignet wurde, abzustellen und ihm zu folgen. Als wir vom Schießstand etwa
50 m entfernt waren, blieb er stehen und nannte mich (einen) Feigling. Ich war zurück und rief zurück „Herr
Hauptmann“. Darauf sagte er wörtlich, jawohl, Sie sind ein Feigling, ich hätte
(mich) hinter seinem Rücken, während
er im Urlaub gewesen, zur Gendarmerie gemeldet. Auf meine Erwiderung, ich wusste
ja nicht, ob ich wegkomme, sagte Hautpmann Kurz, das wüsste er bereits. Er habe
mich deswegen auch nicht wegen meines Abschneidens in Eichstädt beglückwünscht
und bat mich zugleich, meine Meldung wieder zurückzunehmen, die Guten gingen
und die Deppen blieben bei der Hundertschaft. Ich konnte ihm dies nicht
versprechen, denn ich wollte endlich einen Beruf. Obwohl er mir versprach, dass
ich befördert und zwar Letztere nachholen (?),
bzw. wäre ich in kurzer Zeit Wachmeister, blieb
ich von, bzw. bei meiner Stellungnahme. Hätte ich gewusst, was in der
Folgezeit und späterer Zeit auf mich zukomme, hätte ich mich vielleicht anders
entschieden. Aber wer kann seinem Schicksal ausweichen. Hauptmann Kurz kommt
auch noch mehrmals ins Gespräch, doch dies
an anderer Stelle.
In
München kam ich seinerzeit (etwa 22.9.18 – es
müsste 1923 heißen!) nachts
gegen 21 Uhr an. Beim Verlassen des Bahnhofs fragte ich nach der Türkenkaserne.
Als ich unweit des Glaspalastes wiederum nach der Kaserne fragte, lachten sie
mich aus, weil sie meinten, ich veräppele sie. Als ich dann wieder einen
Passanten fragte, erwiderte er, Na, Sie stehen ja vor der Türkenkaserne, bzw.
Straße. Ich bedankte mich für die Auskunft und gab dabei an, ich sei ja erst
das erste Mal hier in München und es sei doch dunkel. Da verstand dies auch der
Passant und alsbald hatte ich die Kaserne gefunden, woselbst ich übernachtete.
An der Kaserne hatten sich noch zwei Kameraden eingefunden. Am anderen Tage früh
gingen wir früh zur
Gendarmerie-Schule und meldeten uns dort. Ich wurde von dem Gendarmerie-Sekretär
Dürnberger zum ersten Saal geleitet, während die Anderen die anderen Säle zu
übernehmen hatten. Es wurde mir gesagt, dass ich beim Verlassen des Saales
immer abzusperren hätte. Dann war ich allein. Da ich Brot brauchte, verließ
ich den Saal und eilte über die Straße, kaufte im gegenüber liegenden Bäckerladen
ein Brot und ging zurück. Ich war höchtens drei Minuten aus. Als ich in den
Saal wollte war dieser abgesperrt und der Schlüssel abgezogen. Über den Gang
vorgehend kam mir Dürnberger entgegen, stellte mich zur Rede und gab mir,
obwohl ich keine Widerrrede oder Ausrede gebrauchte, verletztend zu verstehen,
wenn es mir nicht passt; hier habe
der Zimmermann das Loch gelassen. Dürnberger hatte also aufgepasst, als ich den
Saal verließ, ja vielleicht vorausgesehen. Es hätte ja ein Fremder nie in das
Gebäude gekonnt. Dieser erste Eindruck traf mich tief, ich saß einige Zeit auf
der Klappe und dann packte ich meine Sachen in den Koffer, um wieder nach Nürnberg
zurückzufahren. Als ich fertig war, kam wieder ein Mann zur Türe herein,
stellte sich als Sekretär Scheizenhammer vor und da er sah, dass ich gehen
wollte, redete er mir zu, zu bleiben, erklärte, dass Dürnberger das gar nichts
angehe, es sei sein Saal, fragte mich, ob ich im Krieg gewesen, ob ich
Auszeichnungen habe, usw. Ich bejahte alles und erwiderte, mir sei so eine Sache
noch nie widerfahren. Jedenfalls war ich so verletzt und wenn mir Scheizenhammer
nicht so zugeredet hätte, wäre ich wieder zu meiner Hundertschaft zurück. Dürnberger
sah ich bis zu Beginn der Schule nicht wieder. Am nächsten Tage hatten wir Aufhängeleisten
mit Haken zu versehen, die ich, da mein Beruf ausschlaggebend war, in der Länge
maß und die Stellen, wo die Haken eingeschraubt werden sollten, anriss. Als ich
gelegentlich in den 1. Schulsaal kam, richtete ein Mann die an der Wand
befindliche Uhr. Ich glaubte einen Uhrmacher vor mir zu haben und als ich
fragte, ob die Uhr defekt sei, wandte sich der sogenannte Uhrmacher um, er hatte
einen passablen Schnurrbart und frage mich nach meinem Namen. Explosiv (Impulsiv?)
nahm ich die Hacken zusammen. Er erwiderte, dann komme ich zu ihm in den Saal
und er sei Obersekretär Hartmann. Ich entschuldigte mich, doch so schnell hat
bestimmt noch niemand die Türe hinter sich zugemacht. Wie mochte Hartmann
gegrinst haben? Tatsächlich kam ich in dessen Schulsaal; am 1.10.1923
kamen alle
Schüler
an und konnte nun der Unterricht beginnen. Obesekretär Hartmann war ein
gewissenhafter und sehr lehrender Beamter, der aber auch von uns das Letzte
herausholte. Jedenfalls kamen wir gut in Schwung, die ganzen Gesetze mussten
auswendig gelernt (werden). Ein
Kamerad schaffte dies nicht und wurde wieder entlassen. Bemerkenswert war, dass
er mich einmal zur Rede stellte, als ich bei einer Lernstunde mit anderen etwas
lustig wurde. Vom Klassenältesten Fries, d.h. (nach) dem Namenskatalog als Erster aufgeführt, wurde ich verpetzt.
