Aufzeichnungen von J. A. Schmidt (1.12.1898 – 14.8.1978)

(geschrieben ca. 1970/1)

 

 

(Übertragen 2011 vom Sohn Gerhard Schmidt - manche Rechtschreibirrtümer wurden etwas korrigiert, bzw. die jetzt gültige Schreibweise angewandt. Aber sonst sind die Worte des Vaters beibehalten worden – auch seine Grammatik! Der Originaltext sollte möglichst wenig verändert werden. Weiterhin wurden Auslassungen, Stenogrammteile, Einfügungen, bzw. nicht zu entziffernde Stellen mit Punkten …. gekennzeichnet oder kursiv geschrieben. Da viele nichtdeutsche Ortsnamen bis zur Unkenntlichkeit phonetisch geschrieben wurden, gelang es nicht immer die richtigen Orte zu finden und zu schreiben. Namen, Datumsangaben, Orte und militärische Einheiten wurden unterstrichen. Da kaum Absätze in den Ausführungen zu finden sind, wurde das auch so übernommen. Tippfehler bitte ich zu entschuldigen.)

 

(Als Nachbemerkung sei gestattet: Welches Elend und Unrecht den Menschen in aller Welt erspart geblieben wäre, hätten nicht Wilhelm II. und Adolf Hitler anderen Nationen den Krieg erklärt und die Befehle zum Überfall erteilt! Intoleranz und gar Rassenhass zeitigten dann Schreckliches, dass dann der Terror zurückschlug und wieder in der Regel Unschuldige traf, war eine furchtbare Folge. Weiter sei die Bemerkung gestattet, dass die grauenvollen Kriegserlebnisse seelische Verletzungen hinterlassen haben – und es gab damals keine psychologischen Hilfen, die diese Traumata hätten lindern können. Eine weitere Bemerkung: Wir müssen dankbar sein, dass wir in einer so langen Friedensperiode leben durften.)

 

 

Memento Mori - Das große Sterben!

 

 

 

Geboren am 1.12.1898 zu Bergfried, Gemeinde Haag, Oberpfalz, Landkreis Eschenbach als Sohn des Altzimmermeisters Konrad und Anna-Maria, letztere geborene Schreglmann, verlebte ich mit fünf Schwestern meine Jugend zuhause. Mein Vater stammte aus kleinen Verhältnissen, betrieb neben einer kleinen Landwirtschaft das Zimmergewerbe. Meine Mutter kam aus gut bäuerlichem Hause in Pappenberg. Mühsam arbeiteten sich meine Eltern empor und erzogen uns zu brauchbaren Menschen. In dem nahen Pfarrdorf Haag besuchten wir Kinder die Volks- und Fortbildungsschule. Doch bald trat auch an uns die Forderung des Lebens heran, meine Schwestern kamen in die Dienstbarkeit der Landwirtschaft und später kamen sie in die Stadt München, um sich bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Margret, die Älteste (gestorben 1968) heiratete den Witwer Hermann Müller in Regensburg. In Regensburg befand sich auch mein Großonkel Josef Schmidt, woselbst Schwester Margret ihren Mann kennen lernte. Maria verband sich mit Wolfgang Suttner, der als Schweizer (Melker) auf dem Gut von Grafenstein, Hammergänlas, später bei Schlör, Hütten und Hebauer, seinem Berufe nachging. Mein Schwager Wolf ist kurz vor dem Einmarsch der Amis verstorben und in Hütten beerdigt. Meine kleine Schwester übernahm das kleine Anwesen, das durch den Übungsplatz Grafenwöhr bis auf  14 Tagwerk Wiesen und Felder zusammengeschmolzen war. Schwester Anna blieb ledig und ist am (…) verstorben. Vater verstarb am 7.4.1924. Er hat die völlige Auflösung unserer Heimat nicht mehr erlebt. 1937 kam meine Heimat mit weiteren Orten im großen Ausmaß restlos zum Übungsplatz Grafenwöhr. Der auf unser Besitztum eingeheiratete Schwager Josef Hammer mit den zwei verwaisten Kindern heiratete wieder und verzog nach Auflösung des Hofes mit meiner Mutter und Schwester Anna nach Neudorf bei Luhe. Hier sind auch meine Schwester und die Mutter, die 1949 starb, beerdigt. Von meiner ehemaligen Heimat ist lediglich noch der Friedhof, alles andere ist eingeebnet und verwildert.

 

Nun zu meiner eigenen Person ist nichts Besonderes zu sagen; ich war wie jeder andere Junge, ging mit 6 Jahren in die Volksschule nach Haag, war ein nicht ganz unbegabter Schüler. Besonders interessierte mich Geschichte, Geografie und das Zahlenspiel mit dem ich sozusagen in den Sog gezwungen wurde (e). Mit 13 Jahren besuchte ich den Vorkurs der Baugewerbeschule in Nürnberg (….), den ich mit Gut und Zufriedenstellend abschloss. Hier waren mir die Zahlen wiederum ein Possenspiel, die mir die erste Stelle aller meiner Mitschüler (53) einbrachte. Leider kam dann die Nachlässigkeit meines Vaters und somit der notwendige Druck zum weiteren Besuch der Bauschule. Ich selbst war aber hier mit Schuld, weil eben der notwendige Ehrgeiz und das Trachten zu weiterer Fortbildung fehlte. Meine Eltern hatten überdies immer mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und blieb ich eben in den Anfängen stecken. Wäre mein Lehrer (Winter) vielleicht noch da gewesen, würde ich mein Lebensziel anders geändert (haben). Ich lernte wohl das Zimmerhandwerk, doch Gesellenprüfung hatte ich nicht. Zudem kam dann ein Ereignis, das meinem Leben eine ganz andre Zielrichtung gab.

 

 

Ein heißer Tag im Augsut 1914. Mein Vater mit 3 Gesellen - Schuster-Michl  (Kraus), Kederer und Goß, sowie meiner Wenigkeit - waren bei einem Neubau in Fenkenhof beschäftigt, bzw. war das Gerüst und Dachstuhl fertig. Die Natur war anscheinend stehen geblieben, man hörte ringsum keinen Laut, kein Vogel zwitscherte, die Sonne schien heiß und drückend herab, die Luft zitterte ganz vibrierend und unser Werken mit dem Bau war …los zu hören. Am Horizont zog sich ein Wolkengebilde wie ein dicker starker Arm von West nach Ost am Ende, wie eine Faust darstellend, kilometerweit. Ich musste immer wieder nach diesem Wolkengebilde sehen, ich wurde förmlich angezogen. Es war wie eine Wetterwolke und zwar so, als wollte dieser gestreckte armförmige Wolkenarm ein Ereignis künden, welches in der Luft lag. Schwer drückte auch die vibrierende, zittrige Luft auf den Atem. Da plötzlich in der gänzlichen Stille ein Glockenton, sonderbar und kurz das Einfallen von Sturmglocken, wie von einer Feuersbrunst. In dieser flimmernden, glühenden Luft klangen diese Glockentöne weit über das stille Land, sie waren wohl von Haag, als auch von Vilseck, beide Orte wohl über eine Stunde entfernt, zu hören und dazwischen wimmerte das Glöckchen aus der nahen Ortschaft Langenbruck. Mein Vater und  unsere Gesellen horchten verwundert auf, war es eine Feuersbrunst, oder war etwas in der Luft, auf das man schon einige Tage darauf wartete und doch nicht hoffte. Es war erst der österreichische Kronprinz in Ser…. (gemeint ist Sarajewo) von serbischen Fanatikern erschossen worden. Dieser Gedankengang wurde ebenso plötzlich unterbrochen, man hörte auf einmal den Ruf „Krieg“ und plötzlich sah man auch Menschen auf der Ortsstraße, die gestikulierten. Unsere beiden Gesellen Kederer und Goß waren nicht mehr zu halten, sie waren doch eine der Ersten, die als Reservisten einrücken mussten. Sie schrieen spontan Hurra, ließen die beiden Bandhacken (Äxte) auf die Bretter knallen, die wie Böllerschüsse anzuhören waren. Gleich darauf verließen sie den Bau und fuhren mit den Rädern nach Hause. Auch mein Vater und Michl, der ältere Geselle, hatten alle Lust zum Weiteren verloren und gingen zu Fuß heim. Ich erhielt nun die Aufgabe alle Werkzeuge einzusammeln und aufzubewahren und dann konnte auch ich den Heimweg antreten. Leichtfüßig überholte ich Vater und als ich zu Hause (Bergfried) ankam, reinigte ich mich, zog mich um und eilte ins Pfarrdorf Haag, das etwa 500 m entfernt war. Auf dem Wege dorthin hörte ich bereits Musik und auf der Straße bewegte sich eine größere Menge alter imd junger Leute aufgeregt und insbesondere sehr viele Reservisten, die teilweise noch am gleichen Tag oder in den nachfolgenden Tagen in ihren Garnisonen sich zufinden mussten. Überall hörte man Lieder, die „Wacht am Rhein“ und auch andere Soldatenlieder aufklingen und viele dieser Reservisten glaubten in ½ Jahr wieder zu Hause zu sein. Es war ein Trugschluss. (Kriegserklärung August 1914 – 11.11.1918 mittags 12 Uhr Ende des Krieges). Manchen sah man auch tränenden  Auges und komisch, oder vielmehr wie Ahnung, waren es die, die ihre Heimat zum letzten Mal sahen. Wir Buben waren selbstverständlich begeistert und wären am liebsten mit von dannen gezogen. Daß es einmal noch kommen sollte, daran dachte niemand.

Nun hatten wir den Krieg. Nachrichten aus dem Elsass, Lüttich undsoweiter kündeten von siegreichen Schlachten und Gefechten, aber in all der Freude klangen auch schmerzliche Töne durch, als dort und da Kunde von gefallenen und doch so bekannten Mitbewohnern in manche Häuser gebracht und Leid sich mit dem Toben und T… des Krieges mischten. Das Leben ging weiter. Auch in mein Leben kam in diesen Tagen eine Veränderung. Mein Vetter „Hauptner Hannes“ mit dem genauen Namen Schertl aus Zeltenreuth musste dem Ruf des Vaterlandes folgen. Bevor er wegging, kam er zu uns, um mich auf seinen 280 Tagwerk großen Hof zu gewinnen. Seine Knechte waren bereits weggeholt und nun wäre das große Anwesen völlig ohne männliche Kraft. Außer seinen zwei Schwestern war nur noch eine Magd. Nun ging ich mit und ich hatte mit meinen 15 Jahren sehr viel zu leisten. Zwei Pferde und zwei Ochsen hatte ich alle Tage zu füttern und zu putzen bis eindlich ein älterer 50-jähriger Ulrich Fenk eingestellt werden konnte. Zur Zeit der Ernte betrug die Nachtzeit manchmal nur vier Stunden. Gegen 3 ½ Uhr wurde ich bereits geweckt, da zu seiner Zeit außer einer Mähmaschine keine weitere Maschinen im Gebrauch waren. Ein mühseliges Plagen, doch man wurde kräftig, das Essen war reichlich und gut. Im Herbst 1915 kam nun  aus Frankreich der Bruder des Ulrich Kraus (Schuster  Ra.) in Urlaub. Wir belagerten ihn abends im Gasthause, wir wollten doch über das Kriegsgeschehen uns Auskunft erholen. Kaspar Kraus war immer noch der Meinung, dass der Krieg bald zu Ende sei. Seinerzeit sagte ich zu ihm, ich glaube, dass wir den Krieg ausmachen würden. Darauf erklärte (er), dich brauchen wir, du Lausbub. In einem halben Jahr wären sie daheim. Welche Aussicht und welche Zuversicht sprach aus seinem Ausspruch. Die Jahre vergingen. Es war inzwischen zum Stellungskrieg gekommen. Im Frühjahr 1916 wurde ich mit meinen Schulkameraden gemustert. Ich wurde als tauglich als Pionier, Kavallerie I und Infanterie II befunden und wir zogen laut singend von (der) Stadt Eschenbach in unser Heimatdorf nach Hause. Wir waren stolz auf unsere Militärtauglichkeit und glaubten für unsere Heimat mit allen Kräften einstehen zu müssen. War es Trug, war es Lug, wir konnten es nicht unterscheiden. Durch unsere Erziehung, unsere Geschichtsbildung, die uns in den Schulen und anhand der von den wissenschaftlichen und angeblich historisch gebildeten Staatsrechtlern in uns verankert wurden, erwähnten wir uns rechtens im Glauben der Verteidigung unseres Vaterlandes. Sehr schnell entschwand die Zeit. Am 23. November 1916 tauchte dann mit tränenden Augen meine jüngste Schwester Fanny (gestorben mit 33 Jahren) auf und überbrachte mir den Gestellungsbefehl nach Zeltenreuth. Demnach hatte ich mich mit meinen anderen Schulkameraden beim Kreiswehrkommando am 24.11.1916 in Weiden zu melden. Ich eilte, nachdem ich meine Habseligkeiten verstaut mit nach Hause und am anderen Tage früh begaben wir uns zu Fuß von Haag nach Vilseck und fuhren singend und frohgemut mit der Bahn zu unserem Bestimmungsort (Weiden) zu,  wo wir eine größere Zusammenballung von Gleichaltrigen antrafen. Zusammengestellt in Führerkolonnen nach Namensverlesung, wurden wir in einzelne Garnisonen, je nach Waffengattung, verteilt. Ich kam mit den Schulkameraden Georg Hausmann und Kaspar Kraus, usw. nach Grafenwöhr zum 13. Bayerischen Reserve Infanterie Bataillon. Am nächsten Tage wurden wir nach der Körpergröße in die einzelnen Züge eingeteilt. Ich hatte bereits bei der Ausmusterung 1,72 m und kam daher zum 1. Zug. Meine Kameraden und auch mein späterer Schwager Ludwig Grillmeier von Neualbenreuth waren dem 3. Zug zugeteit. Da die Kasernen von älteren Militärs belegt waren, wurden wir in Pferdestallungen untergebracht, die keineswegs so geheizt werden konnten, wie es notwendig gewesen wäre. Unser Frohsinn beachtete auch dieses nicht. Am gleichen Tage wurden wir in Gruppen von acht Mann geordnet, ich gehörte der 5. an und erhielt als Gruppenführer den Sergeanten Buchta, ein strenger, aber gerechter Mann, der uns das Einmaleins der Ausbildung im Wehrdienst näher zu bringen hatte. Es war eine harte Zeit, dazu der sehr kalte Winter 1916/17. Als Zugführer hatten wir den aus Nürnberg stammenden Leutnant Schirmer und einen Feldwebel (Name nicht bekannt), dem die Schwindsucht anzusehen war. Dieser starb auch noch am Ende der Ausbildungszeit. Leutnant Schirmer und der benannte Feldwebel waren nicht sehr beliebt, obwohl freilich gründliche und strenge Ausbildung notwendig und vielleicht auch nützlich war, waren diese beiden sogenannte Einpeitscher, sie waren mehr wie streng. Der Feldwebel ließ mich einmal ½ Stunde Strafexerzieren, weil ich in eine Vertiefung (Kaninchenloch) während eines Sturmangriifes stürzte und mit dem Lauf des Gewehres in den hochliegenden Schnee kam. Diese halbe Stunde war kein Honiglecken, der Schweiß durchdränkte hierbei meine Uniform. Der Unteroffizier, welcher selbst äußerte, dass ich doch hierfür wenig konnte, war ihm nicht genug, er ergriff selbst das Kommando und hetzte mich noch ca. 10 Minuten im Schnee auf und nieder, bis er eben seine Wut an mir abreagiert hatte. Was konnte ich machen, ich war ihm eben ausgeliefert und konnte mich nie hierüber beschweren. Ich war auch nicht der Einzige, an dem Strafe verhängt wurde. Leutnant Schirmer war ebenfalls ein Einpeitscher. In klirrender Kälte früh an einem Tage marschierten wir, d.h. der Zug über den Haidweiher zum Glashüttenberg. Da das befohlene Lied nicht im Akkord zusammenklang, hieß es auf einmal „Handschuhe ausziehen“. Danach kam dss Kommando „Gewehr anziehen“ und hiermit marschierten wir im Gleichschritt über einen Zeitraum von 30 – 40 Minuten mit angezogenem Gewehr zur Höhe hinauf. Danach musste der ganze Zug, rund 80 Mann, in Linie einschwenken. Hier hielt Schirmer ca. 20 Minuten Ausbildungslehre. Danach das Kommando „Gewehr ab“. Und nun ereignete sich bei den meisten, das was eben kommen musste, der Schaftbeschlag war durch den Frost an das Handinnere angefroren und beim Absetzen riss die Haut bei vielen ab. Dessen ungeachtet wurde das Zugexerzieren weiter fortgesetzt und zuletzt ließ er in seinem Wahn noch den ganzen Zug geschlossen in Gruppen über den Bach unweit des Haidweihers springen. Die Folge war, dass alle im morschen Eis einbrachen und bis an die Knie durchgenässt wurden. Gleich darauf hielt er im anliegenden Walde Schießvorschule ab. Alles schlotterte in der Kälte. Doch da kam zu unserer Errettung der Lagerführer Major Müller mit seinem Adjudanten angeritten. Vermutlich hatte er das unmenschliche Verhalten des Leutnants Schirmer gesehen. Er beorderte ihn sofort zur Unterkunft und ein Unteroffizier musste uns sofort zur Kaserne zurückführen. Leutnant Schirmer wurde wahrscheinlich zur Disposition  (?) befohlen, aber davon haben wir weiteres nicht erfahren. Am nächsten Tage meldete sich der ganze Zug krank. Im Revier wurde man untersucht. Der Unterarzt, wahrscheinlich erhaben (?), wollte diese ganze Erkältung übergehen. Da ich mich äußerst matt fühlte, es erging auch anderen in gleicher Weise, forderte ich Untersuchung durch höheren Arzt, zumal mir der Unterarzt auf meine Einwendung, dass ich meinen Kopf fast nicht zu rühren vermochte, sagte, das habe er auch schon gehabt, dies komme vom Wixen. Dieses Wort war mir zuhause nicht bekannt, aber im nunmehrigen Kreise erläutert worden. Nun erschien der Stabsarzt und bei der Untersuchung von 14 Rekruten, darunter auch ich, schien sich der Verdacht der Gesichtsstarre bestätigt. Wir wurden sofort abgesondert, niemand durfte mit uns in Berührung kommen. Jeder bekam eine Anzahl Spritzen. Kurzum einer starb, ein anderer wurde als Krüppel aus dem Heer entlassen. Nach 14 Tagen wurde ich mit anderen aus der Quarantäne entlassen. Mein Vater, der mich während dieser Zeit besuchen wollte, er war von Haag über den Übungsplatz-Heuweg Glashütte nach Grafenwöhr zu Fuß gekommen, konnte mich weder sehen noch sprechen. Er wurde im Unklaren gelassen, es sollte doch über den Ausbruch der Gesichtsstarre nichts in die Öffentlichkeit dringen. Mitgebrachte Lebensmittel konnte er abgeben und danach war er gehalten nach Hause zu gehen. Über die Krankheit erhielt(en) er, bzw. meine Eltern, usw. von mir selbst Bescheid. All dies hatten wir unserem Leutnant Schirmer zu verdanken. Bei manchen wurde die Bemerkung laut, kommt er nur mit uns hinaus, eine Kugel ist ihm sicher. Er kam aber mit uns nicht ins Feld.

Nun habe ich Häßliches berichtet, es gab aber auch heitere Dinge. Die ersten Tage nach unserer Ankunft in Grafenwöhr durften wir den Kasernenbereich nicht verlassen, da wir nicht vereidigt waren und nicht vorschriftsmäßig grüßen konnten. Einer (Name nicht mehr bekannt), der bereits ein lediges Kind hatte, also mit 18 Jahren schon Vater war, ließ sich durch das Verbot nicht einschüchtern. Eines Nachmittags, wir hatten Freizeit, ging  er trotzdem vom Lager weg, um nach Grafenwöhr zu gehen. Beim Ausgang begegnete er dem Lagerkommandanten Major Müller, der auf einem Pferde saß. Da er nicht gegrüßt wurde winkte er unseren Freund, zu ihm zu kommen. Doch unser Held kehrte um und rannte eilends zurück in unsere Unterkunft, hinter ihm Major Müller auf dem Pferde. Ich putzte soeben vor der Unterkunft die Schuhe mit weiteren Kameraden, als unser Kleiner ums Eck der Baracke angesaust und im Eingang verschwand. Gleich danach tauchte auch Major Müller auf und fragte nach dem Ausreisser. Er wurde herbeigeholt und als Major Müller ihn fragte, warum er nicht gegrüßt hatte, sagte unser junger Vater, er „habe nicht gewusst, dass er so ein Großer sei“. Major Müller tänzelte mit dem Pferd im Kreis und musste selber lachen. Danach wurde der Spieß herangerufen und Major Müller wurde aufgeklärt über das Verbot und da die ganze Korona nicht verteidigt war, konnte unser kleiner ….vogel nicht bestraft werden. Der Spieß hatte nur noch die Aufgabe uns nochmals eindringlich zu belehren und wir selbst hatten unseren Spaß dabei.

Beim Scharfschießen hatte ich ziemlich Glück, soweit man es eben so nennen darf. Ich erhielt einmal acht Tage Urlaub, weil ich den bisher Besten, es war ein jüdischer Kamerad, an 150 m Entfernung übertroffen hatte. Ich schoss überhaupt ziemlich gut und bekam von meinem Gruppenführer manches Lob. Dieser ging aber einmal in Urlaub und wir bekamen einen Gefreiten in dieser Zeit, der uns piesackte, und nachdem wir aus dem Schwäbischen zwei dabei hatten, die beim Turnen und im Schießen versagten, musste die ganze Gruppe Strafexerzieren oder er piesackte uns in sonstiger Weise. Da er dies wieder einmal vorm Scharfschießen durchführte, schoss ich bei diesem in liegender Stellung alle fünf Schuss in den Sand vor der aufgestellten Scheibe. Es war eine Entferngung auf 150 m und ich tat dies aus Trotz und Zorn. Mit des Geschickes Mächten ist kein fester Bund zu flechten, denn in diesem Augenblick kam Oberleutnant Hagena zum Schießstand. Ich musste mich bei ihm melden, und als er mich erkannte (ich hatte doch von ihm seinerzeit den Urlaub erhalten) fragte er in ziemlicher Strenge, weshalb ich in den Dreck geschossen hätte. Ich war zunächst verdattert und als er nochmals gebot, sagte ich unverwunden: Herr Oberleutnant, wenn ich, weil in meiner Gruppe einer schlecht schießt, Strafexerzieren müsse und zwar die ganze Gruppe, dann habe ich auch kein Interesse am Schießen. Unser Sergeant Buchta hätte uns bestimmt deswegen nicht gehunzt. Auf Befehl des Oberleutnants, der meine Treffsicherzeit kannte, bekam ich nochmals fünf  Patronen mit der Warnung, nicht noch einmal in den Sand zu schießen. Ich schoss und kam aus dem sogenannten Schwarzen nicht mehr heraus und zuletzt schoss ich mit dem 5. Schuss ein Platterl. Ob der Gefreite, der uns seinerzeit piesackte, eine Abreibung durch Oberleutnant Hagena erhielt, entzieht sich meiner Kenntnis. Später erfolgte auch eine Nachtübung mit Reisemarsch über Pressath und zurück, wobei ich eine Patrouille zu führen hatte. Damals war auch ein höherer Offizier dabei. Wegen besonderer Führung dieser Patrouille und Geländeausnützung erhielt ich acht Tage Urlaub. Ich  war der Einzige, der diese Auszeichnung erhielt. Insgesamt habe ich drei Wochen Urlaub auf diese Weise mit dem Schießen erhalten, wahrscheinlich tat ich bloß das Natürliche ohne irgendwelche besondere Eingebung. Interessant war auch die Begebenheit eines Diebstahls in unserem Zug. Immer wenn die Mannschaft, mit Ausnahme von Erkrankten, ausgerückt war, wurden in unserer Baracke Koffer erbrochen und Lebensmittel entwendet. Eines Tages war ich zum Zahnarzt befohlen und wurden mir zwei Zähne entfernt. Als ich vom Zahnarzt zur Unterkunft ging und von der Kanzlei den Schlüssel holen wollte, war dieser nicht vorhanden. Bei Nachschau war die Türe zur Baracke offen, es steckte sonderbarer Weise auch der Schlüssel und als ich die Unterkunft betrat, bemerkte ich einen Zugangehörigen, der sich schon mehrere Tage im Revier befand, und dergerade wiederum mehrere Koffer von Kameraden erbrochen und Lebensmittel stahl. Sobald ich ihn zur Rede stellte, ergriff er einen Hocker und warf ihn nach mir. Ich sprang noch durch die Eingangstür und im gleichen Moment donnerte der Hocker  an diese. Ich sperrte die Türe ab und trug ihn (den Schlüssel) in die Kanzlei und hängte in an das Schlüsselbrett. Danach ging ich unweit der Baracke spazieren. Inzwischen kam unser Zug nach Hause. Beim Aufsperren der Unterkunftsbaracke fanden sie die erbrochenen Koffer und das Fehlen von Lebensmitteln vor. Der Dieb hatte sich durch ein Stallfenster aus der Baracke entfernt. Bei meinem Eintreten wurde ich bestürmt, da ich ja zu Hause und nur beim Zahnarzt gewesen war. Nach meiner Schilderung, wie schon vorher, wurde der Täter, der ja unserem Zug angehörte, vom Revier abgeholt und dem Komapanieführer Oberleutnant Hagena vorgeführt.

Der Dieb hatte alle Diebstähle gestanden und erhielt dafür 14 Tage geschärften Arrest, den er auch abbüßen musste. Als er wieder bei uns war, erklärte er, dass er mich erschießen würde, wenn wir zusammen ins Feld kämen. Darauf packte ich ihn und bei dieser Rauferei, die sich hierbei entwickelte, wurden wir von Unteroffizieren getrennt und sogleich dem Kompanieführer vorgeführt. Nach der Schilderung des Vorgangs wurde der bereits Vorbestrafte wiederum gemaßregelt. Mir wurde nur eindringlich die Belehrung erteilt, in Zukunft mich nicht selbst zu rächen, sondern dies den Vorgesetzten (zu) überlassen. Zugute gehalten wurde mir die Drohung des Anderen, der sich sehr schlecht verhalten habe.

Als unser Gruppenführer Sergeant Buchta vom Urlaub zurückkam, war er entsetzt über die Schikane von dem Gefreiten. Wir waren nämlich sehr niedergeschlagen und Buchta sah uns an, dass wir sowohl geistig als auch körperlich deprimiert waren. Von Buchta wurden wir fair behandelt und in den folgenden Wochen war er sehr nachsichtig. Dies wirkt sich auch bei einer Besichtigung aus, wir waren eine von der besten Gruppe. Er und wir, die alles was wir konnten, hergaben, um nicht aufzufallen, freuten uns. Unsere Ausbildung war nunmehr zu Ende.

 

 

Mitte März 1917 kam wie aus heiterem Himmel Frontabstellung in Erwägung. Wir Kameraden aus meinem Heimatdorf unterhielten uns schon frühzeitig, ja bereits bei der Einberufung, dass wir zusammen miteinander (bei) einer Abstellung ins Feld gehen wollten, um gegebenenfalls einander helfen zu können. Als nun meine beiden Kameraden Hausmann Andreas und Kaspar Kraus zur Abstellung eingeteilt wurden, wollte auch ich nicht zurückbleiben und so kam es, dass unter anderem auch ich einer ärztlichen Untersuchung unterstellt wurde. Meine Kameraden wurden jedoch zurückgestellt, angeblich wegen Herzbeschwerden; ich wurde als gesund befunden, wurde neu feldgrau eingekleidet und ausgerüstet und in den ersten Tagen des April 1917 sollte demnach die Marschroute beginnen. Da der genaue Tag für den 22.4.1917 bestimmt, Urlaub nicht mehr gewährt wurde, suchte ich tags zuvor meinen Taufpaten und Bruder meiner Mutter, Josef Schreglmann, der im gleichen Lager als Artillerist diente, auf . Er und ich gingen nachts ohne Erlaubnis durch den Übrungsplatz – Grünhundshöhe und Heuweg nach meiner 1 ½ Stunden entfernten Heimat. Nach kurzem Aufenthalt gingen wir in der gleichen Nacht nach Grafenwöhr zurück. Es war etwas gefährlich, (es war) von irgendeinem Truppenteil im Nachtdienst mit MG (etwas) im Gange und es pfiffen uns ganz schön die Kugeln um die Ohren. In einem Hohlweg mussten wir den Höhenzug kriechend zurücklegen, da Gefahr von Verletzungen bestand. Mein Taufpate, der in dieser Nacht anscheinend gebraucht wurde, redete sich dahin hinaus, dass er Kopfschmerzen und sich daher in Strohlager verkrochen und eingeschlafen wäre. Da er früh beim Appell ja da war, gab es weiter keine Beanstandung; er bekam auch frei und begleitete mich zum Verladebahnhof Grafenwöhr. Meinen Paten sah ich nie mehr, er fiel 1918 bei Nesle und ist dort begraben. Ich sah aber noch sein Grab anlässlich der Abwehrkämpfe dortselbst. Er lag erst einen oder zwei Tage in dem Friedhof. Er sagte immer, dass Frankreich seine Erfüllung (Tod) wäre, sofern er dort wieder eingesetzt werde.

Unweit (von) Lille wurde unsere Ergänzungstruppe ausgeladen und wir wurden gleich noch am gleichen oder nächsten Tage zu unserer Kompanie mit weiteren fünf Kameraden zur 8. Kompanie nach vorne geleitet. Schon auf dem Vormarsche in nächster Nähe der Front und Laufgraben kamen  manche Salven oder auch einzelne Granaten über uns von feindlicher Seite und schlugen hinter oder auch seitwärts im Gelände ein. Immer wenn die Salven anrollten, verbeugten wir uns majestätisch wie auch unsere Führer und zogen den Kopf ein. Meine Kompanie lag etwa bei Fromelles unweit der Vimy-Höhe, wenigstens habe ich  dies in Erinnerung. Gleich nach unserer Ankunft musste ich auf Posten. Ein Sergeant nahm mich mit, es ging vorerst noch in einem Graben, dann über das freie Gelände mit Schlamm nach rechts bis ich schließlich einen Posten ablöste, der in einem Granatloche lag. Hier wurde ich belehrt über den Feind, mir wurde gesagt, dass ich nie nach rechts ausweichen dürfe, dort sei Sumpf und ich würde dort rettungslos versinken. Überdies hätte ich sehr obacht zu geben, da feindliche Patrouillen sich aus gezeigter Richtung sich nähern können. Alles wurde im Flüsterton gesprochen, es war ganz dunkel und man sah nur auf einige Meter, hie und da wurde das Gelände erhellt durch abgeschossene Leuchtkugeln aus feindlicher Sicht, usw. Ich richtete mich in diesem Granatloch häuslich ein, legte mir die Handgranaten zurecht und starrte mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit. Ich würde leugnen, hätte ich nicht Angst und Spannung. Es mochte noch nicht Mitternacht sein oder nicht  viel darüber, begann plötzlich eine Kanonade von französischer Seite; Patrouillenminen platzten, dauernd wurde ich mit Erdmassen zugedeck, kurzum ein Inferno der Hölle. Ich wühlte mich immer wieder aus dem wässerigen Schlamm, packte mein Gewehr fest in die Fäuste und war gewillt mein Leben so teuer als möglich zu verkaufen. Links von mir hörte ich das Dröhnen von Handgranaten, von Schüssen und sonstigem Lärm, dazwischen das Krachen und Bellen detonierender Granaten und Schüsse. Es dauerte eine lange Zeit, Minuten oder Stunden, was weiß ich. Pulverdampf und Nebel nahmen mir die Sicht und manchmal schien es mir, als wie (wenn) Schatten in einer Entfernung von 50 m auftauchten und wieder verschwanden und es kam mir vor, als wenn sich die schemenhaften Schatten, mal nach links und dann wiederum nach der Feindseite zu bewegten. In der Dunkelheit sowie den nebelhaften, wie Rauch ziehenden Wolken, konnte ich Wesentliches nicht erkennen. Überdies waren es nur Augenblicke in der man glaubte, es bewegten sich irgendwelche Gestalten. Plötzlich trat dann wieder Ruhe ein, wie vor meinem Aufzug im Granatenloch. Nun hörte ich von links ein Geräusch, das näher kam; klick, klack tönte es schwach und plötzlich tauchten schattenhaft zwei Gestalten auf, die ich aber weder als eigene oder feindliche Männer erkennen konnte. Es war zu dunkel und rauchneblig. Da sie näher kamen, rief ich verhalten: „Halt, wer da“.Da hörte ich den Warnungsruf „Pst, Pscht nicht schießen“. Als die Beiden näher kamen, erkannte ich den gleichen Sergeanten und einen zweiten älteren Kameraden und wurde ich endlich abgelöst, es war vier Uhr morgens. Sie wunderten sich, dass ich lebe, ich teilte ihnen kurz meine Beobachtungen mit und mir wurde erklärt, dass Engländer eine gewaltsame Erkundigung durchgeführt hätten. Sie hätten zwar keine Gefangenen gemacht, doch die Kompanie habe Verluste hinnehmen müssen. Mit dem Sergeanten trat ich den Rückzug an. Ich war also rund sechs Stunden auf Posten. Auf dem Rückwege erfuhr ich, dass von meinen fünf Kameraden nur mehr einer da sei, sie seien verwundet worden, bzw. seien zwei bereits gefallen. Der Himmel hatte es mit mir gnädig gemeint, vielleicht (hätte) auch ich unter den Unglücklichen sein können. Als wir wieder zum Grabeneingang unserer Stellung kamen, lag ein langer Engländer schwankend im betrunkenen Zustande auf der sogenannten Feuerbank. Ein Auge hing heraus. Ein Kompanie-Angehöriger mit Gewehr stand bei ihm bis zu seinem Erwachen. Eber…… hatte hier den Posten bezogen. Ein weiterer Engländer hatte einen Kameraden erschossen und legte sich schlafend in den gleichen Unterstand. Wie ich später hörte, sollen sie nicht mehr aufgewacht sein, die Erbitterung der Männer war über den Überfall groß. Ich selbst schlief dann wie tot nach all den Geschehnissen. Am anderen oder übernächsten Tage wurden wir abgelöst und kamen auf einige Tage zu Ruhe hinter (die Front). Doch nach kurzer Zeit etwa nach sechs Tagen rückte unsere Kompanie wiederum vor und wir kamen direkt unweit Armentiéres in Stellung. Zunächst kam ich mit unserer Gruppe etwas rechts in ein zerschossenes Kloster. Unsere Unterkunft war eine Gruft, ziemlich sicher gegen Beschuss, doch hatten wir besonders aufzupassen, da die Lys (deutsch Leie) vorbeifloss und dichtes Schilf die Aussicht zur Feindseite (ver)hinderte. Wir waren hier etwa acht Tage. Danach waren wir direkt vor Armentiéres. Manchmal rauchten dort die hohen Schornsteine der Fabriken. Diese Stadt war höchstens einen Kilometer von unserer Stellung entfernt und (es) sollten dort deutsche Kriegsgefangene zur Herstellung von Munition beschäftigt sein. An einem Abend, vielleicht vierzehn Tage nach meiner Angliederung bei der 8. Kompanie ging ich am Stellungsgraben, in dem unsere kleinen Unterstände (waren), die leider alle verlaust waren, zur nächsten Kompanie hinüber. Ich wollte mich vergewissern, wer dort sich aufhalte. Bei dieser Gelegenheit sah (ich) in der anbrechenden Dunkelheit einen Posten auf der Feuerbank des Grabens stehen, dessen Gestalt mir sehr bekannt vorkam. Es war der Susterkaspar (Kraus) aus meiner Heimat, zu dem ich bereits 1915 anlässlich seines Urlaubes sagte, dass wir den Krieg ausmachen. Ich stieg zu ihm auf die Feuerbank und begrüßte ihn, „nun Kaspar, hier bin ich“. Als er mich erkannte und begrüßt hatte, sagte er, nun ist der Lausbub wirklich da. Er konnte sich nicht genug wundern und wir kamen dabei auf Früheres und Derzeitiges zu sprechen. Kaspar Kraus war beim 3. Bataillon (des gleichen) Regiments. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ihn öfter getroffen zu haben, nach dem Krieg kamen wir dann wieder zusammen und hierbei wurden unsere Erlebnisse ausgetauscht. Später, und zwar anlässlich von Ruhe hinter der Front, bei einem Platzkonzert von unserer Wehrmachtsmusik, traf ich Georg Bernet von Hebersreuth. Georg war ein armer Bursche, nicht finanziell, sondern im Denkvermögen. Ich begrüßte ihn und fragte ihn weshalb er nicht nach Hause schreibe und auch nicht zu Urlaub nach Hause käme. Hierbei erfuhr ich, dass er nicht schreiben und auch nur bedingt lesen könne. Von da aus samdten wir einen Feldpostbrief zu seinen Eltern. Georg wurde immer übergangen, er war in sich einbezogen und wurde er deshalb immer zurückgestoßen. Er bekam spät erst Urlaub. Auch ihn habe ich in der Folgezeit wieder aus dem Gesichtskreis verloren. Er wurde später am Fuße schwer verwundet, kam abe aus dem Kriege zurück und fuhr später eine Postkutsche bei Nabburg. Wechselhaft und nicht immer ohne Gefahr verbrachte ich die Zeit bei der Kompanie, es gab auch schwere Stunden im Feuerhagel der Geschosse, manchmal war ich auf Posten, manchmal holten wir Munition oder Drahtgeflechte, die wir vor unseren zerschossenen Stellungen aufzogen. Manchmal waren auch Verluste zu beklagen, der Krieg forderte eben Opfer. Man wurde aber nicht gefragt, ob sie sinnvoll oder unsinnig waren. Überdies war ich noch zu jung, doch von der Begeisterung war wenig mehr zu spüren. Unsere Stellungen waren wechselhaft, teilweise hatten wir nur Löcher, die Hauptsache war, dass wir einigermaßen Deckungen hatten. Der gegenseitige Feuerzauber hatte es in sich. Hier und zwar rechts nach Loos zu, fanden wir ganze Packungen französischer Dum-Dum-Patronen, die in ihrer Scheußlichkeit nichts zu wünschen übrig ließen.

Von deutscher Seite wurden solche Dum-Dum-Geschosse nicht verwendet und ich habe niemals – weder 1917 und 1918 – solche Geschosse gesehen. Von uns wurden lediglich aus Zorn und Wut hierüber die Spitzen der Infanterie-Geschosse abgezwickt und verschossen. Doch war auch dies nur vereinzelt. Mehr und mehr rückte unser Regiment nach Wytschaete und Arras zu hinauf, bzw. nach Flandern. Mehrmals überschritt ich mit anderen Kameraden die Lys zu Aufklärungspatrouillen. Besondere Unternehmungen wurden gewaltsam gestartet um gegnerische Einheiten auszumachen. Hierbei zeichneten sich besonders ein Feldwebel Meierl aus Ingolstadt aus. Er war im Zivilberuf Viehtreiber, konnte nur etwas Schreiben, mit Mühe seinen Namen, aber er war eine Kampfnatur. Neben anderen Auszeichnungen besaß er das EK I und die goldene  Tapferkeitsmedaille in Gold. Mit jedem, auch mit Offizieren, war er per Du und wenn, so gebrauchte er den Ausdruck „Götz von Berlichingen“. 1929 traf ich ihn in Pechbrunn. Er war bei der Bahnstation, lernte bei dem Schulfräulein noch Lesen und Schreiben, konnte sich aber mit dem Morseapparat nicht anpassen. Ich stand damals in Pechbrunn in Uniform eines Gendarmerie-Hauptwachtmeisters vor dem Eingang der Station. Da ging Meierl vorbei, grüßte und hierbei kam mir im Unterbewusstsein, dass er mit mir bei der 8. Kompanie, 14. Infanterie-Regiment war. Ich rief ihn mit seinem Namen und wirklich drehte er sich, obwohl er bereits einige Schritte vorbei war, (um) und fragte, was ich von ihm wolle. Im weiteren Gespräch  kamen wir dann auf unsere gemeinsame Zeit bei der Kompanie zu sprechen. Er und ich hatten eine große Freude, er hätte mich aber nicht mehr erkannt, da er ja nicht wusste, dass ich weiterhin, wenn auch eine andere, Uniform trage. Selbstverständlich waren wir gute Kameraden und ich machte (ihn)auch bei Gesellschaft im Gasthause (mit) den pro…lierten Männern, darunter auch den protestantischen Lehrer von Groschlattengrün und meinen Stationschef, Kommandant Konrad Kastner, bekannt. Bei dem damaligen Gesprächsstoff war der Krieg das Thema und einige Herren konnten auch Auszeichnung und Orden, usw. vorbringen. Meierl war nicht sehr gesprächig. Wie früher hörte er still zu. Nachdem von Orden die Rede war und der Lehrer als Reserveoffizier das EK I für sich aufzählte, gab ich bekannt, dass Meierl neben den sonstigen Auszeichnungen EK II, I, etc. auch die goldene Tapferkeitsmedaille inne habe. Es war ein Aufsehen, aber Meierl war genauso, als wäre dies eine Nebensächlichkeit. Solange er am Bahnhof Groschlattengrün war, besuchte ich ihn immer wieder.