Als dann mittags alles cen Saal verließ, musste ich nun seine Ansicht anhören
und zuletzt gab er mir den Rat, während der Unterrichtsstunden mich sachlich zu
verhalten. Nachmittags um 14 Uhr kam dann Obersekretär Hartmann auf das Gebiet
„Denunziant“ zu sprechen nd es war deutlich zu verstehen, dass er
Klatschereien und Denunziation von und unter Kameraden verurteilte. Am 9.11.1923
bekam ich durch Oberst Stepf, dem Leiter der Gendarmerie-Schule, (den Auftrag) bei der Gendarmerie-Direktion Befehle abzuholen.
Hierbei kam ich auf dem Hin- und Rückweg über den Odeonsplatz. Die Direktion,
vertreten durch Oberstleutnant Ranner, befand sich in der Theatinerstraße. Bei
Empfang wurde mir mitgeteilt, dass unter den Befehlen Gemeinbefehle seinen und
ich hätte besonders darauf zu achten. Als ich den Odeonsplatz überquerte
befanden sich sehr viele Menschen, besonders in den einmündenden Straßen, die
ich zur Türkenkaserne begehen musste. Inzwischen knallten hinter mir bereits
Schüsse. Ich konnte mich nicht weiter orientieren, da ich die Befehle bei mir
hatte. In vorhergehender Nacht gab es im Bürgerbräukeller den Zwischenfall mit
Hitler und der Regierung. Doch hiervon wussten wir nichts. In der Frühe des
9.11.1923 sahen wir nur Autos mit Hitlergarden und dazwischen auch solche mit
Polizei. Die Ursache wurde erst bekannt, nach
den ersten folgenden Tagen. Von meinem Schulsaal war Kamerad Landsberger und im
3. Schulsaal ebenfalls ein Kamerad bei der Schießerei ims Leben gekommen. Die
Einsatztruppe der Landespolizei-Beamten
führte damals Freiherr von Godin. Nach Beendigung des 1000-Jährigen Reiches
wurde er Präsident der Landpolizei. Von Godin musste seinerzeit in die Schweiz
flüchten, als Hitler die Macht am 31.1.1933 übenahm.
Ich
meldete den Vorfall unserem Oberst Stepf. Er war tief beeindruckt, ich hatte den
Eindruck, dass er Hitler näher stand. Ende Februar (1923) war der Lehrgang
abgeschlossen. Ich hatte sowohl im Schriftlichen als Mündlichen die Note 2. Als
Station war für mich Zirndorf vorgesehen, da ich aber unbedingt in die
Oberpfalz wollte, kam ich zunächst zum Gendarmerie-Verst. (?)-Kommando Weiden. Obersekretär Hartmann trug mir Zirndorf bis
zuletzt an. Während des Lehrganges kam Oberwachtmeister Wohlmuth (später darüber
mehr) und wurde die Schule um einen Lehrgang erweitert. Diesen bekam Wohlmuth;
später traf ich ihn in Freiburg im Breisgau als Hauptmann und Lehrer der Bezirks-Offiziers-Schule.
Nach dem Abschluss fuhren wir zu den einzelnen Landpolizei-Hundertschaften; ich
nach Nürnberg, zurück. Meine Ankunft wurde von meinen Kameraden gefeiert, ich
hatte bereits die Uniform der Gendarmerie und war sozusagen Wachtmeister der
Gendarmerie. Opl, Buchta, Freiberger und andere mehr, ließen es sich (nicht) nehmen, meinen Erfolg zu feiern. Sie brachten es fertig, dass
die Aussöhnung mit Schraml zustande kam und ich war auch nicht nachtragend. Von
einer Entschuldigung war nicht die Rede, d.h. ich wehrte ab. Es war vergessen
und vergeben. Bevor ich meine Entlassungspapiere erhielt, ließ ich mich bei
Hauptmann Kurz melden. Über meine Prüfungszeugnis war er bereits unterrichtet,
er wünschte mir Glück, doch ersuchte er mich nochmals bei seiner Hundertschaft
zu bleiben, er werde nach Abang des Spießes, Obermeister Arnold, mich in die
Kanzlei hereinnehmen und wies auch auf die Unanehmlichkeiten bei der Gendarmerie
hin. Ich lehnte höflich ab, zumal ich schließlich ein Ziel vor mir sah. Da er
meinen Standpunkt achtete, holte er eine Flasche Wein hervor und spendierteauch
eine Zigarre. Ich bedankte mich noch für seine Fürsorge; er entließ mich mit
einem Händedruck und machte die Bemerkung, dass seine guten Männer gehen und
die anderen Deppen bleiben hier. Nun fuhr ich von Nürnberg zuerst nach Hause. Mein
Vater, bzw. meine Eltern wussten nicht, dass ich zur Gendarmerie gegangen war,
sie waren überrascht, als ich in Uniform nach Hause kam. Vater sagte, (der
Rest des Stenos kann nicht entziffert werden, nur
- bei der Zimmerei war nichts mehr.).