 

Im Wytschaete-Abschnitt war unsere Tätigkeit meist mit Aufklärungspatrouillen ausgefüllt, an denen ich ebenfalls teilnahm. Hier kam auch der Fahnenjunker „Bubi“. bzw. Hartmann, Professorensohn aus Erlangen, der später bei der Landespolizei eine Rolle in meinem weiteren Leben spielte (1921). Auch Unteroffizier Schindler, Pfeiffer und Geisler, letzterer aus Münchberg, Oberfranken, sind mir noch in Erinnerung. Pfeiffer  traf ich mit anderen Kameraden im Jahre 1921 und 1922 in Nürnberg anlässlich einer Feier, bzw. Zusammen-kunft im Saale des Kulturvereins Nürnberg. Ich war damals bei der Landespolizei, doch davon später. Immer näher nach dem Flandrischen bezogen wir Stellungen. Bevor die große Flandernschlacht im September 1917 begann, bezog mein Zug Stellung über der Lys in der Zuckerfabrik bei Warneton (flämisch Waasten). Diese Fabrik war gänzlich zerbombt, Mauer- und Eisenteile, sowie Maschinen blickten zum Himmel. Die Fabrik befand sich überdies auf einem nach der Feindseite ansteigendem Gelände. Nach der Feindseite war wohl die von uns besetzte Fabrik mit Drahtverhau abgesichert. Bei einem Angriff waren wir, etwa 14 Mann mit Führer, auf uns selbst angewiesen, die Artillerie konnte uns unterstützen, aber erst dann, wenn wir sie durch Leuchtzeichen anforderten. Größte Aufmerksamkeit war erforderlich, da die uns gegenüber-liegenden Engländer uns kräftemäßig, sowohl mit Waffen überlegen,  und auch das Gelände ihnen größte Vorteile versprach. Unweit des Flusses hatten wir einen ziemlichen granatsicheren Unterstand, der seitwärts und zum Flusse einen Ein- und Ausgang hatte. Über den Fluss führte eine Drahtseilfähre, die aber nur für höchstens sechs Mann im Bedarfsfalle ausreichte. Ruhestandort war Linselles, eine kleine Stadt, in der wir immer nach acht Tagen Ruhe, soweit wir eben nicht exerzieren mussten, hatten. Eines Abends hatte ich mit dem Kameraden Schötz (wohnhaft … bei Nürnberg) in einem großen Granatloch Posten bezogen. Doppelposten war hier in jedem Falle notwendig, um erstens bessere Sicherheit und zweitens auch gegenseitige Hilfe zu haben. An diesem Tag schoss sich unsere Artillerie ein, um bei einem Überfall durch die Engländer Abwehrmöglichkeit zu schaffen. Obwohl von uns aus die Artillerie immer wieder telefonisch verständigt wurde, schoss sie immer zu kurz und gefährdete die eigene Stellung. Es war schon gegen Abend, (da) lagen die Granateinschläge zu kurz. Zu Schötz sagte ich „Setzen wir unsere Stahlhelme auf.“ Wir setzten dies in der Tat um. Kaum hatte ich den Helm auf, ich hatte noch die Hand am Helmenrand, setzte unsere Artillerie einen Schuss in umittelbarer Nähe. Bei der darauf erfolgten Explosion traf mich ein faustgroßes Eisenstück am Kopf und durchschlug mir den Helm an der oberen linken Seite. Durch die Wucht des Aufschlages war er mich rückwärts in das große Granatloch (etwas fünf Meter tief und acht Meter breit). Schötz sprang mir nach, weil er glaubte, ich sei schwer verletzt. Zum Glück hatte sich das Eisenstück nur etwas durch den Eisenhut gebohrt und mir die Haardecke bis auf den Schädelknochen aufgerissen. Ich zog den Helm ab und nun lief mir das Blut herunter. Durch den Aufschlag hatte ich eine Gehirnerschütterung erlitten. Ich ging zurück zu unserem Bunker, dort wurde ich verbunden. Ich ging aber nicht zurück, sondern blieb im Unterstand, ich hatte nun starke Kopfschmerzen. Irgendeinen Dienst brauchte ich in den nächsten Tagen nicht zu verrichten. Nach Ablösung war ich lediglich im Revier in Behandlung. Als es wieder in die Stellung zur Zuckerfabrik ging, bezogen wir die gleiche Kampfstelle. Tagsüber trieben wir uns auch in der teilweise zerstörten Fabrik (herum). Das Artilleriefeuer hatte hier alles total vernichtet. Gräben gab es nicht, nur Granattrichter. Doch war alles mit Drahtverhau abgesichert. Wir waren damals etwa sechs Tage in der Stellung, als der Tommy schlagartig uns überfiel. Er drang bis zu unserem Bunker vor, bevor uns der westliche Posten alarmieren konnte, doch waren wir auf etwaigen Überfall gerüstet. Als die Tommys vor unserem Unterstand auftauchten und uns mit ihrem Bla-Bla aufforderten, aus dem Stollen zu kommen, flüchteten wir auf der Flussseite der Lys des 2. Ausganges und versuchten auf der Fähre zu entkommen. Die Fähre wurde von uns allen angegangen, denn niemand wollte zurückbleiben, bzw. in englische Gefangenschaft kommen. Eine Verteidigung war auch nicht möglich, da wir waffenmäßig und auch  stärkemäßig nicht in der Lage waren. Nachdem die Fähre überbesetzt war, stürzte die in der Mitte des Flusses und die meisten konnten sich am Floß, bzw. dem Drahtseil festhalten und das andere Ufer des Flusses, der etwa zehn Meter breit war, erreichen. Ich selbst und ein weiterer Kamerad wurden jedoch vom Strom fortgerissen. Für uns bestand die Gefahr des Ertrinkens, zumal wir unsere Kleider, sowie unsere Gewehre umgehängt und mit den Patronentaschen umgürtet waren und daher (drohten) in die Tiefe gezogen zu werden. Nach etwas 100 m bei einer Linkskrümmung konnte ich in höchster Not einen in den Fluss hereinragenden Strauch erhaschen und somit dem sicheren Tod entgehen. Kaum hatte ich den Strauch gefasst, als ich unweit von mir den erstickten Ruf „Hilfe“ hörte. Ich hatte Glück und konnte meinen Kameraden gerade noch erfassen und zu mir herüberziehen. Danach halfen wir uns zum Uferrand des Flusses hinauf. Wir waren sehr ruhig, denn wir wussten, dass der Fluss zum von Engländern besetzten Gelände zufloss. Wir hockten im Schilf in einem Granatloch und warteten die Nacht ab, da wir uns weder orientieren konnten, noch sonst wussten, wo wir uns befanden. Meine Uhr hatte sich bei dem Sturz ins Wasser selbstständig gemacht, wahrscheinlich liegt sie heute im Ozean. Als es dämmerte erschraken wir erst recht, in etwa 50 m Entfernung befanden sich die Engländer beim Aushub eines Laufgrabens. Ein Engländer kam dann plötzlich auf uns zu; wir glabten uns schon entdeckt. Der Tommy hatte jedoch nur ein Bedürfnis auszutreten. Er bot uns seine hintere Breitseite an, wir hätten ihn auf etwa 10-15 m abknallen können, aber was dann. Die Tommys hätten uns buchstäblich erschlagen. Es war uns zu billig. Als es hell wurde, verschwanden auch die Tommys und als wir den Fluss entlang nach rechts blickten, sahen wir die Zuckerfabrik liegen, in der auch mehrmals deutsches MG-Feuer zu hören war. Es gab also noch einen Stützpunkt, in dem sich unsere Kameraden gegen die Engländer wehrten. Den ganzen Tag verblieben wir in unserem Grundtrichter, es fror uns ziemlich, doch die aufgehende Sonne trocknete unsere Uniformen. Abends bei Dämmerung, nachdem wir die Rückkehr zur Zuckerfabrik gepeilt hatten, arbeiteten wir uns im Schilf und in dem Drahtgewirr neben dem Flusse zur Zuckerfabrik, wir hatten etwa 150-200 m vor uns, zurück , um zu unseren Kameraden zu kommen. Als wir uns auf diese zubewegten, bekamen wir folgerichtig Feuer aus dem MG. Wir konnten uns schließlich verständlich machen, indem wir uns sprachlich wie „Pst, wir sind Deutsche“ gedämpft unsere Postition bemerkbar machten. Als wir endlich sie erreichten, waren es drei Kameraden von unserem Zug, davon war einer ziemlich verletzt. Mit vereintem Verständnis machten wir uns nützlich, um gegebenenfalls den Kampf gegen die Tommys zu bestehen, soferne sie uns angreifen sollten. Die Deckung konnten weder die Engländer noch wir verlassen, da jeder Versuch beiderseits Tod bedeutete. Im Laufe des Nachmittags ratterte und krachte es an allen Ecken und Enden. Hannoveraner, sowie auch Kameraden von uns traten zum Gegenangriff an und vertrieben die Engländer von der Zuckerfabrik. Damit wurden auch wir befreit, soweit unser MG die Angreifer unterstützen konnte, trat dieses in Tätigkeit. Bei der Kompanie waren wir bereits abgeschrieben. Die Zuckerfabrik blieb wieder in unserem Besitz, doch trieben Pioniere vom Flussufer aus einen langen Stollen unter den Hügel der Fabrik. Wie wir später erfuhren, waren in dem Stollen rund 36 Zentner Dynamit eingelagert, der gegebenenfalls elektrisch in die Luft gejagt würde. Nach Ablauf unserer Zeit wurden wir von einer anderen Kompanie abgelöst. Hierbei wurde Vorsorge getroffen, dass bei erneuter Besetzung der Zuckerfabrik durch die Engländer (alles) auf Sicherheit lief, um der Besatzung den Rückzug auf die Stadt Warneton zu gewährleisten. Es dauerte auch nicht lange und die Engländer besetzten mit massiven Kräften wiederum den Hügel mit der Zuckerfabrik; unsere Kameraden zogen sich zurück. In gleicher Nacht, als sich die Engländer festgesetzt hatten, flog der ganze Hügel in die Luft. Der Hügel teilte sich in zwei Hälften, er wurde in einem tiefen Graben und Hügel geteilt. Wahrscheinlich hatte der Engländer schwere Verluste erlitten, denn in Zukunft wurde (er) von ihnen und auch nicht mehr von uns besetzt. Von uns wäre dieser Hügel nie zu halten gewesen, da die Lys dazwischen lag. Patrouillen unsererseits erbrachten den Beweis, dass durch die Sprengung eine größere Anzahl Engländer mit in die Luft flogen, bzw. verschüttet wurden.

 

 

25.4.-26.5.1917 Stellungskämpfe in R. Flandern; 27.5.-20.9.1917 Schlacht in Flandern.

 

Am 27.5.1917 brach in Flandern die große Schlacht um Flandern an. Von den Engländern wurde Tag und Nacht die B.-Stellungen von Warneton bis hinauf auf Tourcoing  (flämisch Toerkonje)) mit Artillerie pausenlos  mit allen Kalibern beschossen. Das Trommelfeuer dauerte in den ersten Tagen 48 Stunden ununterbrochen und dann rannten die Engländer in Masseneinsätzen gegen unsere Stellungen. Sie konnten im ersten Angriff wohl in die deutschen Stellungen eindringen und durchstoßen, wurden aber immer wieder in Gegen-angriffen zurückgeworfen. Ungeheuer war(en) der Einsatz der taktischen Waffen, sowie der Einsatz von Menschenmassen. Auf  beiden Seiten gab es furchtbare Verluste an Toten und Verwundeten. Am 12.9.1917 lagen meine Kompanie, bzw. unser Regiment im Raume Menin (flämisch Menen). Unsere Kompanie lag in Geluwe (flämisch Gheluwe); wir feierten dort die Beförderung unseres Zugführers Wresch, der zum Leutnant befördert wurde. Als Gruppenführer war Unteroffizier Geisler und als Kompanieführer Leutnant Schäfer, der aus meiner Heimat Neuhaus bei Vilseck war. Sein Vater war Forstverwalter daselbst. Nach dem Kriege war er Bankdirektor der Schmidt-Bank in Furth im Wald.

 

Nachzutragen wäre noch, dass wir gelegentlich einer Ruhe hinten bei Lille zum Baden nach Lille marschierten. Ich musste austreten. Sergeant Braunesrieder führte die Kompanie. Obwohl ich um Austreten bat, wurde dies von ihm verweigert. Da ich das Wasser nicht länger halten konnte, trat ich aus Reih und Glied und schiffte. Braunesrieder brüllte und meldete (mich) nach Ankunft (Rückkunft in unser Quartier) beim Kompanie….. Küspert. Vermutlich marschierten wir dann am nächsten Tag in die Stellung zur Ablösung vor. Als wir wieder zurückkamen, wurde ich beim Appell für drei Tage Arrest aufgerufen. Als ich fragte, warum und weshalb ich Arrest bekäme, wurde mir Befehlsverweigerung anlässlich des Marsches nach Lille vorgeworfen. Ich rannte darauf zur Unterkunftskar…. des Kompanieführers Fleischmann. Leutnant Fleischmann hatte den Arrest gar nicht ausgesprochen; er wusste gar nichts davon, als ich den Vorgang schilderte. Der Kompanieführer, der sonst alles dem Spieß überließ, ließ diesen dann kommen und es gab eine sehr erregte Auseinandersetzung zwischen Leutnant Fleischmann und Küspert, bzw. Braunesrieder andererseits. Jedenfalls war von einer Bestrafung keine Rede mehr, jedoch hatte ich bei den Letztgenannten keine Freunde gewonnen. Bei einer Unternehmung, bei welcher wir mit größerem Stoßtrupp in den englischen Graben eindrangen, es war bei Huluch  soviel ich mich entsinnen konnte, wurde Braunesrieder verletzt und blieb zwischen den Drahtverhauen liegen. Ich war ziemlich der Letzte, der die englische Stellung verließ und ich kam auch bei Braunesrieder vorbei, der um Hilfe bat. Mir kam das Erlebnis „Marsch nach Lille“  in den Sinn. Obwohl ich bereits an ihm vorbeigerannt war, sprang ich zurück und half ihm in unsere Stellung zurück. Nach einiger Zeit kam er wieder zur Kompanie. Von an an war (er) ein Kamerad; einen besseren konnte man nicht finden.

 

Nach einiger Zeit wurden wir näher zum eigentlichen Brandherd …. Wir kamen nach Geluwe hinter Menin (flämisch Menen). Es war ruhiger als an den Vortagen, doch kamen einige Granateinschläge ziemlich …; sie schlugen in eine Baracke ein, doch war sie nicht belegt. Kurz nachdem (wir) die Beförderung von Wresch feierten, tranken mein Gruppenführer Geisler und ich den gesamten Feldkessel mit Bier gefüllt auf. Wir sangen und war(en) sehr lustig. Hier kochten wir Klöße, kochten selbst Kaffee, kurzum hier hätten wir den Krieg ausgehalten. Eines Tages stahlen uns Preußen unseren Kessel, inhaltlich etwa von 20 l, und kochten diese ihren Kaffee. Da sie den Kessel, den wir innen sehr sauber gemacht hatten, …., sprengten wir denselben in einem unbewachten Augenblick mit Handgranaten in die Luft mitsamt dem Kaffee. Selbstverständlich gab es hierüber Misshelligkeiten. Wir bekamen eines Abends einmal Drahtverhau (getrocknete Rübenschnitzel). Ich kam zu diesem Essen erst später hinzu. Da es bereits dunkel war, zündete ich erst eine Kerze an und als ich (zu) essen anfangen wollte, bemerkte ich, dass sich unter dem sogenannten Drahtverhau Maden mit langen Schwänzen eingenistet hatten. Es war also (un)fraglich „viel Fleisch“ darin. Ich machte meine Kameraden darauf aufmerksam, die meisten hatten bereits davon reichlich genossen. Wohl bekomms! Ich selbst ging zum Kompanieführer und beschwerte mich. Es gab darauf ziemlich Ärger in der Küche, doch wurde uns danach eine gute Mahlzeit – Büchsfleisch – verabreicht. Nach etwa acht Tagen wurde unsere Truppe nach Menin zurückgenommen. Es war abends und in der Nacht ging ein Trommelfeuer nieder, das man nicht schildern kann. Wir wurden alarmiert und marschierten über Geluwe (flämisch Gheluwe) vor in Richtung der Front, da die Engländer eingebrochen war(en). Die Kompanie ging in Zugsreihe gestaffelt und später, als die Granaten in kürzester Nähe vor und neben uns krepierten, hintereiander in Reihe gruppenweise vor. Schlamm und Dreck mit Wasserlachen in den Granatlöchern war der Weg über einen ansteigenden Hügel. Zeitweise pfiffen auch MG-Kugeln um uns. Mitten am Berghang befand sich ein Unterstand aus übereinander geschlichteten Holzstämmen mit Wasser und Humusboden beschichtet. Hier fand unsere Gruppe Geisler etwas Unterschlupf zum Ausruhen, da durch den knietiefen Morast die Kräfte erlahmten. Wir hielten uns kaum zehn Minuten auf; ich hatte eine unerklärliche Unruhe und drängte auf Verlassen des Unterstandes. Da ich hier nicht weiter bleiben wollte, beschloss Unteroffizier Geisler den Aufbruch zur Höhe – Kaiser-Wilhelm-Höhe genannt.

Kaum hatten wir uns etwa zehn Meter von dem Unterstand entfernt, als eine schwere Granate auf dem Unterstand einschlug und denselben restlos zerfetzte. Geisler gab mir die Hand und sagte, „Sepp, hast du einen Schutzengel?“. Schließlich hatten wir die Höhe erreicht und alles richtete sich zum Abwehrkampf durch die vordringenden Engländer. Es wurde nachts, das Feuer der Geschütze und das Knattern der Gewehre und der MG riss(en) nicht ab. Gegen 24 Uhr wurde ich durch eine einschlagende Granate oberhalb des rechten Knies verwundet. Der im gleichen Granatloch knieende Kamerad wurde am linken Fuß verletzt. Kurz danach griff der Engländer wieder an, vermutlich wollte er nachts erreichen, was er tags nicht vermochte. Jeder, und auch ich, griff nochmals zum Gewehr. Tommy wurde zurückgeschlagen. Danach – es könnte ein Uhr gewesen sein – sprang Leutnant Schäffer in der Kampflinie und forderte die Verwunderten auf, sich zur Meniner Straße zum Verbandsplatz zurückzugehen. Mit Ruf, der in Rana bei Auerbach zu Hause war, krochen wir im Morast zurück. Meine Wunde in der der Splitter steckte, hatte ich oberhalb mit dem Fliegertuch (?) etwas unterbunden. Ruf hatte einen Infanterie-Herzbeutelschuss. Das Geschoss blieb im Herzen stecken, doch wurde es nicht durchbohrt, so die ärztliche Diagnose. Wir beide ….. mindestens vier Stunden lang, bis wir zur Straße nach Menin gelangten. Hier wurde Ruf bewusstlos, aber auch ich konnte kaum mehr weiter. Wir hockten uns im Straßengraben hinter einen Steinhaufen. Nach einiger Zeit, die Artillerieeinschläge hörten nie auf, einmal krepierten die Granaten vor, hinter und rechts vor uns, kam von rechts (ein) Artillerie-Munitionswagen angeritten, ich winkte, einer der Wagen hielt an, wir wurden auf die Sitze gehoben du dann ging es in Richtung des Hauptverbandsplatzes, der etwa vier Kilometer vor Menin an einem Abhang eingerichtet war. Dort wurden wir von den Artilleristen abgesetzt. Eine sehr große Menge Verwundeter, darunter auch Tote, Schwer- und Leichtverletzt, lagen hier herum. Die Ärzte waren zu wenig um alle zu versorgen. Ich wurde lediglich kurz verbunden, doch hatte ich inzwischen sehr viel Blut verloren und hatte überdies noch den ziemlich großen Granatsplitter in der Wunde stecken. Nachdem die leichter Verwundeten ärztlich nicht versorgt werden konnten, zudem Rote-Kreuz-Wagen eintrafen, wurde ich mit anderen nach Menin genommen. Eingangs davon wartete hier nun der Spieß Küspert mit (einigen) der Kanzleigehilfen. Ich wurde vom Wagen gehoben, zum Kompaniestandort getragen und dort erhielt ich erstmals seit zwei Tagen warme Suppe. Anschließend verbrachten mich die Kanzleischreiber in die Kirche zu Menin, woselbst ebenfalls Ärzte und Sanitäter, soweit es ging, operierten. In dieer Kirche lag Mann an Mann auf Strohlagern und hier traf ich auch Wolf Schwindel aus Auerbach, der seinerzeit mit mir ins Feld kam. Wolf hatte sich lediglich den Fuß verknackst, konnte also humpeln. Nach einiger Zeit holten sie mich auf einer Tragbahre ab, doch wurde ich lediglich verbunden, der Granatsplitter blieb nach wie vor im rechten Oberschenkel. Abends wurden dann die meisten Verwundeten, soweit sie rote Anhänger bekommen hatten, von der Kirche abgeholt und auf dem Kanal  in einen Frachter verladen und nach Kortrijk (französisch Courtrai) gebracht. Englische Bomber  bombardierten in dieser Nacht auch die Kanalanlagen, wodurch unser Frachter ganz schön ins Schaukeln gebracht wurde. Getroffen wurde das Schiff nicht, wahrscheinlich waren die Bomben für den Nachschub auf dem Kanal bestimmt. In Kortrijk wurden wir dann auf einem Sanitätseisenbahnzug in Richtung Heimat umgeladen. Von da aus fehlt mir die Erinnerung, ich muss das Bewusstsein verloren haben. Erst am Bahnhof Schwerte/Ruhr wachte ich (für) kurze Zeit (auf), wann ich dort ankam weiß ich nicht. Eintrag im Wehrpass nicht vorhanden. In Erinnerung ist mir, dass sich eine Ordensschwester am Bahnhof über mich neigte und bestimmte, dieser Junge kommt zu mir. Danach verlor ich wieder das Bewusstsein. Eines Tages, es war nachts gegen ein Uhr wachte ich auf, ich sah zunächst einen weißen Punkt, der sich allmählich vergrößerte und sich als Zimmerdecke erwies. Bei einer Kopfwendung rechts sah ich eine Ordensschwester mit Rosenkranz an meinem Bette sitzend. Ich richtete an sie die Frage „wo bin ich“. Darauf wachte auch die Ordensschwester auf  und sagte „Gott sei Dank“. Angeblich sei ich sieben Tage bewusstlos gewesen. Bald darauf kam der Arzt, herbeigerufen von der Schwester. Dieser fühlte mir den Puls und fragte mich, wie es mir gehe. Ich war durch großen Blutverlust sehr geschwächt und soviel ich mich erinnern kann, erwiderte ich „schlecht“. Danach schlief ich ein und erst früh erwachte ich wirklich. Ich bekam eine äußerst gute Mahlzeit mit Ei. Am nächsten Tage wurde mir endlich der Splitter im OP-Saal herausgenomen. Irgendwelche Betäubungsmittel erhielt ich nicht, da der Blutverlust oder vielleicht auch das Herz eine solche Einspritzung oder Chloroform nicht ermöglichte. Ich knirschte lediglich mit den Zähnen als der ziemlich große Splitter erntfernt wurde. Über die Schmerzen will ich schweigen. Als der Splitter entfernt war, fragte mich der Arzt, woher ich sei. Ich erwiderte, ich sei Bayer. Ironisch erwähnte der Arzt, ein Anderer hätte es nicht ausgehalten. Diese Redewendung ist mir so klar erinnerlich, als hätte sich dies heute erst zugetragen. Als sie mich verbanden, schwanden mir die Sinne.  Erst am anderen Tage mittags kam ich wieder zu mir. Hier bemerkte ich auch, dass noch weitere drei Soldaten in meinem Zimmer lagen, rechts neben dem Fenster ein gewisser Klein (Preuße) der einen sogenannten Schwamm im Knie zur Behandlung auskurierte, die beiden anderen waren ebenfalls Verletzte, doch waren diese schon einige Zeit hier. Nach einiger Zeit erholte ich mich so langsam, ich erhielt 1. Kost und schließlich konnte ich auch wieder Bier trinken, es gab bayerisches Vollbier und nach und nach trank ich alle Tage drei Flaschen. Dies musste allerdings bezahlt werden. Endlich konnte ich auch aufstehen, ich bekam auch Krücken zur Fortbewegung. Schlimm für mich war, dass ich anfangs nicht zum Klo gehen konnte. Ich schämte mich unsagbar, wenn mir der Topf untergeschoben oder ich um das Uringlas bitten musste. Ich probierte nun doch einmal mit den Krücken in die Abortanlage zu kommen. Es glückte mir auch, doch schob ich dummerweise auch den Riegel von innen vor. Mit des Geschickes Mächten war eben kein fester Bund zu flechten. Die Anstrengung war eben zu groß und ich blieb im Klo bewusstlos liegen. Nachdem mein Abgang bemerkt wurde, holten sie nach Übersteigen der Abortbegrenzungen mich heraus und auf dieses hin, durfte ich nur noch die Schüssel benutzen. Als ich ca. zehn Tage in dem Marienhospital lag, erschien auf einmal Leutnant Schäfer, der einen Kopfverband trug, vor meinem Bett. Er und ich waren anscheinend die Bayern allein, obwohl im Hospital rund 400 Verwundete lagen. Auf Befragen wie es mir ginge, meinte ich, es ginge nicht besonders. Als er wieder gehen wollte, gab ich ihm ein Zeichen, dass ich etwas zu rauchen bräuchte. Obwohl mir Rauchverbot auferlegt war, steckte Leutnant Schäfer mir ca. 20 Stück Zigaretten unter meine Zudecke, ebenfalls noch Zündhölzer. Vom Rauchverbot wusste Leutnant Schäfer, mein letzter Kompanieführer ja nichts. In dieser Nacht, als es ganz ruhig war, rauchte ich eine Zigarette nach der anderen. Die Folge war, dass ich das Bewusstsein verlor. Ich glaubte eben in den beiden … Fällen, es gehe schon wieder, aber da ich ziemlich ausgeblutet war, hielt das Herz .. nicht mit. Ich verriet Leutnant Schäfer nicht, der mir die Zigaretten zugesteckt hatte, doch bin ich sicher, dass von der Schwester und dem Arzt, der doch über meinen Zustand unterrichtet worden war, den Zusammenhang …. .Vielleicht dürfte auch mein Bettnachbar Klein mich verraten haben. Die Zigarettenstummel wurden ja unter meinem Bett gefunden. Bemerken möchte ich, dass vom Lazarett, bzw. Hospital meine Eltern dahin verständigt wurden, dass ich scher verletzt und an meinem Aufkommen gezweifelt wurde. Als ich die Schwester bat meine Eltern zu verständigen, dass ich hier läge, gab mir diese zu verstehen, dass diese bereits verständigt seien. Da ich weiter bohrte, was geschrieben worden wäre, wurde ich schließlich doch unterrichtet, was für eine Mitteilung an meine Eltern abgegangen sei. Ich wurde es nie erfahren haben, infolge meiner Aufregung wurde meinem Wunsche entsprochen, zumal sie fürchteten, ich könnte zusammenklappen. Meine Adresse war auf Grund des Truppenausweises ja bekannt. Die Schwester musste nun sofort eine Postkarte an meine Eltern und Geschwister nachjagen. Ich diktierte sie selbst und signierte diese mit meiner Unterschrift. Erst dann, als mir versprochen wurde, die Karte sofort zur Post zu bringen, legte sich begreiflicherweise meine Aufregung. Wenn auch lagnsam doch stetig kam ich über den Berg, reichlich erhielt ich gute Nahrung und als ich etwas konnte, trank ich täglich zuerst eine und dann oft drei Flaschen bayerisches Münchener Bier. Alles war jedoch mit dem Arzt, der sehr tüchtig war, abgestimmt und ich befolgte, nachdem ich, wie oben erwähnt, zweimal zusammengeklappt war, alle Anwendungen. Nach geraumer Zeit konnte ich doch das Bett verlassen und (auch) mit den Krücken stand ich auf Du und Du. Mit der Unterhaltung war es sonst wohl knorke, doch das Kartenspiel „Schafkopf“ konnten sie nicht. Junge, Junge, sagten sie, du musst Skat lernen oder Doppelkopf. Diese Spiele waren für mich böhmische Dörfer und so lernte ich Skat spielen. Sie nahmen mich hierbei auf die Schippe, d. h. sie spielen um ganze Pfenninge und nahmen mich dabei gehörig aus. Jedesmal musste ich ca. zehn Mark blechen. Nach drei Tagen begriff ich das Spiel und konnte es auch berechnen. Nun drehte sich das Ganze und nach einigen Tagen hatte ich nicht nur mein Geld zurückgewonnen, sondern ich hatte sie gehörig ausgeplündert. In der Zukunft wanderte ich in allen Zimmern herum und packte mein Glück, soweit man es unter Glück einzureihen vermag, beim Schopf. Es war selten, dass ich verspielte. Ich wagte die gefährlichen Passagen und gewann. Als ich Schwerte verließ, hatte ich 125 Mark in der Tasche. Auch im 1. Stock des Hospitals fasste ich Fuß und schließlich wollten sie nicht mehr spielen. Mit den Krücken kam ich auch ins ebene Erdgeschoss, in welchem meist verwundete Offiziere ihr Domizil hatten und auch in die Küche, wo das Essen zubereitet wurde. Auf Befragen, was ich wolle, gab ich, frech wie Oskar, an, ich wolle ein „Gagerl“. Die Ordensschwestern sowie die zivilbediensteten Frauen hatten an mir und besonders an dem bayerischen Dialekt den größten Spaß. Das Gagerl vermochten sie nicht zu begreifen, und als ich ihnen eklärte, es wäre ein gekochtes Hühnerei, brachen sie in schallendes Gelächter aus, in welches ich selbstverständlich lauthals mit einstimmte. Ich bekam auch mein „Gagerl“ musste aber zuvor noch Kaffee mahlen. Danach verabschiedete ich mich auf Wiedersehen. Von da aus war ich nur noch das Spektrum (Subjekt?) „Bayerl“.Die Zeit eilte weiter. Einmal wollte ich auch die Stadt ansehen und ich stelzte mit den Krücken durch die mir unbekannten Straßen, besuchte hierbei eine Fleischerei, um Wurst zu kaufen. Ich erhielt solche. Als ich bezahlen wollte, sagte man, es sei schon bezahlt. Ich weiß nicht, war es meine Jungend von 19 Jahren oder mein noch sehr bleiches, mageres Gesicht, dass die Frauen so nett waren, ich bedankte mich und ging dann anschließend in eine Gastwirtschaft, kaufte mir Bier, unterhielt mich mit den älteren Männern über alles Mögliche. Jedenfalls wude auch hier meine Zeche bezahlt, ohne dass ich davon wusste. Ich fragte mich wieder nach Hause durch und ich muss erwähnen, dass die Leute hier sehr freundlich und nett waren. Eines Tages ging ich nachmittags wieder in die Stadt hinaus und ich sah, dass schon viele meist ältere Semester, sowie auch Mädels mit Soldaten und auch jüngere an einem Zahnrad (wohl Zahnradbahn) standen, um über den nahegelegenen Berg – Feldhügel – hinaufzufahren. Ich stellte mich auch an, doch konnte ich ohne Hilfe den Waggon nicht besteigen. Bei der nächsten Fahrt halfen mir Leute hinauf und ich stelzte mit meine Krücken an irgendeinen Tisch, an welchem schließlich auch ein Ehepaar mit Tochter Platz nahm. Ich ließ mir ein Bier von dem Kellner aus dem dort befindlichen Hotel bringen. Es war nämlich dort ein schönes Hotel, davor war ein parkähnlicher Platz mit Tischen und Stühlen und alles war mit Ausflüglern besetzt. Es war aber auch ein schöner Tag. Mit dem letzten Zug, der abends gegen 18 Uhr vom Hügel zur Stadt fuhr, wollte ich wieder zurückfahren. Die an meinem Tische sitzenden Eheleute aus besserem Stande, verwickelten mich (in ein) Gespräch und besonders die etwa 14-jährige Tochter wollte von mir über Kriegsgeschehnisse erfahren. Ich erzählte nicht schreckliche Sachen, doch gegenüber dem Herrn und seiner Frau schilderte ich den wahren Sachverhalt. Der Kellner brachte mir auch ein Essen, zugleich auch (für) die bei mir befindliche Familie. Nachdem ich hierüber sehr erstaunt war, ermunnterte mich der Herr, nur zuzulangen, es wäre gut gemeint. (So) langte ich zu und aß dieWurst und ich bedankte mich besonders höflich dafür. Als ich dann aufbrechen wollte, gab er mir zu verstehen, er nehme mich im Taxi mit, ich bräuchte keine Angst haben, es würde mir kein Nachteil von Seiten des Lazaretts erwachsen. Es wurde ziemlich spät, bis endlich das Taxi kam, doch beschwichtigte mich die Familie und sie brachte mich direkt zum Marienhospital. Hier sprach er mit dem Feldwebel am Portal und ich konnte ohne weitere  Beanstandung mein Zimmer erreichen. Meine Kameraden waren schon besorgt, da sie Bestrafung fürchteten, nachdem ich doch keinen Ausweis für Verlängerung hatte. Am anderen Tage früh kam der Feldwebel an mein Bett, fragte mich, ob ich den Herrn kenne. Ich verneinte das. Darauf erklärte er, ich hätte Glück gehabt, dies sei ein höherer Beamter bei der Regierung gewesen, dem auch die Lazarette unterstünden.

Als ich schließlich wieder ohne Krücken laufen konnte, war ich ein paar Mal ein Amorbote für Leutnant Schäfer, dem Filou. Die Dame, der ich die Briefe überbringen (sollte) und Retourbillets erhielt, war zierlich und sehr schön und bewohnte mit ihrer Mutter ein feudales Engagement (wohl Appartement). Für die Liebesbotendienste erhielt ich von dieser Frau meist eine leckere Mahlzeit. Ich glaube aber nicht, dass es mehr als ein Flirt war. Nach dem Kriege war Schäfer bei der  Schmidt-Bank in Furth im Wald oder Cham Bankvorstand. Am Ende meines Aufenthaltes war ich in einer Munitions-Kistenfabrik beschäftigt. Ich war beliebt und wollte mich der Unternehmer uk stellen wollen. Ich wollte aber nicht bleiben und so kam es, dass ich vom 14.11.1917 zur Genesungskompagnie A I E/14 Regiment nach Nürnberg versetzt wurde.

In Schwerte war es schön, hier waren nette Leute.Ich kam auch nach Hagen, holte mit der Ordensschwester auf einem mit Esel bespannten Wagen Lebensmittel. Als Bayer war ich sozusagen Hahn  im Korb und (mit) einer jungen Helferin im Lazarett hatte ich immerzu meine Scherze. Sie hieß Maria, war Dienstmädchen bei einer Offiziersfamilie und half im Lazarett. Wenn sie ins Zimmer kam, sang ich das Lied „Maria zu lieben“ mit anderen Abweichungen; ich war so ein richtiger Lausbub mit 19 Jahren.

Als ich dann zur Genesungskompagnie nach Nürnberg kam, hatten wir in den ersten Tagen nur zum Appell zu erscheinen; ich war ja nicht ausgeheilt und trug auf offener Wunde noch den Verband. Doch bald änderte sich dies und wir wurden zum Innendienst herangezogen und schließlich zu einem Kurs zur Kampfausbildung; einen solchen hatte ich aber bereits in Lille durchgestanden. Eines Tages ließ ich dann aus Unmut eine Übungshandgranate platzen. Ich zog sie ab und steckte sie unter einen Strohsack. Durch die Detonation brachte (ich) dann unseren Spieß in Rage, doch wurde ich deswegen nicht weitergemeldet. Dafür erhielt ich eine Belohnung und wurde extra sehr schnell und zwar am 4.1.1918 zur 2. Ersatz-Kompanie versetzt. Urlaub hatte ich gleich nach meiner Ankunft in Nürnberg erhalten. Als ich in Vilseck vom Zug ausstieg, hatte ich noch 10,7 km nach Hause. Ich ging zu Fuß und etwa einen Kilometer von Vilseck nach Haag traf ich meinen Vetter Georg Anamater (Hausname – wahrscheinlich Engelhard), der mit dem Ochsenfuhrwerk nach Hause fuhr. Ich setzte mich auf das Fuhrwerk und bei dem Gespräch erkannte er mich erst, als ich meinen Namen nannte. Ich war von dem Blutverlust äußerst bleich und mager. Am Eingang zum Pfarrdorf Haag, unmittelbar (an) unser(er) Straßenwiese stieg ich ab, da meine Mutter auf derselben den im Herbst zuvor aufgefahrenen Dünger zerrechnete. Als ich näher kam, sah sie wohl einen Moment auf, arbeitete aber wieder weiter, weil sie von mir keine Ahnung hatte und mich auch infolge meines abgefallenen Körpers nicht zu erkennen vermochte. Nachdem ich ihr zurief „Mutter erkennst du mich denn nicht“, weinte sie vor Rührung, und nach herzlicher Umarmung ging sie mit mir nach Hause. Hier erholte ich mich, alle Früh bekam ich von den Kühen her noch warme Milch und auch sonst steckte sie mir zu, damit ich wieder zu Kräften käme. Nachdem der Urlaub zu Ende war, fuhr ich nach Nürnberg zu meiner Kompanie zurück. Es war bereits eine Abstellung ins Feld erwogen, doch eine Bartflechte verschob dies; am 19.1.1918 (?)war es aber soweit und ich wurde zum 13. Bayerischen Infanterie Regiment im Feld in Marsch gesetzt. Zuvor verlangte ich aber noch einige Tage Urlaub. Hauptmann Durst der 2. Ersatz Kompanie wollte zuerst nicht, doch als ich mich nicht abweisen ließ und wieder zur gleichen Stunde vorsprach, bewilligte er schließlich doch einige Tage. Ich musste aber versprechen, dass ich bei Telegramm sofort kommen müsse. Am 18.1. (?) kam abends tatsächlich ein Telegramm. Ich war bereits in die Wirtschaft gegangen und spielte Karten, als mein Vater ankam und mich bat heimzukommen. Da ich zu dieser Zeit nicht fortkommen konnte, ließ ich erstmals ein Glas Bier meinem Vater vorsetzen und gegen 23 Uhr gingen wir beide nach Hause.

 

Eine interessante Begebenheit: Anlässlich (meines Aufenthalts) bei der Genesungskompanie wurde ich zum Gerichtsoffizier vorgeladen. Dort wurde ich beschuldigt, während meines Aufenthalts im Marienhospital Schwerte an der Ruhr ein Silberbesteck entwendet zu haben. Ich war baff und konnte dies mit ruhigem Gewissen verneinen. Ich konnte jedoch angeben, dass ein weiterer Schmidt im Lazarett gewesen sei. Nach 14 Tagen wurde ich wieder vorgeladen und mir mitgeteilt, dass nun die Sache erledigt sei, der Andere hatte den Diebstahl zugestanden. Meinem Spieß teilte ich dann den Ausgang der Sache mit. Natürlich war ich über die Angelegenheit ziemlich wütend, der Gerichstsoffizier beruhigte mich wohl, aber das war schon alles. Etwas Ähnliches hatte ich auch noch später, doch darüber zur gegebenen Zeit.

 

Als nun am 18.1.1918 das Telegramm eingetroffen war, konnte ich an diesem Abend nicht mehr wegfahren. Es ging weder die Post von Haag nach Vilseck und von da aus konnte ich mit der Eisenbahn erst am nächsten Tage vormittags gegen 9 Uhr nach Nürnberg abfahren.

Ich kam auch noch rechtzeitig. Als ich in die Kaserne kam, stellten sie gerade den Abtransport zusammen. Ich brauchte nur noch meinen gepackten Tornister, sowie Gewehr und sonstige Ausrüstung in die Hand nehmen, das sonstige Mitbringsel von zu Hause auf den Tornister packen und um 14 Uhr ging es bereits zum Verladebahnhof und abends oder vielmehr am späten Nachmittag ging, bzw. fuhr unser Transportzug über Würzburg am Rhein entlang über die Grenze nach Frankreich. Ich wurde mit anderen der I. Kompanie des Bayerischen Infanterie-Regiments zugeteilt. Als Kompanieführer hatte ich Feldwebel Strobel, der mich nach einiger Zeit als seinen Diener beanspruchte.

Nachdem erst einmal die Truppe in einer großen Felddienstübung zusammengeschweisst wurde, ging es zunächst nach Verdun in Stellung. Ich kam zuerst in die Schwaben- , dann  (in) der sogenannten Kanonenschlucht in Stellung, vor der Höhe 344. (dies war später)

Bereits am 1.3.1918 wurden wir bei Artois in Stellungskämpfe verwickelt. Am 21.3. begann dann unter Aufwand von fortdauerndem Trommelfeuer von englischer und französischer Seite die große Schlacht. Durchbruchsschlacht Malmédy und Cambrai, die sich über Bapaume bis 25.3.1918 fortsetzte. Am 26.3.1918 kam dann das große Gefecht bei Bazelles und Bogny-sur-Meuse. Endlich kamen wir dann einige Tage in Ruhe. Am 1.4. bis 28.5. befanden wir uns dauernd in Bewegung und in Stellung (und) kämpften in Flandern selbst. Thonhunt (wohl Torhout oder Torhand) ist mir noch in Erinnerung, da (sich) daselbst unsere Kompaniekanzlei befand. Im Ijserbogen (deutsch Yser) gab es ebenfalls verlustreiche Kämpfe auf beiden Seiten. Dazwischen war auch eine Ruhezeit. Am 17.4. erhielt ich das EK II. Klasse, gleichzeitig wurde ich auch zum Gefreiten überz. (?) befördert. In diesen Kämpfen ist bezeichnenderweise die Durchbruchschlacht in Richtung Amiens zu erwähnen. Von unserer Kompanie unter Leutnant Himmer nahmen wir im ersten Ansturm die Croisilleshöhe nachdem wir bei Sandema (wohl Saint-Mein) das Ergänzungslager der Tommys überrannt hatten. Diese Höhe kostete uns 65 Mann darunter 9 Tote. Wir kamen in das MG-Flankenfeuer der Engländer, daher auch die großen Verluste. Mein Gruppenführer, er hieß soviel ich mich erinnere Bäumler fiel durch einen Kopfschuss hinter dem MG. Ich führte die Gurt zu. Überdies waren wir wie auf einem Teller auf der Anhöhe. Man konnte sie auch nicht verlassen. Als ich merkte, dass Bäumler gefallen war, rollte ich mich zur Seite, rief einen Kameraden heran zum Gurtführer (?) und ich schoss, trotz heftigen Kugeleinschlägen auf die nächste Anhöhe, in der sich die Engländer festgesetzt hatten. Erst nach Anbruch der Dunkelheit trat Ruhe an der gesamten Front ein. Als ich seinerzeit zur 1. Kompanie stieß, kam mit mir auch Sergeant Braun von Nürnberg aus ins Feld. Er hatte vom Kriegsgeschehen überhaupt noch nichts gesehen. Er ging mit mir vor zur Stellung der 1. Linie. Als er über den Grabenrand hinuntersteigen wollte, fiel ein einzelner Schuss. Es schoss der Bech (evtl. Pech?) sagten wir sonst. Braun hatte seinen Bauchschuss weg. Er wurde schnell verbunden und dann trugen ihn die Sanitäter zurück zum Verbandsplatz. Er hatte also schon gleich Pech, ob er mit dem Leben davon kam? Ich habe nichts mehr von ihm gehört. Eigentümlicherweise wude ich seinerzeit und gleich bald nach unserer Ankunft bei der Kompanie zum Kompanieführer, Namen weiß ich nicht mehr, „war es Neff“ geladen und nun schlug’s 13. Ich (sicher mir) wurde als Vater gratuliert. Mir war diese Angelegenheit äußerst pomadig, zumal das Schreiben auch bei meinen Eltern eröffnet worden war. Den Brief, den ich von Hause erhielt, brauchte ich nicht hinter den Spiegel zu stecken. Das Schönste war, dass ich das Mädchen, welches ziemlich älter war, gar nicht kannte. Der eigentliche Vater des Kindes kam später auch bei einem anderen Truppenteil zum Vorschein. Mir wurde dies dann auch nach längerer Zeit eröffnet. Über diesen Brief von Hause war ich aber so empört, dass ich fast vier Wochen nicht nach Hause geschrieben habe. In meinem Alter hatte man großen Spund vor Mädchen, überdies war die besagte Kindesmutter eine Kellnerin. Ihr Liebhaber war seinerzeit ebenfalls wie ich in der gleichen Ersatzkompanie zu Nürnberg. Er soll erst einige Tage später ins Feld gekommen sein, so wurde mir dies wenigstens gesagt. Eine fatale Angelegenheit, die umso mehr interessant war als es sich um den gleichen Geburtstag und Ort, letzterer jedoch (in) Niederbayern handelte.

Nach Croisilles stürmten wir auch den im  Tal befindlichen Friedhof und beschossen die weiter entfernt liegende Höhe, die mit Flammenwerfern gesäubert wurde. Auch ein Bunker, der ziemlich Besatzung hatte, musste sich ergeben. D(as) bewirkten bereits Handgranaten durch die Schießscharten, aus welchem sogar ein feuerndes MG herausgeholt wurde. Bei einem Vormarsch von Croisilles durch die Mulde als Meldegänger, wurde ich von einem englischen Flieger beschossen. Da neben mir die Geschosse einschlugen, schoss ich mit meinem Gewehr das ganze Magazin leer. Vermutlich kamen dem Flugzeug auch meine Geschosse ziemlich nahe, es schwenkte plötzlich ab in Richtung der Front (ab). Bei dem Rückzug der Engländer, es waren Schotten, kamen sie in unser geziehltes MG- und Gewehrfeuer, als sie aus einer Mulde über den zweiten Höhenkamm zu fliehen versuchten. Unzählige Tote und Verwundete – es sollen etwa 400 gewesen sein, blieben in und am Ausgang der Mulde in unserem geziehlten Feuer liegen. In das Ersatzlager Sandmont (wahrscheinlich Ècouste-Saint-Mein) kamen wir unverhofft zu früh für die Tommys. Sie wurden buchstäblich überrascht. Als ich ein(en) Bunker betrat, saßen Engländer noch gemütlich beim Essen. Ich jagte sie mit vorgehaltener Pistole heraus; sie kamen so in Gefangenschaft. Ein Engländer, den ich im Gelände traf, nahm sein Gewehr auf und drang auf mich ein. Doch (ich) war flinker, schlug ihm das Gewehr auf die Seite, als er auf mich einstechen wollte. Darauf ließ er das Gewehr fallen, ich hatte ihn an der Seite etwas erwischt und er bat mit den Worten „Pardon, Kamerad, fünf Kinder“ dabei streckte er die Hand hoch. Wütend hierüber, dass er wieder zum Gewehr griff, gab ich ihm eine schallende Ohrfeige und verwies ihn nach hinten. Er hatte Glück, ein anderer hätte ihn bestimmt erschossen. Zehn Tage nach dem Einbruch in die englischen Stellungen, die besonders von österreichischen Mörserhaubitzen stark unterstützt wurde, kam unsere Ablösung. Unser Regiment war am rechten Flügel nach vorherigem Durchbruch anderer Truppenteile eingesetzt. Wir lösten die Truppe bei Croisilles ab. Beim Vormarsch hinter diese lag ein Deutscher auf dem Rücken unweit der österreichischen Artillerie. Ich glaubte, dass er schlafe, da er sein Gesicht mit der Mütze verdeckt hatte, doch als ich diese wegzog, sah ich, dass er tot war. (Im) ersten englischen Graben, den wir überschritten, waren Engländer noch stehend in diesem, doch waren diese bis in Brusthöhe verschüttet und tot. Nach der Erstürmung der Croisilleshöhe hatte ich die Kolonne von Essensträgern bis zur Ortschaft Croisilles, bis dahin waren die Feldküchen nachgekommen, zu führen und nach vorne wieder zu bringen. Jeder Mann hatte 4-6 Kochkessel sowie zwei Feldflaschen mit Essen und Tee zu tragen; ich selbst trug mit anderen Wurst und Brot. Als wir fast zur Anhöhe kamen, tauchte plötzlich mit seinem Adjudanten der Regimentskommandeur, Major Mark auf. Ich machte Meldung, er aber fragte mich, ob er eventuell auch etwas haben könnte. Wir hatten reichlich, es waren ja bei der Erstürmung 65 Mann ausgefallen und das Essen wurde auch für diese ausgegeben. Major Mark, der uns ein sehr guter Vater war, konnte für sich und seinen Adjudanten nehmen, was er brauchte. Sie nahmen nur einige Stücke Wurst und etwas Brot. Von Seiten der Kompanie waren Posten bereits ausgestellt um keine Überraschungen zu erleben. Nachdem die Kochgeschirre mit Essen, Wurst, Brot und Tee verteilt waren, konnte schließlich auch ich mit meinen Kameraden das Essen – es gab Büchsenstampf – einnehmen. Ich hatte mich mit drei weiteren Kameraden in einem Granatloch eingenistet, dort (etwas) wie eine Sitzbank ausgeschaufelt. Als wir zum Essen anfingen, schlug hinter uns eine englische Granate ein, sie drang durch das aufgeworfene Erdreich und stieß mit dem Zünder durch an meinen Rücken und blieb dann stehen. Wäre sie detoniert, was dann. Meine Kameraden sprangen auf und rannten zu einem anderen Granattrichter. Unser Essen war futsch, denn unsere Kochgeschirre waren mit Erde überschüttet worden. Ich selbst nahm die Granate hinter mir aus dem aufgelockerten Erdreich und warf sie zum Abhang hinunter. Sie krepierte auch da nicht. Ich hatte eben Glück. In den Granattrichter, (in) den meine beiden Kameraden geflüchtet waren, dort waren schon drei, schlug ein Volltreffer und alle waren tot. Nach zehn Tagen wurden wir abgelöst; wir kamen nach Croisilles zurück. Von unserer Kompanie waren nur noch 21 Mann übriggeblieben, von meiner Gruppe war ich der Einzige, unser Kompanieführer war dem Weinen nahe, von 140 nun der Rest. In Croisilles wurde nun die Post verteilt und auch die Pakete von den(en), die nicht mehr da waren. Von einem Kameraden, der auf der Croisilles(höhe) fiel, nahm ich dessen Uhr, seine Tabakspfeife mit Beutel an mich und ich sandte die Uhr an die Adresse (von seinem) Mädchen in Württemberg. Nicht lange kam von dieser ein Päckchen mit Schweizer Stumpen und Sonstiges an mich. Mit ihrem Schreiben kam ich in Verlegenheit, sie suchte ihre Freundschaft auf mich auszudehen. Da sie wieder schrieb und ein Paket sandte, übergab ich deren Adresse einem Kameraden, dem es nichts ausmachte von dem unbekannten Mädchen Geschenke anzunehmen.

Hierbei waren auch Stellungskämpfe im Ypernbogen und Stellungskämpfe an der Maas mit einbezogen. Nachdem unsere Kompanie bzw. das 1. Bataillon durch die andauernden schweren Verluste stark gelitten hatte, wurde ich mit anderen Kameraden durch völlige Auflösung zur 12. Kompanie gleichen Regiments versetzt. Für mich was dies ungünstig, da wir dort neu anfangen und deshalb (bei) einer Beförderung im Nachteil waren. Zunächst wurden wir bei Verdun eingesetzt und (gingen) dort bis 4.8.1918 im Raume Kanonen-Schwabenschlucht in Stellung. Hier lagen uns französische Alpenjäger gegenüber; gegenseitig gab es hier manchmal kleinere Zusammenstöße mit ihnen. Mit Feldwebel-Leutnant Strobel waren wir einmal vor der Höhe 344 oder auch … vorgestoßen, mussten aber, da wir auf Abwehr stießen, zurückgehen. Hier … wurde ich gegen meinen Willen, als Bursche bei Strobel eingeteilt. Leutnant Strobel wurde hierbei an einer Übung in Estrées, woselbst wir  abwechslungsweise in Ruhe lagen, durch eine Handgranate verletzt. Ihm wurde die Stirnhaut aufgerissen; dabei hatte er noch sehr viel Glück. Einmal hatte ich von der Schwabenschlucht aus in Richtung der Höhe 344 bei hellichtem Tage die ehemaligen Grabenstellungen festzustellen und in die Karte einzuzeichnen. Hierbei wurde ich von den Franzosen durch einen Scharfschützen beschossen. Ich täusche deshalb mein Auftauchen immer vor, durch schnelles Aufschnellen, und wenn der Schuss gefallen war, sprang ich von dem abgegrenzten Grabenstück hinüber. Ein paarmal kam ich in Gefahr, getroffen zu werden, hatte aber immer Glück. Manchmal spielte ich mit, doch die Kugeln pfiffen mir ganz nahe vorbei. Immerhin lag(en) zwischen der Höhe, wo ich auch ein Verpflegungsdepot ausmachen sollte und der Höhe 344 ein Tal, und deshalb doch einige 100 m vom Schützen der französischen Linie entfernt. Als ich den Auftrag erledigt hatte, kehrte ich zur Kanonenschlucht zu unserem Unterstand zurück. Später suchte ich mit Unteroffizier Müller auf freiem Gelände rückwärts der Kanonenschlucht ebenfalls nach einem Verpflegungsdepot. Nach längerem Umherstreifen fand ich schließlich abseits eines Grabens tatsächlich ein solches, es war in einem hölzernen Verlies eine größere Menge an Fleischdosen untergebracht. Auch dieses Depot wurde registriert. Müller war in Augsburg beheimatet, war Anwärter auf Offizier. Er trug so dicke Brille und sah nur auf kürzeste Entfernung Gegenstände. Ich ärgerte mich damals über ihn. Von der Front waren wir eingesehen und es ließ sich darauf warten, bis wir unter Beschuss genommen wurden. Es dauerte nicht lange, dann setzten uns die Franzmänner eine Granate nach der anderen vor und hinter uns. Dieses Granatfeuer war gezielt. Wenn nun eine Granate hinter uns einschlug, drehte sich Müller um und sah verdutzt immer dorthin, wo die Granate detonierte. Die Splitterstreuung war sehr gefährlich. Obwohl ich Müller aufforderte, doch nicht so langsam zu sein, wir hatten bisher auch das Depot noch nicht gefunden, beeilte er sich in keiner Weise. Ich bemerkte, dass er nichts sah, d.h. er erkannte die nähere Umgebung nur auf einige Meter. Nachdem die Gefahr immer größer wurde und er mit seiner Umwelt anscheinend nicht fertig wurde, rief ich ihm den Spruch „Götz von Berlichingen“ an den Hals. Das war ihm etwas zu viel und er brüllte mich auch seinerzeit an, was ich mir erlaubte, etc. Inzwischen hatte ich das Depot entdeckt, auf einer Seite war ein starkes Brett lose, sonst im Übrigen vollständig in Ordnung. Nachdem ich das Brett in die alte Stellung verpasst hatte, glaubte er, dass ich mir irgendwelche Fleischdosen aneigne. Doch war dies ja nicht der Fall, ich ordnete einige Dosen in d(em) Versteck und da in unmittelbarer Nähe immer wieder Granaten einschlugen, packte ich ihn an der Hand, um mit ihm aus dem Gefahrenbereich zu ziehen. Er war wirklich ein Pedant (?)aber sonst ein guter Kerl. Nachdem er endlich das Depot im bez. Quadrat eingezeichnet hatte, schlichen wir uns zur Schwabenschlucht zurück, um beim … unsere Meldung weiterzureichen.

Zur Schwabenschlucht: Am Nordhang fanden wir einige Gräber von deutschen Soldaten. Da die Birkenkreuze nicht mit Namen der Gefallenen versehen waren, wurden diese geöffnet. Dabei stellte sich heraus, dass Angehörige unseres Regiments Nr. 13 darin beerdigt waren, die seinerzeit Verdun berannten, bzw. hier in diese Richtung vormarschierten. Von Estrées, in diesem Ort, einige Kilometer hinter der Front, lagen wir seinerzeit in Ruhe und vor dem sogeannten großen Stern auf der rückwärtigen Höhe ging ein Feldbahngleis und wuden auf diesem Munition für die Gewehre, etc. als auch Munition für manche Bedürfnisse, also Verpflegung, vorgebracht. Ein Kamerad sollte damals abgelöst werden, oder war es in der Gegend von Reims(?). Da er nicht zurückkam, musste ich ihn suchen. Ich fand ihn tot neben einem Busch oder Strauch. Es hatte ihn ein Granatsplitter tödlich getroffen. Er wäre nach Hause geschickt worden, da mehrere Brüder von ihm schon gefallen waren. Ein tragisches Schicksal.

In der weiteren Umbildung des Regiments wurde ich als Ordonnanz beim Bataillon verwendet und dem Stabe zugeteilt. In der Zeit vom 4.8. – 9.8.1918 kamen wir dann (zum) Abschnitt Verdun, wurden verladen und es hieß, dass wir nach Italien kämen. Wir freuten uns schon, aber es kam anders. Bei oder unweit Malmédy blieb unser Zug stehen. Wir vertraten nun die Füße, doch ging ich bald wieder in meinen Waggon zurück, um zu schlafen. In diesem dämmernden Schlaf hörte ich plötzlich mehrmals meinen Namen rufen. Als ich mich meldete und aus dem Viehwagen heraussah, kam ein Bahnbeamter auf mich zu und stellte sich als mein Schwager Michl Kohl vor, der meine Schwester Theresia geheiratet hatte. Michl war in Malmédy stationiert. Zu meiner größten Freude brachte er 100 Stück Zigaretten zum Vorschein, die er mir schenkte. Natürlich war unsere Verwandtschaft damit besiegelt. Wir unterhielten uns etwa ½ Stunde, meine Adresse hatte er von seiner Frau erfahren und da er über die Truppenverschiebung wusste, suchte er nach mir. Von Norden aus Richtung Reims hörte man (eine) ziemliche Kanonade und es schwante mir nichts Gutes, mein Schwager und ich waren der Meinung, dass das von uns erwartete Italien, eventuell Reims heiße. Dies war auch der Fall. Wir trennten uns mit Händedruck und wünschten uns gegenseitig Glück. Michl musste wieder seinen Dienst in Longwy antreten. Auch bei uns dauerte es nur noch kurz. Als wir in den Bahnhof einfuhren, bog der Zug nach links und wir fuhren dem Kampfgetöse zu. Unweit Reims wurden wir ausgeladen und sogleich in der Abwehrschlacht zwischen Somme und Oise in Einsatz gebracht. Vom 4.9. (bis) 18.9.1918. bewegte sich das Kampfgeschehen im erbitterten Ringen.Anschließend begann (es) dann unter großem Materialeinsatz durch die Engländer und Amis zwischen Cambrai und St.-Quentin. Vor St.-Quentin lag St.-Maly (wahrscheinlich Harly bei St.-Quentin), in diesem schlossähnlichen Gebäude war der Bataillonstab untergebracht. Wir hatten uns gemütlich eingerichtet im Vorhofe, es gab ziemlich Branntwein und wir spielten Karten. Von Zeit zu Zeit wurden wir als Ordonnanzen aufgerufen und hatten zu den einzelnen Kompanien an der ersten Linie Befehle zu überbringen oder solche entgegenzunehmen imd zurückzubringen. Danach hatte ich ziemlich Schnaps erwischt und dies war mein Glück. Meine Betrunkenheit ließen sich meine Kameraden etwas kosten, wenn ich von einem Gange zurückkam, drückten sie mir wieder eine Meldung in die Hand und ich rannte wieder los. Es war kein Spaziergang als Meldeläufer. Auf das Gelände, in dem St.-Quentin lag, (fiel) dauernd schweres Artilleriefeuer und man musste immer die Feuerwalze unterlaufen, um zu den einzelnen Kompanien durchzukommen. Bei einem solchen Gang, sah ich unweit von St.-Maly (Harly) den Marketender, der auf dem mit Pferden bespannten und mit Planen überspannten Wagen saß und Marketenderware, wie Branntwein, Zigaretten und anderes mehr verkaufte. Ich eroberte eine Flasche Schnaps. Da das Feuer auch auf der Straße lag, ging der Verkauf sehr schnell vonstatten. Bei diesem Ereignis kam der Marketender ums Leben. Ich war noch nicht weit davon entfernt, als eine Granate einschlug und dem Marketender buchstäblich den Kopf wegriss. Soweit noch jemand in der Nähe war, lief alles davon, auch ich sprang davon. Als ich in den Hof des Schlosses zurückkam, sah es fürchterlich aus. Eine Granate hatte in die Laube, in der (einige) von meinen Kameraden Karten spielte(n) eingeschlagen und nun lagen sie bleich und tot im Hofe. Ich wäre sicher auch hier gewesen, wenn sie (mir) nicht die Gänge als Ordonnanz überstellt hätten. Durch ein gütiges Vorsehen bin ich vom Tode bewahrt geblieben. Bei einem weiteren Befehlsgang musste ich als Ordonnanz zu den Kompanien vor und Befehle an die jeweiligen Kompanien vorbringen. Hier musste ich immer durch St.-Quentin. Da seinerzeit an diesem Tage schweres Artilleriefeuer auf  St.-Quentin selbst und allen Ausfallsstraßen lag, hielt ich an der Dommauer an, um mich zu decken. Beim Dom standen nur noch die Mauern. In gleicher Zeit hielt auch ein anderer Meldeläufer an und suchte Schutz an der hohen Dommauer, da das Artilleriefeuer ringsum sehr stark und die Granateinschläge pausenlos detonierten. Ein Inferno ähnlich wie in der bereits geschilderten Flandernschlacht im Jahre 1917. Während wir an dieser Mauer etwas Deckung suchten, schlug eine schwere Granate im Innern des zerstörten Doms ein. Ich bemerkte gerade noch wie plötzlich die ca. 15 Meter hohe Mauer wankte und sich auf uns zuneigte. Ich schrie meinem Kameraden zu „weg“ und er und ich rannten um unser Leben. Kaum hatten wir uns ein Stück vom Dom weg …, da stürzte die Mauer zusammen. Sie hätte uns erschlagen und kein Mensch hätte uns mehr gefunden; vielleicht als Skelett bei der Aufräumung. Ein gutes Geschick hatte uns beide bewahrt. Ich setzte meinen Lauf durch die zerstörte Stadt fort und am Westausgang sprang ich zu einem kleinen Haus, einesteils um Deckung zu nehmen, andererseits auch, weil dort unter der Eingangstüre eine ältere Matrone - man kann auch sagen Frau – (war) die dem Toben der einschlagenden Granaten wie etwa bei einem Gewitter zusah. Ich machte die Frau teils in deutschen, z.T. auch mit französischen Worten vermischt, aufmerksam, sich doch zu ducken. Anschließend äußerte ich auch „Franzos kaputt“. Dies hätte ich vielleicht nicht sagen sollen. Diese alte gebeugte Frau richtete sich plötzlich in ihrer ganzen Größe auf und erwidere mir: Non, Non Monsieur, France nicht kaputt, German kaputt. Diese Worte habe ich mir bis heute ins Gedächtnis eingegraben. So konnte nur eine Frau reden, die wusste, was sie sprach. Mir war die Sprache weg; ich sagte ihr nur noch, sie solle doch Deckung suchen. Darauf erklärte sie, sie sei eine alte Frau, um ihr Leben gräme sie sich nicht. Ich rannte dann wieder fort zur vorderen Kampflinie, die gleichfalls unter Feuer lag, gab meine Befehle an die einzelnen Kompanien ab. Dabei musste ich immer von Granatloch zu Granatloch oder die aufgeworfenen Deckungsgräben, soweit vorhanden, springen. Manchmal war es auch ein Spiel mit dem Tode. Meinem Kompanieführer, den ich ebenfalls traf, erzählte ich den Vorfall mit dieser Französin und ich erwähnte auch, dass der Krieg verloren sei.

Durch den Druck der Feindmächte, insbesondere die Überlegenheit des Materialeinsatzes, mussten (wir) immer wieder eine Position um die andere räumen. Die Verlegung in die Hermannstellung war ebenfalls mit schweren Kämpfen (verbunden) und insbesondere die große Schlacht Verly Grerangerie-Aisonville (?) brachte erneut einen verzweifelten Ansturm von Franzosen, die immer wieder im deutschen Abwehrfeuer zusammenbrachen. In neun gestaffelten Angriffen suchten sie unsere Front bei Aisonville zu durchbrechen. Der französische Generalstab brachte durch Funkspruch seine Absicht dar, dass er die 6. Division-Armee nunmehr ablösen wolle. Die Franzosen hatten sich getäuscht. Obwohl sie pausenlos anstürmten, vor unseren Linien kamen die Stürmer zu stehen. Tote und Tote ließen sie zurück. Der Artillerie-Einsatz von Seiten der Alliierten war ohne Pause, der ganz vor und hinter unseren Linien bebte, und war manchmal so dunkel und undurchsichtbar, da das Erdreich dauernd durch die einschlagenden Granaten empor geschleudert wurde. In Aisonville hatten wir am westlichen Ortsende enen Keller, der unserer Kompanie zur Unterkunft diente. Ein Teil der Kompanie lag in den behelfsmäßig ausgebauten Granattrichtern und Gräben. Auf diesen Keller schlug eine schwere Granate. Im vorderen Eingangsteil kam die Hälfte des Gewölbes zum Einsturz, doch hatten wir keine Verluste. Während draußen die Hölle tobte und gerade wieder ein Ansturm der Franzosen zerschellte, erhielt ich den Befehl, sofort zum Befehlsstand der AHK zu gehen, um dort um sofortige Abstellung einer Munitionskolonne zu erbitten, da bei weiteren Kampfhandlungen unsere Munitionsvorräte bald zu Ende gingen. Ich bekam 20 Mann von einer sächsischen Einheit mit einem Sergeanten. Sie wurden von mir unterrichtet, wo wir unsere Infanterie- und MG-Munition abholen und nach vorne von Eteravere (Étaves ?) nach Aisonville bringen konnten. Eile tat not und es wurde von mir die Mannschaft auch darüber belehrt, dass ich mit allen Mitteln durchgreifen würde, sie hätten sich unterzuordnen. Auf dem Marsch zur Kirche in Ètaves lag das Gelände gleichfalls im Artilleriefeuer. Ich kam ohne Verluste dort an und es wurde soviel Munition in Empfang genommen, als wir irgendwie tragen konnten. Ich selbst blieb hier nicht ausgenommen, ich trieb immer zur Eile, da ich wusste, dass hiervon das Ausharren meiner Kompanie abhängig war. Die Männer in der Kirche zu Ètaves waren auch nicht zu beneiden, da dieser Ort ebenso im feindlichen Feuer lag. Bei dem Marsche von Ètaves  nach Aisonville kam ich in unmittelbare Nähe einer Batterie des 10. Feldartillerie-Regiments. Diese Artilleristen hatten einen schweren Stand, da sie ebenfalls dauernd mit Salven von Granaten eingedeckt wurden. Als ich mit meiner Transportkolonne vorüberging, rief mich plötzlich einer an, mit den Worten „Sepp wohin“. Es war mein Schulkamerad Thomas Regler (Großenbauer) aus Haag. Nach Wechseln einiger Worte und Händedruck und mit weiterem Glück ging es weiter in Richtung Aisonville, das an einem Berghange lag. Am Ortsrande – der Ort war mit einer Mauer umgeben, ließ mich die Trägertruppe im Stiche, warf mir die ganzen Kisten hin, und alle rannten davon. Man konnte ihnen einesteils nicht gram sein, das Granatfeuer war heftig und es brandete gerade wieder ein Angriff der Franzosen. Ich packte einige Kanister MG-Munition und rannte durch die zerschossene Ortschaft der Kampflinie zu. Plötzlich schlug eine schwere Granate vor mir in ein bereits zerstörtes Haus. Ich wurde von einem größeren Mauerstück getroffen und zu Boden geworfen. Trotzdem, ich hatte Glück, es schmerzte mir zwar die rechte Schulter, doch raffte ich mich auf und brachte die mit Munition gefüllten Kästen, hauptsächlich MG-Munition nach vorne. Es war höchste Zeit, da ein MG bereits ohne Munition war. Mit weiteren Kameraden holte ich schließlich die vor der Ortschaft liegenden Munitionskästen, etwa rund 80 Kästen (je ca. 500 Schuss) nach vorn. Wir kamen ohne Verluste davon, soweit eben nicht Dieser oder Jener verwundet wurde. Unsere Kompanie war durch die fortwährenden Verwundeten stark geschmolzen. Ein paar Tage danach wurden wir endlich abgelöst. Wir waren je ununterbrochen wochenlang im Einsatz und wurden zur eisernen Division gestempelt. Ich denke heute noch traurig zurück an die Kameraden, wie Feldwebel Klein, der mit mir, immer wieder, oft schwierige Dinge meisterte. War es nun Zurückbringung eines Verwundeten, obwohl ich oft durch die dauernde Beanspruchung sehr müde war, holte er mich nachts aus dem Schlafe im Granattrichter. Wir gingen über die Kampflinie hinaus und holten einen verwundeten Kameraden zurück oder ich baute mit ihm unter schwersten Bedingungen die Abwehr auf. Ich denke oft zurück an das Schloss im Walde Compiègne, in welchem die Waffenruhe später mit den Franzosen und Engländern abgeschlossen wurde. Hier ging ich als Ordonnanz aus und ein. Ich erinnere mich an die schweren Verluste an und hinter der Somme. Hier hatten wir tote Kameraden in größeren Mengen wie einen Holzstoß zusammengelegt, da sie weggebracht werden sollten. Sie blieben liegen, durch die drückende Übermacht mussten wir zurück und alles blieb zurück. Bei verschiedenen Anlässen waren es oft fürchterliche Stunden der Not in den Orten Essygny-le-Grand (Groß-Essyne ?). Hier brachte ich eines Tages eine Meldung nach vorne. Infolge Erschöpfung blieb ich dort, da die Salven von Granaten die Rückkunft über das freie Feld nicht mehr möglich war. Die Kompanie lag neben dem Damme der Bahn und rechts darüber hinaus in aufgeworfenen Grabenstücken. Meistens waren hier nur drei Kameraden, nur am Bahndamm, der durch einen Bergdurchstich führte, waren ehemalige Feindbunker. Ich schlief in einem derartigen Grabenstück inmitten einer Wiese ein. Ich wurde auch nicht wach, als mich Kameraden rüttelten. Wie und wann ich schließlich erwachte weiß ich nicht. Erst als auf mich eine große Menge Erde fiel, kam ich zu mir und ich sah mich allein. Vermutlich kam ich auch erst bei dem dauernden Krachen der berstenden Granaten zur Besinnung. Als ich mich emporrichtete und mich umsah, war die Wiese wie umgeackert. Mein Grabenstück war ringsum noch frei, lediglich Erdbrocken lagen darauf. Alle Kameradne hatten die Löcher verlassen und waren zum Bahndamm geeilt, suchten Deckung in der Bahnschneise. Ich blieb in dem Grabenstück liegen, ich musste dort bis nachmittags geschlafen haben. Jedenfalls habe ich von dem Trommelfeuer erst dann gehört, als ich mit Erde überschüttet wurde. Ich blieb in deisem Loche bis (zu) anbrechender Dunkelheit. Hier kamen auch die Kameraden zurück und wunderten sich, dass ich am Leben war. Mein tiefer Schlaf war darauf zurückzuführen,  weil ich fast drei Nächte nicht mehr zum Schlaf kam.

Als wir seinerzeit zum Sturm, bzw. Rückeroberung von Essygny antraten, kam der Kompanieführer Gläser nicht aus seinem Unterstand, obwohl die Kompagnie schon in Ausgangsstellung gegangen war. Damals schickte mich der Vize zurück und ich sagte zu Leutnant Gläser, ehemals Mittelschullehrer aus Nürnberg, dass die Kompanie erst vorgehe, wenn er komme. Danach kam er, hielt zitternd die Pistole in der Hand und dann ging er mit uns in Richtung Essygny-le-Grand vor. Soviel ich mich erinnere, war Gläser auch der, welcher mir einst Gesicht sagte, da kommt ein Drückeberger, als ich vom Bataillon, woselbst ich als Ordonnanz abgeordnet war, wieder zur Kompanie zurückkam. Was ich sagte, weiß ich heute nicht mer. Am anderen Tage musste er mir das Verdienstkreuz überreichen, welches vom Regimentskommando mir verliehen wurde. Nun nahm er auch die gemachte Äußerung zurück und entschuldigte sich.

Was ich als Ordonnanz zu bieten hatte, das will ich nicht erläutern. Eigenlob ist kein Produkt für Mühe. Bevor ich die Gasvergiftung – Gelbkreuz – am 15./16.8.1918 bei Amiens erlitt, kam bei einem Gang vom Bataillon zu der Kompanie ein Kamerad ums Leben. Im riss ein Granatsplitter die beiden Augen entlang und drang in das Vordergehirn. Ich brachte ihn zurück in den Graben beim Bataillon. Hier musste er entsetzlich langsam sterben. Er saß auf der Erde, hatte die Knie mit beiden Händen umschlungen, wippte mit dem Körper und sein Blut drang unter Stöhnen aus der Wunde. Es dauerte ca. ½ Stunde bis ihn der Tod erlöste. Bei weiterem Gang wurde ein Kamerad durch einen Splitter an der linken Handfläche verletzt. Der Splitter durchschlug die Hand und blieb stecken. Die Wunde war etwa 5 cm breit. Sonderbarerweise musste mein Begleiter bei diesem Gang die Notdurft verrichten, als ihm dies passierte. Es war in der gleichen Waldspitze, die wir durchlaufen mussten, um zu der Kompanie zu kommen. Ich lief dann allein weiter, während mein Kamerad zum Bataillonstab zurückeilte. Am nächsten Tage lief ich mit einer anderen Ordonnanz den gleichen Weg. Das Artillereifeuer war meist gleich stark; insbesondere war die Waldspitze und im Übrigen das gesamte Gelände vor uns unter starkem Beschuss. Am Ausgang der Waldspitze befand sich ein Holzbunker, der nicht besetzt war. Da die Granaten gerade zu der Zeit in dauernder Folge einschlugen, blieben wir kurze Zeit in Deckung. Als gerade eine kurze Pause eintrat, sage ich zu meinem Kameraden, los und ich sprang zur Waldspitze hinaus um zu den Kompanien zu kommen. Als ich vorwärts eilte, blieb mein Begleiter zurück, da wiederum eine Salve in den Wald einschlug. Ich sah noch zurück, mein Begleiter verließ aber den Bunker, der mehrere Lagen Stämme aufeinander hatte, nicht und ließ ich allein den gefährlichen Weg laufen. Abgehetzt kam ich nach einiger Zeit – 1 ½ Stunden – zurück. Als ich nach meinem Begleiter beim Ordonnanz-Stabsführer Sergeamt Strobel fragte, wurde mir erklärt, bisher habe er ihn nicht gesehen. Einer dumpfe Ahnung folgend sah ich dann später nach dem Unterstand. Doch ich fand kei,nen mehr, eine schwere Granate hatte alles zertrümmert. Von meinem ehemaligen Begleiter war nichts zu sehen. Es war furchtbar. An drei oder waren es fünf,   Tagen hintereinander hatten wir oder ich bei den Gängen zu den Kompanien drei Ordonnanzen, davon zwei Tote und einen Verletzten, verloren. Es waren furchtbare Tage, die englische (und) französische Artillerie hämmerte fast pausenlos, nicht nur wir Ordonnanzen – wir mussten immer zu zweit laufen …. . Wenn einer ausfiel, konnte er helfen oder allein die Meldungen zu den drei Kompanien des Bataillons vorbringen. Telefon war bei dem  großen Kampfgeschehen immer im Ausfall, Funkapparate gab es nicht. Blinkmorse konnte nur selten durchdringen, da das Personal fehlte oder ausgefallen war. Es blieben also nur die Ordonnanzen zur Befehlsüberbringung. In diesen Tagen hatten auch die Truppen empfindliche Verluste. Bei Tage war uns immer noch der Ausgang von der Waldspitze am Günstigsten, im freien Gelände war es mehr als fürchterlich. Von diesem Gefechtsstande des Bataillons musste ich auch einmal am Abend den Regimentskommandanten Major Mark und seinen Adjundanten nach vorne bringen. Mark wollte sich selbst über die Lage an erster Linie orientieren. Sergeant Strobl holte mich, da ich bisher immer zurückgekommen bin. Major Mark, bei dem ich mich meldete, war so ein Mann (wie) mein Vater, sein Begleiter Oberleutnant war schlank und drahtig wie ich. Mark fragte mich, ob

ich mich fürchte wenn wir vorgehen. Ich verneinte dies und darauf gab er mir eine Zigarre. Da er mir Feuer geben wollte, gab ich ihm zu wissen, dass wir auf diesem Wege nicht rauchen könnten, hier müssten wir springen. Überdies müsse er mir folgen, denn der Gang sei gefährlich. Darauf meinte er zu seinem Adjudanten, dann müssen wir uns also unterordnen und er schmunzelte dabei. Nachdem wir den Unterstand verlassen, klärte ich Major Mark über das Vorgehen auf, wenn es aufzuckt auf feindlicher Seite wüsste ich so ziemlich wo die Granaten einschlugen, zuckte das Blitzen der Abschüsse dort und in anderer Richtung auf, dann pflegten die Geschosse dort, und oder hier einzuschlagen. Als nun in unmittelbarer Nähe vor unserem Graben die Lage von Granaten explodierte, lief ich los und fasste Major Mark bei der Hand. Ich lief mit ihm ca. 50 m und dann schrie ich „Deckung“, wobei ich in einen Granatsplitter(graben) sprang und (uns) zur Bodenwand des Trichters drückte. Kaum waren wir in Deckung, krepierten die Granaten vor oder um uns. Ich riss (den) Major an der Hand empor und wir sprangen weiter. Dies ging zwei- oder dreimal so, bis wir die Mulde vor uns überwunden hatten. Danach übersprangen wir (in den) am Hang liegenden „Opiwald“, so nannten wir es, Baumstämme und sonstiges, bis wir endlich oben die Grabensysteme der Kompanien erreichten, soweit (die) eben noch vorhanden waren. Hier traf Major Mark auch seinen Neffen, einen Leutnant, Name nicht mehr erinnerlich. Nachdem Major Mark sich bei den jeweiligen Kompanieführern, die meist nur in größeren Granatlöchern hausten, erkundigt und sich selbst orientiert hatte, führte ich die beiden Offiziere in die Ausgangsposition zurück. Es rollte wohl noch hie und da, doch hatte das Granatfeuer ziemlich nachgelassen. Das Opiwäldchen war total zerschossen, es bestand nur noch aus Baumstümpfen und Granattrichtern, die Baumstämme lagen teils zerfetzt kreuz und quer, kurz gesagt, es war als ob ein Orkan alles verwünstet hatte. Diesen und jeden ….. durch die schon beschriebene Waldspitze mussten wir Ordonnanzen zu zweit tags und nachts oft mehrmals durchspringen. Neben einer Nervenprobe war es jedesmal ein Wettlauf mit dem Tode.

Zu Leutnant Gläser möchte ich noch erwähnen, dass ich diesem nach dem Kriege an einem Sonntag entlang der Regnitzwiesen (ich glaube so hieß sie – heute bebaut – unterhalb des sogenannten Zwingers – in Nürnberg) mit (seiner) Frau begegnete. Ich sah ihn und er sah mich an, er erkannte mich und ich ihn, doch ich hatte keine Lust ihn anzusprechen, mit seiner Gegenwart hatte ich damals im Felde genug. Das Urteil, welches wir gegen Lehrer als Kompanieführer hatten, rundete das Bild nur ab. Selten trafen wir einen, der uns Vorbild sein sollte. Mit dem sogenannten Opiwald hatten wir Ordonnanzen …. , ich war selbstverständlich damit beauftragt, den Neffen des Major Mark, der in den folgenden Tagen gefallen war, zurückzubringen. Wir fanden ihn unter einem Baumstumpf. Eine Granate hatte ihm die Brust durchschlagen – ein Loch von ca. 15 cm – sonst fehlte ihm nichts. Wir beide rollten ihn (in) das mitgeführte Zelt und auf einer Stange hängend trugen wir ihn zurück. Da(ss) wir bei Tageslicht zu suchen hatten, war notwendig, wir kamen zurück trotz Granaten und Feuer. Später erhielten wir einen weiteren Ordonnanzen namens Schießer zugeteilt; dieser kam von der Kavallerie trug auch noch deren Uniform. Mit diesem machte ich noch manchen gefährlichen Gang, er shloss sich an mich an und wir waren bis zu meiner Rückbeorderung die Unzertrennlichen. Bei einem solchen Gang verfehlten wir einmal die mutmaßliche Linie, kamen über diese hinaus und plötzlich standen wir vor den Engländern, die ganauso wie wir erschraken und soeben sich eingruben. Diese Schrecksekunde dauerte nicht lange, wir kehrten blitzschnell um und rannten um unser Leben. Zum Glück war Nebel und  als von den Engländern die ersten MG-Garben um uns zwitscherten, warfen wir uns zu Boden und krochen mindestens einige 100 Meter zurück, woher wir gekommen. So stießen wir auf die deutsche Linie, die nur aus Granattrichtern im Gelände bestand. Zum Glück erkannten uns die Schützen auf unserer Seite, als wir uns verständigten und so kamen wir doch noch ans Ziel und gaben bei dem Kompanieführer unseren Befehlszettel ab. Dieser ebenfalls ein Leutnant – Name nicht mehr bekannt – traute sich nicht, aus seinem schusssicheren Unterstand. Sein Diener musste immer seine Extremitäten (gemeint sind wohl Exkremente!) – der Stahlhelm war ihm Lokus – hinaustragen, er hatte ja furchtbar Angst.

Bei dem 14. Infanterie-Regiment war Regimentskommandeur  Oberstleutnant Brenner, der seinerseits vor der Vimy-Höhe sich mit seinem Stab selbst verteidigte.

Mit Generalmajor von Riedl startete die Division (6 J D) am Kanal Oise oder Ijser ohne Artillerie-Vorbereitung einen Durchbruch, eingeschlossen (zusammen?) mit der 1. Marine-Infanterie. Nach Übergang des Kanals stürmten wir die erste, zweite und dritte Linie der feindlichen Stellungen. (Vor) uns lagen Stellungen der Belgier, die zum Teil sehr überrascht waren, doch blieben wir dann infolge einsetzenden Kartätschenfeuers der belgischen Artillerie liegen. Es war Wahnsinn, wir hatten bei dem Ansturm fürchterliche Verluste, insbesondere die 1. Marine- Infanterie. Die Männer dieser Infanterie waren Kolosse wie Schränke, sie mögen wohl in gewissen Kämpfen gut sein, sonst aber waren wir viel wendiger und flinker.

Tagsüber lagen wir meistens im Wasser, da das Gelände durch die Sprengung des Ijserkanals vollkommen überschwemmt war. Mit meiner Gruppe schleppte ich mit meinen … Floßtonne zum Kanal (?), danach lag ich ziemlich an der Spitze, es war ziemlich kalt, besonders bei Nacht. Wenn es dunkel war krochen wir auf die Erdhügel wie nasse Mäuse und wir mussten nur zusehen, um nicht von MG(-Feuer) erfasst zu werden. Am dritten Tage nachts, ich schlief gerade etwas, wurde ich geweckt, dass die Belgier kommen. Sie kamen tatsächlich, bei Anruf riefen sie „Pardon, Kamerad“. Sie kamen übergelaufen, sie hatten den Krieg satt, wahrscheinlich auch deshalb, weil sie wie wir buchstäblich im Wasser lagen. Ich wies sie mit Handbewegung nach hinten, es war(en) ca. 25 Mann. Begleitung bekamen sie nicht, ich sandte lediglich eine Meldung an den Kompanieführer. Nach einiger Zeit wurden wir abgelöst und lagen bei Diksmuide (frz. Dixmude). Hier sah es nicht viel anders aus, Gräben gab es nicht, es waren nur Dämme aufgebaut und wenn eine Granate explodierte, so lag freie Sicht bis zu den Engländern. Als ich einmal eine Meldung von einer Gefechtsstelle über die Laufroste bringen wollte, kam von der Seeseite eine schwere Granate mit dem üblichen Brüllen und Grollen eines Rollwagens heran. Ich warf mich sofort zu Boden. Die Granate schlug etwa fünf Meter vor mir auf den Laufrost ein. Da der Boden jedoch durch das Wasser grundlos war, erfolgte lediglich bei der Explosion ein Erdaufwurf, dessen Brocken auch noch auf mich fielen. Danach sprang ich über den Trichter. Der Erdaufbau war ebenfalls weggefegt und freie Sicht bis zu den Engländern. Vor uns war fast durchwegs Wasser, nur in einer gewissen Entfernung war eine Insel, die von den Engländern besetzt (war) und von dieser wurden wir immer beschossen. Nun sollte diese Störung ausgeschaltet werden. Schwimmkörper wurden aneinandergereiht, mit Planken belegt und in einer passenden Nachtzeit fuhr unter Führung des Unteroffiziers Bock ein Kommando auf Flößen zu dieser Insel. Bock wurde aber schwer verletzt. Trotzdem ließ er ein ledernes Säckchen mit englischen Gold- und Silbermünzen nicht aus der Hand. Er hatte die Taschen der gefallenen Engländer, die alle gefallen waren, ausgeplündert. Ob er mit dem Leben davon kam?

Zum 14. Infanterie-Regiment: Bei Messines (flämisch Meesen) kam es bei der 11. Kompanie, 14. Bayerisches Infanterie-Regiment zur Meuterei. Wie und wieso es kam, weiß ich nicht. In diesem Gefechtsabschnitt minierten die Franzosen eine ganze breite Front bei der 11. Kompanie unter deren Stellung. Es wurde abgehört und im Stellungsgraben waren nur noch Gefechtsposten. Alles andere wurde zurückverlegt, um bei einer Sprengung nicht mit in die Luft zu fliegen. Als beim Horchkommando nichts mehr zu hören war, räumten auch die letzten die Horchposten. Am nächsten Morgen ziemlich früh flog das ganze Grabensystem bei den 11ern in die Luft, zugleich setzte ein immer weiter greifendes Artilleriefeuer von den Franzosen ein, mit dem Einsatz von Kavallerie, die auf breiter Front durchbrechen sollten. Dieser Angriff brach zusammen und zwar unter blutigen Verlusten von Menschen und Pferden, die die Franzosen eingesetzt hatten. Die 11. Kompanie schlug sich dabei prächtig und machte somit die Meuterei wett. Da unser Bataillon zurzeit in Ruhe lag, wurden wir alle alarmiert, auf Lkw verladen und zur Hilfe für die 11. Kompanie, usw.in Bewegung gesetzt. In Abständen bewegten sich unsere Lkw vorwärts, alle Zufahrtswege lagen feindlicherseits unter Sperrfeuer, aber es ging ununterwegs nach vorne. Ein Lkw vor uns wurde von einer Granate getroffen und fiel aus. Es gab Tote und Verletzte. Endlich war die Einsatzstelle erreicht und wir wurden zur Abwehr in die Front mit eingeschoben.

Am 5.11.-11.11.1918 befanden wir uns wieder in Rückzug auf eine hintere Auffangstelle, die  Wesentobedingt (?) war. Hier waren schon die Amerikaner im Einsatz. Als wir schon beim Compiégne-Schloss die Abwehrstellung räumen mussten, suchte diese uns am Ende des Compiégne-Waldes abzufangen. Sie schnitten uns den Weg ab, da sie rechts durchgebrochen waren. Wir waren trotz gewaltigen Fußmarsches …. und brachen aus dem Walde eher hervor, als sie glaubten. Es gab ein kurzes Feuergefecht und die Amis flohen Hals über Kopf, da sie auf unsere Ankunft nicht vorbereitet waren. Unsere Kompanie war durch die Einsätze sehr stark reduziert, die meisten Kompanien hatten etwa 20-30 Mann, unsere nur noch 21 mit Leutnant, doch sieben MG bezeichnete unsere Waffenstärke. In der Nacht vor dem Waffenstillstand wurde ich zum Batterie (…), dem Major Schaf vorstand (…). Nach dem Befehl hätte ich am nächsten Tage eine Patrouille in Richtung der Feindstellungen machen müssen, um zu erkunden, wo und wie weit sich die Amis noch von uns entfernt sei(en). Während er mir auf einer Geländekarte das Vorgehen auswies, es war etwa vier Uhr morgens, läutete das Feldtelefon. Major Schaf hob ab und nach kurzem Gespräch mit dem rückwärtigen Kommando hörte ich von einem Waffenstillstand. Nachdem das Gespräch beendet, fragte mich Major Schaf, ob ich etwas mitbekommen habe. Ich bestätigte dies. Darauf erklärte er, dass sich nunmehr die Patrouille erübrige, um 12 Uhr mittags kommenden Tages sei Waffenstillstand geschlossen worden. Kurz darauf kehrte ich zu meiner Kompanie im Morgengrauen zurück und erstattete Meldung. Alles freute sich, doch blieb unsere Kompanie noch in Stellung, wir hatten rund 500 Meter zugewiesen erhalten. Etwa gegen neun Uhr bemerkte man etwas Bewegung auf der Feindseite. Plötzlich wurden wir vielleicht eine Stunde lang mit heftigem Granatfeuer eingedeckt; wir duckten uns in unseren Grabenstücken, die wir bei Ankunft aufgeworfen hatten. Kaum schwieg die feindliche Artillerie, da marschierten die Amis in geschlossenen Gruppen vor. Sie glaubten, bei uns wäre alles erledigt. Als das Trommelfeuer begann, glaubte von meinen Kameraden, die mit dem Kompanieführer und mir in einem Grabenstück hockten, niemand an den Waffenstillstand. Als die Amis bis auf 70 Schritt näher kamen schoss unser Kompanieführer  den ersten Schuss ab; dies war unseren Leuten durchgegeben und nun setzten unsere MG ein und hämmerten, Tod um sich verbreitend, auf die Amis los. Der Angriff fiel in sich zusammen. Ich schob einen MG-Schützen vom Drücker und schoss mit Wut auf die Gegner. Sie hatten schwere Verluste, manche liefen nach hinten, andere lagen tot oder verwundet. Punkt zwölf Uhr war alles still und es war, als wenn sich nichts ereignet hätte. Die Stille war direkt erdrückend. Ich regte mich, als es zwölf Uhr war und sah über das vor uns liegende Gelände. Auf etwa 150 m Entfernung ließen sich die Amis sehen, sie saßen aufrecht ohne Deckung und hatten eine weiße Fahne aufgesteckt. Unser Leutnant warnte mich zuerst, als ich mich über die Deckung erhob, als aber keine Schüsse fielen und ich diese Sache schilderte, ließen auch alle anderen (sich) sehen und verließen die Deckung. Nun kam von den Amis ein Offizier in Begleitung, der am Gewehr umgehängt eine weiße Fahne mit sich führte. Unser Kompanieführer und ich gingen den Amis entgegen. Es war ein Captain mit einem Sergeanten. Die Begrüßung war ziemlich kalt und es fragte der Captain, wie stark unsere Kompanie sei. Mein Kompanieführer erwiderte, nur 21 Mann, sich dabei mitzählend. Er, d.h. der amerikanische Offizier wollte dies nicht glauben, doch ich sagte darauf, wir seien doch keine Frösche. Nun gab mir unser Kompanieführer (Namen weiß ich zurzeit nicht) …. ich sollte die Kompanie durch Zeichen sammeln lassen. Als unsere Leute beisammen waren, da war der amerikanische Captain bedient, er sah nur immerfort nach unseren sieben MG. Als ich fragte, ob ich zu seinen Leuten dürfte, schüttelte er den Kopf und erwiderte, dass seine Leute nicht gut zu sprechen seien, seine Kompanie hätte 42 Tote und Verwundete. Weshalb er noch vor dem Waffenstillstand den Angriff befohlen habe, nur deswegen, weil sie glaubten, uns noch fangen zu können. Danach trennten wir uns; am Abend schossen die Amis rote, grüne und gelbe auch weiße Leuchtkugel ab; auch von unseren Linien gab es dieses und man konnte hier den gesamten Frontverlauf erkennen. Bei uns klang plötzlich eine Zugharmonie (Ziehharmonika?) auf; woher die kam weiß ich nicht. Ordonnanzen eilten vor und rückwärts und am nächsten Morgen marschierten wir nach rückwärts zum Sammelplatz. Meine Kompanie wurde aufgelöst und (gehörte) am 18.11.1918 zur 7. Kompanie. Beim Sammelplatz wurde dann bekannt, dass die eiserne Division eine Nachhut zu bilden hatte, die Räumung war in Abschnitten eingeteilt und wir hatten diese genau einzuhalten, da wir sonst interniert würden. Den ersten Tag legten wir 70 km mit Gepäck zurück, am anderen Tage waren es etwas weniger, manchmal kamen wir oft nur 10-20 km vorwärts, da doch alle Straßen verstopft waren.

Eines will und darf ich nicht vergessen, wenn es auch traurig ist. Bei den Rückzugskämpfen kamen wir nach Nesle. Hier ist der große deutsche Soldatenfriedhof und in diesem Friefhofe grub sich meine Gruppe nach meiner Anweisung ein, da es so befohlen war. Während nun die Männer in Zwischenabständen Gräben aufwarfen, sah ich mich in diesem Friedhof um. Hierbei musste ich wahrnehmen, dass mein Taufpate Josef Schreglmann hier beerdigt war. Der Grabhügel war noch ganz frisch, die Inschrift auf dem Kreuze war aber vorhanden. Dass ich durch diese Feststellung bedient war, darüber fehlen mir infolge Schocks die Worte. Zwei Tage (vorher) hatte ich von ihm noch Post bekommen. Von zuhause erhielt ich bereits seit Mitte September 1918 keine Post und meine Eltern und Geschwister erhielten ihre Post an mich mit dem Vermerk „vermisst“ zurück.

Auf dem Rückmarsche waren bereits alliierte Vorkommandos – Offiziere – in den Städten, die wir bei unserem Rückmarsch passierten, die wir grüßen sollten. Wer tat dies schon, niemand. Die  Zivilisten verhielten sich gegen uns ruhig, wenn auch zu erkennen war, dass sie sich über unsere Niederlage freuten. Nur einmal versuchte ein fanatischer Franzose sich unser(er) Einquartierung zu widersetzen. Er verschwand aber rechtzeitig, sonst wäre er in Zwangshaft gekommen. Und so marschierten wir fort und fort. Meine Stiefelsohlen gaben nach und zuletzt sahen fast die Zehen durch. In einem französischen Städtchen, es floss ein Kanal durch, oder Fluß, lagen beim Übergang einige Lkw neben der Brücke. Dahinter auf einem freien Platz standen mindestens 40 Geschütze, tadellos gereinigt, es fehlte nicht einmal der Spaten, zur Ablieferung an die Franzosen bereit. Wir blieben hier ein oder zwei Tage in Quartier. Diese Geschütze wollten unsere Landser sprengen. Ich wusste davon. Im Laufe des Nachmittags ließ mich Major Gabriel kommen und befragte mich, da er von irgendeiner Seite von der Sprengung erfahren hatte. Da er mich gut kannte, beschwor er mich auf die Kompanie einzuwirken, davon abzulassen. Die Geschütze müssten vollkommen ersetzt werden und was von alliierter Seite erfolge, sei nicht abzusehen. Ich eilte nun von Kompanie zu Kompanie und insbesondere zu denen, von denen der ganze Zauber in Gang gesetzt wurde. Schließlich wurde von allen die Gefahr einer Sabotage erkannt und mir versichert, dass nichts geschehe. Ich meldete dies dann auch Major Gabriel, den alle gut kannten und der immer Verständnis für seine Leute hatte und den auch jeder schätzte. Er war ein Mensch wie unser alter Regimentskommandeur „Vater“ Major Mark. Dieser hatte schon früher den ihm zugedachten Namen „Vater Mark“ erfahren. Er freute sich und gab dies auch bei (einer) Ansprache bewegt zu. Zum Ende erscholl der Ruf „Hoch Vater Mark“.

Bei einem Meldegang rief mich einmal General Unruh an, wohin ich gehe. Ich hatte es eilig und auf einmal parierte er sein Pferd vor mir. Ich erkannte (jetzt) erst, dass es General von Unruh war. Ich machte Meldung, zeigte ihm auch die Ordonnanzzettel, deren Meldung sehr eilig war. Darauf schrie er, „geh zum Teufel“ und wendete sein Pferd. Er war ungehalten, weil ich auf seinen Anruf nicht achtgab. Später hatte ich dann mit zwei weiteren Kameraden unweit dieser Stelle die Auffangstraße der Militärgendarmerie einzunehmen. Es war eine Straßenkreuzung, die dauernd unter schwerem Beschuss lag. Den Gendarmen war es dort zu brenzlig. Es dauerte diese Abordnung nur zwei bis drei Tage. Etwas weiter vorne lag ein ganzes deutsches Munitionsdepot. Hier hatte Major Schaf, und zwar inmitten darin, seine Befehlsstelle. Als ich einmal eine Meldung überbrachte, flog ein größerer Stapel Artilleriemunition in der Nähe des ziemlich sicheren Betonunterstandes in die Luft. Die Explosion war so stark, dass sich der ganze Bunker auf die Seite neigte. Ich flog, da ich stand, über den Tisch und Major Schaf und ich fanden uns am Boden wieder. Es folgte ein kurzes Donnerwetter, Major Schaf rieb sich den Kopf, doch was konnte ich dafür, dass ich auf ihn geschleudert wurde. Das sah er auch ein. Der Bunker hatte sich mindestens um ½ Meter nach links geneigt, war aber sonst intakt.

Gasvergiftung. Etwa am 15./16.8.1918 erlitt ich bei Amiens Gasvergiftung. Die Engländer schossen Gelbkreuz. Ich war eben auf einem Meldegang zurück, als ich plötzlich im Atembereich erstickungsähnliche Atembeschwerden verspürte. Ich setzte die Gasmaske auf, da diese nicht half, schraubte ich den Ersatzfilter ein. Danach wurde ich bewusstlos und fiel um. Kameraden verbrachten mich in den Unterstand. Diese Vorsorge rettete mein Leben. Am 19.8.1918 kam ich mit anderen ins Revier, das hinten in einer Scheune eingerichtet war. Man konnte weder sitzen noch liegen. Ich war zunächst blind und der Schaum trat vorm Mund. Soviel ich später erfuhr, waren wir 38 Mann, die unter Gas litten. Wer umfiel, der war tot; nach zwei bis drei Tagen bekam ich wieder Augenlicht, man schmierte mir immer eine Salbe  unter das Lid, es brannte fürchterlich, doch schien die Salbe gut gewesen zu sein. Da wir nur hie und da lediglich Tee zu trinken bekamen, verließ ich die Scheune, um Essen zu bekommen. Da unweit zu dieser Zeit eine preußische Truppeneinheit Essen fasste, schloss ich mich an der Feldküche an und es wurde mir ein Kochgeschirr trotz vorheriger Debatte gefüllt. Ich ging zur Scheune zurück und setzte mich auf einen Stein. Bei Essenseinnahme wurde ich von dem ankommenden Generalarzt dabei gesehen und von diesem dienstfähig geschrieben, weil ich angeblich gegen Anordnungen verstoßen hatte. Ich kam zu meiner Kompanie zurück, blieb, da es mir nicht gut ging, bei der Feldküche und nach acht Tagen ging ich wieder in die Stellung.

Um auf den Rückzug zurückzukommen, wir marschierten unentwegt nach der Landesgrenze. Das letzte Mal waren wir noch auf belgischem Boden. Hier trafen wir bereits in einer Est…. (?) oder Wirtschaft mit ehemals belgischen Gefangenen zusammen, tranken, ohne uns etwa zu streiten, mit ihnen ein paar Gläser Bier. Am nächsten Tage überschritten wir über einen Grenzbach die deutsch-französische (belgische?)Grenze, soweit meine Erinnerung hieß der Ort „Recht“ (evtl. Echt in den Niederlanden?) oder so ähnlich. Nun waren wir endlich nach den langen Entbehrungen auf deutschem Boden. Da die Verpflegung ziemlich schlecht war, kauften wir bei einem Bauern, bei welchem wir biwakierten, Kartoffeln. Dieser verlangte für den Kochkessel eine Mark. Wir waren darüber erbost, doch in einer Nacht wurden diesem Bauern sämtliche Kartoffeln aus dem Keller entwendet. Feststellung über die Täter blieben erfolglos. Bei einem weiteren Quartier ließ uns ein Bauer, obwohl es stark regnete, nicht ins Haus. Wir nahmen die Scheune in Beschlag. Der Bauer jammerte, da wir Kerzen oben auf dem Heu anzündeten; aber jeder gab Obacht, dass es nicht brenne. Obwohl wir auch rauchten, es gab hierbei keinen Brand. Bei dem Rückmarsch kamen wir auch nach Bonn. Ich erhielt mit meiner Gruppe, acht Mann stark, ein sehr schönes Quartier bei einer einzelnen Dame in einem großen Haus mit lauter guten Betten. Wir wurden hier auch verpflegt und doch fühlten wir uns nicht wohl, weil wir allesamt „Vögel“ – Läuse – hatten. Ging diese Frau aus dem Zimmer, dann kratzten und scheuerten wir unter dieser Plage. Sie merkte dies aber trotzdem und kam uns mit Lachen entgegen, wobei sie äußerte, dass ihr Bruder, der als Offizier in Russland in Gefangenschaft wäre, auch immer Vögel mit nach Hause gebracht habe. Trotzdem legten wir uns nachts vollkommen nackt zu zweit ins Bett, um die Betten nicht ganz zu gebrauchen. Sie sollte aber auch hier Mittel haben, um die Läusevögel zu vernichten. Ein Mann von meiner Gruppe war in der Nähe von einem ehemaligen alten General einquartiert. Dieser Kamerad fühlte sich sehr unglücklich und traute sich fast nicht zu rühren. Wir waren in Bonn acht Tage und es war das erste Quartier, in dem man sich heimisch fühlte, im Ganzen (Gegensatz dazu ?) fühlte man sich in der Pfalz direkt feindlich. Am letzten Tage sangen eine größere Anzuahl, darunter auch ich, zu Ehren der Stadt und weil wir so gut aufgenommen wurden, einige Lieder am Marktplatz vor einem Denkmal. Die Honaratioren, sowie eine große Anzahl Offiziere und Mannschaften, darunter auch unser Divisionär, General von Rauchenberg(er), seine Frau wohnt in Hannover, waren anwesend. Der Oberbürgermeister von Bonn spendierte ein Fass Bier für uns Landser und erwähnte in seiner Ansprache, dass diese Truppe die erste sei, die eine ordentliche Disziplin gezeigt hätte. Vor der Rheinbrücke paradierte die Truppe im Steckschritt nach Verlassen der Stadt vor unserem General von Rauchenberger. Dieser hatte auf dem Pferde sitzend beim Anmarsch der durch Verluste stark dezimierten Division den Stahlhelm auf. Er nahm ihn ab und als wir verübermarschierten, riefen wir ihm zu „Hoch Vater von Rauchenberger“. Soviel ich sehen konnte, liefen ihm die Tränen über die Wangen. Als wir den Rhein passiert hatten, tauchten plötzlich einige Rotgardisten auf, die zersetzend auf uns einsprechen wollten. Wir sollten schon vorher, war es in Belgien oder in der Pfalz ?, den Soldatenrat bilden. Wir lehnten dies ab, wir wollten mit unseren Offizieren, die bisher Leid und Freud in schwierigsten Lagen mit uns teilten, nach Hause gehen. Dieses Versprechen wurde von allen gehalten und (sind) nachdem über Duisburg – Siegen marschierten und dort in Ortschaften verstreut noch einige Tage Quartier bezogen. Ein(en) Soldatenrat hatten wir auch nicht als wir dann in Siegen verladen und zu unseren Garnisonen, die 13. nach Ingolstadt, kamen. Dort kamen wir erst nachts an, d.h. unser Eintreffen war zur Nachtzeit verlegt. Vom Bahnhof Ingolstadt marschierten wir geordnet zur Friedenskaserne. Am nächsten Tage erfuhren wir, dass MG bei unserem Einzug von dem roten Soldatenrat aufgestellt waren, weil wir vorausgemeldet, den Soldatenrat abgelehnt, und wahrscheinlich fürchteten sie uns. Als diese Sache bekannt wurde, besetzten wir die Toreingänge der Kaserne. Die mit der roten Armbinde versehenen roten Genossen, warfen wir hinaus. Diese Aktion wurde nur von der Mannschaft durchgeführt. Die, bzw. unsere Offiziere standen im Hofraum der Kaserne, beteiligen sich nicht, weder mit Rat noch Tat. Nach drei Tagen mussten wir den Widerstand aufgeben, man schnitt uns die Zufuhr von Lebensmitteln ab. Die damaligen roten Höchstkommandierenden hießen mit Namen Roth, Niemayer und Schwarzmeier. Eines Tages kam Schwarzmeier in die Kaserne. Ich hatte an diesem Tag UvD (Unteroffizier vom Dienst). Ich ging von Zimmer zu Zimmer und bat die Kameraden die Zimmer auszukehren, denn der Staub lag ja cm-hoch auf dem Boden. Schwarzmeier tat meine Anordnung mit dem Hinweis ab, ich hätte hier nichts anzuschaffen. Ich fasste Schwarzmeier darauf und gab ihm eine gehörige Ohrfeige. Schwarzmeier floh, darauf und ich selbst wurde von Hauptmann Schmidt, bzw. Oberst Braun verräumt, d.h. ich wurde erstmals zur Offizieresbibliothek versetzt und hatte dort die Bücher zu erfassen und zu ordnen, die Gestelle wieder instand zu setzen, da alles am Boden lag. Einzelne Bücher waren überhaupt nicht mehr vorhanden, d.h. auf Grund des Inventarverzeichnis(ses) nicht mehr vorzufinden. Eine Ausgabe von Büchern erfolgte nunmehr nur gegen Unterschrift. Danach erhielt ich die Abwicklungskasse. Zuletzt hatte ich rund 200.000 Mark, die buchungs- und belegsmäßig von mir gegengezeichnet wurden. Eines Abends ging ich wieder hinaus in die Stadt. Das vorhandene Geld, das in einer am Boden angeschraubten verschließbaren Kassette von 60x40x40 cm untergebracht war, nahm ich jedesmal heraus, zog die Vorhänge der beiden Fenster zu und brachte dasselbe in einer runden Kartenkartonrolle, verschloss diese und steckte die Kartonrolle in das obere Rohr des Kamins. Ich traute der mit Anhängeschlössern vesehenen Kassette nicht, da bei  meiner Abwesenheit in mein, wenn auch verschlossenem Zimmer, eingebrochen, bzw. auch die Kassette selbst erbrochen werden konnte. An einem dieser Abende befand ich mich beim Bier in einer Wirtschaft in Ingolstadt. Ich hatte eine nicht zu erklärende Unruhe und ging deshalb gegen 22 Uhr zur Kaserne zurück und legte mich, nachdem ich das Geld wieder in die Kassette gebracht und meine Tür innen mit dem Schlüssel verschlossen hatte, ins Bett. Nachts, es kann 11 Uhr gewesen sein, hörte ich ein kratzendes Geräusch und ich merkte, dass sich jemand an der Türe zu schaffen machte. Ich verließ nun mein Bett, das aber dabei knarrte, nahm die Pistole vom Nachtkästchen und schlich zur Türe. Das Geräusch war nicht mehr zu hören; als ich die Zimmertüre, nachdem ich Licht eingeschaltet hatte, öffnen wollte, konnte ich den Schlüssel nicht umdrehen. Im Schlosse steckte etwas und ich konnte damit auch nicht aus dem etwa 15 bis 20 qm großen Zimmer. Ich legte mich wieder nieder, horchte noch längere Zeit, schlief aber dann wieder ein bis zum Morgen. Da ich aus dem Zimmer nicht hinaus konnte, puschte ich gegen die Türe; es hörte mich schließlich erst gegen neun Uhr jemand, da mein Zimme abseits lag. Mein Zimmer wurde erst durch einen Schlosser geöffnet und es wurde festgestellt, dass jemand das Schloss mit Bleistreifen öffnen wollte. Wahrscheinlich hatte mich der Täter abends weggehen sehen, aber mit meiner Heimkehr nicht gerechnet.

Vom Spieß erfuhr ich, dass aus der Bataillons-Kasse 30.000 Mark fehlten. Da ein Scheiber früh nicht zum Dienst angetreten war, fiel der Verdacht auf diesen, er konnte aber noch an der schweizerischen Grenze abgefangen werden. Nachdem der von mir verwahrte Betrag von über 200.000 Mark sehr gefährlich werden konnte, drang ich bei Oberst Braun durch, das Geld zur Ablieferung zu bringen. Nach Überprüfung der Buch- und Kassenprüfung durch einen Wehrmachtsinspekteur, zahlte ich dann das Geld beim Postamt Ingolstadt an die Abwicklungsstelle München ein. Zur Post bekam ich zwei Soldaten mit Pistolen bewaffnet mit zur Sicherheit. Nun hatte ich diese Sorge los und ich lieferte dann Buch- und Kassenführung nebst Belegen ab. Oberst Braun, der mir ob der Fürsorge wohlgesonnen war, wollte mich nun auch zum Soldatenrat einschleusen. Doch ich krachte schon im Saale des Rathauses mit den roten Ganoven zusammen und ich wurde ziemlich unsanft aus dem Saale hinausbefördert. Oberst Braun war zunächst ungehalten, verstand aber mein Verhalten. Noch vor Weihnachten hatte ich die Wache am Donauufer neben der Brücke zu besetzen, um das Lager, in welchem militärisches Inventar, etc. untergebracht war, zu besetzen, bzw. neu aufzubauen. Das Wachlokal befand sich in einem Zustande, den man lieber nicht beschreibt.

Neben verlausten Strohsäcken und zwei bis drei Zentimeter Staubschicht auf dem Fußboden, war nichts vorhanden, das an ein Wachlokal erinnerte. Bei meiner Ankunft waren Rotgardisten vorhanden, die mehr als verwahrloste Ganoven waren. Ein Wachbuch war nicht vorhanden und es konnte demnach eine ordnungsgemäße Übergabe, wie wir es von früher gewohnt und befohlen war, nicht vorgenommen werden. Ich ließ zunächst die verlausten Strohsäcke nach dem Hofe hinter dem Wachlokal bringen, danach wurden die Holzpritschen und das ganze Lokal gründlich gefegt und gesäubert. Vom Inventarlager ließ ich mir neue Strohsäcke und frisches Stroh gegen Empfangsbestätigung geben und sonach das Wachlokal sauber in Ordnung gebracht wurde. Auf Anordnung des Wachoffiziers wurde ein Wachbuch gekauft und angelegt. Als es Abend war, befand sich das Wachlokal in Ordnung. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kamen vom Anlegedock herauf Schiffer mit zweifelhaften Frauen unter Klängen eines Akkordeons und wollten im Wachlokal ihr Domizil aufschlagen. Mit den breitschächtigen (?) Schiffern gab es zunächst eine Kontroverse und da sie frech wurden, traten meine Leute mit Gummiknüppeln vor. Unter Beschimpfungen verließen sie dann unser Lokal. Ich verblieb mehrere Tage als Wachhabender auf dieser Wache; die Mannschaft wurde jedoch immer abgelöst. Als ich auch nach etwa sieben Tagen durch meinen Nachfolger, Gefreiter Michael abgelöst wurde, konnte ich endlich an Urlaub denken und nach Hause fahren.

Bei unserem Einmarsch am Bahnhof Ingolstadt traf ich auch meinen alten Freund Zitzelsberger aus Niederbayern wieder, der mich brüderlich abdrückte. Er hatte immer um mich Angst ausgestanden und als er seinerzeit verwundet abtransportiert wurde, bat er mich dringend doch mehr auf mich zu sehen. Leider weiß ich heute nichts mehr von ihm, er stammte aus einem großen Bauernhof unweit Deggendorf.

In Ingolstadt ließ ich mir neue Schuhe machen und mit einem Diopter und anderen Gegenständen verwahrte ich die im Schrank und sicherte diesen mit starkem Vorhängeschloss. Am Tage vor dem Weihnachtsabend konnte ich von Ingolstadt heimfahren. Am Bahnhofe wollten uns noch Rotgardisten kontrollieren, insbesondere interessierten sie unser kleines Gepäck. Sie wollten uns nicht zu den Zügen lassen, doch wir sprangen kurzerhand über die Sperre und fuhren mit dem Zug Richtung Nürnberg. Unterwegs wurde die Lok defekt und wir standen mehrere Stunden vor Nürnberg auf dem Gleise, bis schließlich eine Reservelok uns nach Nürnberg brachte. Von Nürnberg stieg ich in den Zug nach Neunkirchen um, dort kam ich etwa um 11 Uhr nachts an. Dort suchte ich zunächst nach Übernachtungsmöglichkeit, da ein Zug nach Vilseck, bzw.Schlicht erst am anderen Tage abging. Es war empflindlich kalt, alles war mit Soldaten überfüllt. In den Wartesälen lagen die Heimkehrer dicht an dicht, sogar der Eingang war besetzt. Ein Bauer, der mit einem etwa 11-jährigen Mädchen ….  , nahm mich dann mit nach Schönlind und lud mich ein, bei ihm zu übernachten. Ich ging mit, ließ mir dann von ihm ein Stück Brot geben und ging dann auf den Schienen der nach Schlicht führenden Bahnstrecke weiter. Es war bitter kalt, fing dann zu schneien an und plötzlich hörte ich von Vilseck, Schlicht, usw. die Glocken der Mitternachtsmesse. Wehmütig ging es mir durch die Brust und Sinn. Es kann nur der empfinden, dem Gleiches geschah und erlebte. Ich ging weiter, verließ in Schlicht das Bahngleis und eilte mit müden Schritten auf der Straße meiner väterlichen Behausung über Neuhaus, Grünwald und Kittenberg zu. Am Eingang der Saloh, die Bezeichnung führte der dort(ige) Wald, ruhte ich auf dem dort liegenden Ruhestein etwas aus. Es ist ein Stein von 1 ½ m Länge, ca. 60 cm hoch und breit. Dort wäre ich bald eingeschlafen, es riss mich plötzlich wieder hoch und ich ging durch den ca. 30 cm hohen Schnee weiter, kam dann durch unser schlafendes Pfarrdorf Haag und noch ca. 400 m; ich war zuhause. Aujch hier war alles schlafen gegangen. Es war morgens Früh 4 Uhr als ich an unsere Haustüre klopfte. Endlich hörte ich Stimmen, es war zunächst meine Schwester Theres, die fragte, wer da sei. Auf meine Antwort öffnete sich die Türe und ich wurde von ihr umhalst. Vater, Mutter sowie zwei weitere Schwestern – Marie und Anna – kamen herbei, doch weiß ich heute noch nicht, wie alles vor sich ging. Ich fiel auf das Kanapee und schlief sofort ein. Als ich früh wieder erwachte, war ich ausgezogen und lag im Bett. Angeblich wäre ich auf das Kanapee hingefallen und hätte sofort geschlafen. Natürlich blieben meine Eltern und Geschwister auf, buken Kücheln. Jedenfalls war alles froh, dass ich endlich heimgekommen war, zumal alle meine Kameraden, soweit sie nicht in Gefangenschaft oder gefallen waren, bereits zuhause waren. Mit Vater ging ich dann in die Weihnachtsmesse. Bei der Kirche traf ich bereits meine Kameraden, die bereits längere Zeit zuhause waren. Bemerkenswert war, dass meine Feldpostkarte, die ich bereits bei unserem Aufenthalt hinter Siegen an meine Eltern (geschrieben hatte)  erst eintraf, als ich schon einige Tage zuhause war. Meine Eltern hatten seit Mitte September 1918 alle Post, die an mich gerichtet war, mit dem Vermerk „vemisst“ zurückerhalten. Sie waren daher in Sorge. Ein Rittmeister, der mit einigen seiner Männer bei meinen Eltern einquartiert war, tröstete meine Mutter. Wahrscheinlich wusste er, dass meine Einheit Nachhut, also die Letzten waren, die aus Frankreich herauskamen. Meine Mutter erfuhr hierbei auch, dass ich in Nesle am Grabe ihres Stiefbruders Josef Schreglmann gestanden habe. Natürlich war sie traurig hierüber, sie war aber schon im Bilde, dass Josef, ihr Bruder, gefallen war. In Siegen hatten wir mit preußischen Kameraden eine harte Kontroverse; es kam zur Schlägerei, obwohl sie in Übermacht waren, mussten sie Fersengeld geben, denn die Stuhlbeine vertrugen ihre Schädel nicht. Leidtragender war zuletzt der Wirt, dessen Einrichtung ging meist in Trümmer. Nach der Keilerei verschwanden wir, da Polizei in Anmarsch gemeldet wurde. Am nächsten Tag war nämlich beim Appell die Nachfrage, wer nach Siegen hineingefahren wäre. Niemand meldete sich. Nach dem Appell ließ mich der Kompanieführer zu sich rufen, denn er kannte uns ja genau. Tatsächlich fragte er ich danach; da ich schmunzelte, wusste er Bescheid. Er fragte nur noch, ob wir Prügel bezogen hätten. Dies konnte ich glatt verneinen. Er musste selbst grinsen als ich den Hergang erzählte und sagte nur, wenn wir aufkämen, er könne uns nicht schützen, raten würde er uns, den Wirt zu entschädigen, da dieser einen ziemlichen Schaden hätte. An einem der folgenden Tage fuhr ich dann nach Siegen und übergab dem Wirt – ich glaube rund 200 Mark. Ich hatte die Achselklappen eingerollt, ging als einfacher Soldat und verschwand sogleich wieder, um nicht angehalten zu werden. Mit diesem Geld konnte er seine Möbel instand setzen lassen. Schon einmal kam ich mit anderen in Bedrängnis und zwar in Gran-Feil, als wir ein Wildschwein schossen und die Feldgendarmerie Nachforschungen anstellte. Danach wurden sämtliche Feldküchen und Kochgeschirre zu den Mahlzeiten kontrolliert und doch bekam unser Kompanieführer von diesem Schwein ein Stück Leber, Herz und ein Stück Fleisch vorgesetzt. Darüber nicht nur erstaunt, ließ er den Küchenoffizier kommen und danach mich, da ersterer keine Auskunft geben konnte. Als ich in seine Unterkunft eintrat, fragte er mich sofort, d.h. er sagte mirauf den Kopf zu, dass ich das Schwein geschossen hätte. Ich verneinte dies zuerst, gab aber dann zu, was und wie alles vorgefallen war. Er schüttelte nur seinen Kopf, aber verraten hat er uns nicht, er war ja einer von den Unseren.

Nach meinem Urlaub fuhr ich wieder nach Ingolstadt zurück. Leider bekam ich Grippe und als ich zurückfuhr, hatte ich ziemlich Fieber. In Regensburg stieg ich aus und überbrachte meinem Großonkel Eier, Butter, etc., da er ja aufgrund der Lebensmittelkarte nicht leben konnte. Mit mir stiegen auch zwei Gendarmen, die die Kontrolle ausübten, ein; sie ließen mich aber unkontrolliert durch die Sperre. Mein Großonkel, gleichen Namens wie ich, schleppte mich damals in sieben Kirchen, erst als ich sagte, es ginge nicht mehr, ging ich nach seiner Wohnung mit zurück. Ich legte mich etwas nieder, zu Essen brauchte ich nichts, mir war ganz elend uns abends fuhr ich nach Ingolstadt. Kurz vor zwölf, bzw. 24 Uhr, kam ich in die Kaserne. Kurz beim Eingang traf ich einen Kameraden, der soeben aus der Kantine kam. Dieser holte für mich einen Liter Bier. Dieses trank ich so heiß wie möglich und legte mich in die Klappe. Durch die Wirkung des Bieres lief mir der Schweiß am ganzen Körper, dass alles nass wurde. Am Morgen wachte ich auf, die Grippe war verschwunden; es war eine Rosskur, aber sie half.

Als in München der rote Mob eine Anzahl Geiseln erschießen ließ, wurden wir von unseren Offizieren aufgerufen als Freiwillige mit nach München zu fahren. Es waren etwa 3-400 Mann, darunter naseweis auch ich, und wir marschierten unter dem Lied „Deutschland hoch in Ehren“ zum Bahnhofe Ingolstadt. Ein Abruf sollte uns dort erreichen. Nach mehreren Stunden Wartezeit ging es wieder zurück in die Kaserne, beide Male wurden wir von der Bevölkerung beschimpft. Ingolstadt war bis auf einen kleinen Kreis mehr als rot; d.h. kommunistisch. Nachdem mir der ganze Saftladen nicht gefiel, es kam auch zu Zusammenstößen mit den Pionieren – sie war(en) ganz links -, forderte ich meine Entlassung. Oberst Braun wollte mich unbedingt halten, doch ich hatte dir fortwährende Hetze satt und so erhielt ich schließlich auch den Abschied. Dieser ganze Zauber der Kommune hätten wir damals weggefegt, soferne ein Offizier die Führung übernommen hätte. Und so mussten erst unschuldige Menschen sterben, bis dann schließlich Freikorps Epp sowie die (?) von Oberland dem ganzen Spuk ein Ende bereitete. Eisner wurde ermordet, Auer am 21.2.1919; erst dann kam endlich etwas Ruhe.

Mein Vater betrieb 1919 immer noch mit dem Altgesellen Michl Kraus (Schustermichl) das Zimmereigeschäft. Als ich heimkam, begann ich mich erst wieder in die Gesellschaft einzuleben, wurde aber bald krank, die erlittene Gasvergiftung machte mir schwer zu schaffen, am ganzen Körper schälte sich die Haut ab, ich hatte überhaupt keinen Stuhlgang und zuletzt musste ich zwei Stöcke nehmen, um mich fortzubewegen. Da mir weder der Arzt noch jemand anderer helfen konnte, nahm ich in jede Hand einen Stock und besuchte die Gastwirtschaft Stümpfl (Vetter) in Haag und verlangte dort ein Glas Bier. Die 4-500 m von meinem Elternhause bis zur Gastwirtschaft legte ich mühsam zurück. Als ich ims Gastzimmer kam, verweigerte mir Vetter Stümpfl die Abgabe von Bier. Er wollte, dass ich wieder nachhaue gehen sollte, da mein ganzes Aussehen ihm bedenklich vorkam. Meine Eltern wussten vom Besuch der Wirtschaft nichts. Auf mein Betteln stellte er mir schließlich doch Bier vor und ich trank anschließend weitere zwei Gläser und es schmeckte mir auch. Anschließend ging ich nachhause. Dieses Bier war schließlich meine Rettung, doch die Folgerung war furchtbar. Es ging vorne und hinten los und meine Mutter musste mich waschen wie ein Baby. Nach ein paar Tagen brauchte ich keinen Stock mehr, ich konnte mich wieder frei bewegen.

Nachdem ich mehrere Tage nach meiner Rückkehr gefeiert hatte, ging es wieder an die Arbeit. Nachdem in Grafenwöhr Leute zur Fütterung von Pferden, d.h. Militärpferden gesucht wurden, meldete ich mich im Büro des bayerischen Abgeordneten „Ganghofer“. Bis zur Auflösung des Lagers fütterte ich mit (anderen) Pferde und Maulesel von denen manche sehr störrisch waren. Ein Apfelpferd hatte nur ein Auge. Jedesmal schlug es hinten und vorne aus, es biss wie ein Hund und ich musste sehr auf der Hut sein, bis ich dessen Vertrauen, zuerst mit Gr … und Zucker gewann. Ganghofer, der einmal die Ställe besichtigte wurde von meinem Apfelschimmel hinausgefeuert und er flog auf die andere Seite unter die Maulesel, die ebenfalls dabei Unruhe stifteten. Ich hatte Ganghofer zuvor gewarnt, doch beanchtete er dies nicht. Nach und nach wurden die Pferde versteigert. Auch meinen Apfelschimmel musste ich vorführen und da er den Veterinär zusamménschlug, schoss er den Hengst nieder. Ich hätte 50 Mark gerne dafür gegeben, meistens wurden für jedes Pferd nur etwas mehr – höchstens 200 Mark gegeben. Den Apfelschimmel wollte niemand, da er vollkommen verdorben war.

Nachdem diese Tätigkeit zu Ende ging, fing ich bei einer Frankfurter Firma, die im sogenannten Geisterwald bei Bernreuth-Hannesrieth nach Erz suchte, an. Da ich Zimmermann war, wurde ich zum Teil als Schachtzimmermann und auch zur Sprengung verwendet. Hier wäre ich bald verunglückt. Im Bohrloch blieb der Bohrer – etwa 10.000 Mark wert – stecken, er blieb am Gestänge nicht mehr hängen. Es wurde das Sprengloch mit Dynamit geladen und man glaubte, dadurch zu dem Bohrteil heranzukommen. Nach der Sprengung wurde der Schacht von ca. 20 m Tiefe nicht begangen. Nach 24 Stunden ersuchte mich der leitende Oberingenieur in den Schacht einzusteigen um das Bohrloch zu beurteilen zu können. Ich stieg auf der Leiter hinunter und als ich mit der brennenden Grubenlampe dem Bohrloche - ca.20 cm breit – näher kam, explodierte das angeräucherte Gas und es schoss eine haushohe Stichflamme hoch über den Schacht hinaus. Mich selbst erwischte die Flamme im Gesichte. Ich wurde an die Wand des Schachtes geschleudert und am Gesichte hingen mir die verbrannten Hautfetzen herunter. Bis das im Bohrloch befindliche Gas verbrannt war, dauerte es mindestens zehn Minuten. Die Stichflamme brüllte wie ein Donnergrollen. Man glaubte, dass ich tot im Schacht läge, niemand gab mir eine Chance und als ich endlich den Schacht über die Leiter verließ, atmeten alle Arbeitskollegen auf. Der Oberingenieur und der Schachtmeister waren bleich, denn sie hatten nicht mit dem Gas durch die Sprengung noch nach 24 Stunden gerechnet, obwohl ich sie aufmerksam gemacht hatte, dass die Sprengstelle erst nach 36 Stunden nach den Vorschriften betreten werden dürfe. Hätte ich die brennende Grubenlampe nicht bei mir getragen, wäre ich erstickt; wäre ich bei der Explosion über das Bohrloch gefallen, wäre ich restlos verbrannt. Der leitende Oberingenieu brachte mich mit seinem Pks sofort zum Arzt nach Königstein. Dort wurde ich verbunden, nahdem mein Gesicht ziemlich gelitten hatte. Nur mit den Augen und Mund und Nase war ich noch zu erkennen. Der Oberingenieur beschwor mich, den Vorfall nicht der Polizei zu melden, er gab mir 500 Mark Schmerzensgeld, denn bei Bekanntwerden des Unfalles wäre er sehr schwer bestraft worden, da er die Vorschriften außer acht ließ und zudem mich zum Einsteigen in den vergasten (Stollen) befahl. Das Gas, welches (sich) durch diese Sprengung entwickelt hatte, wäre auch nach 36 Stunden nicht abgezogen, da der Schacht 2 x 2 m Lichte (?) und ca. 20 m Tiefe niht abziehen konnte, da ein Abzug, wie in einem Bergwerk, nicht eintreten konnte. Nach einiger Zeit ging auch dieses Unternehmen, d.h. die Suche von Manganerzt, durch die Frankfurter Firma zuende. Es wurde noch ein weiterer Schacht durch das vorherrschende Dolomitgestein getrieben, da die Wünschlrute heftige Ausschläge an eiem bestimmten Ort, vom Standort ca. 100 m entfernt, machte. Bei der Bohrung kamen wir auf eine große Wasserader. Es rauschte in der Tiefe, als wenn ein starker Bach in etwa 30 m Tiefe fließen würde. Beim Durchstoß der Gesteinsdecke drang sehr viel Wasser in den Schacht. Später wurde er geräumt, das Bohrgestänge herausgenommen und am Bohrloch konnte man sehr laut  das unten fließende Wasser rauschen hören. An dieser Stelle hatte ich selbst die Öffnung des Schachtes mit dem Oberingenieur bestimmt. Hierbei ergab sich, dass die Silberstahlrute bei mir ausschlug und seit dieser Zeit suche ich mit Erfolg Wasser. Wenn ich auch nicht auf einen Meter die Tiefe vom Wasser angeben konnte, es war jedoch immer da. Soweit wurden von mir später eine Menge Brunnen erschlossen. Die Angabe des Landeskriminalamtes in Ludwigsburg, bei welchem ein höherer Kriminalbeamter die Wünscherute als Betrug qualifizierte, darf nicht un(wider)sprochen bleiben. Es gibt Geologen, es gibt tüchtige Kriminalisten, die theoretisch ihr Werk verstehen  aber sie irrten schon oft und zwar auf beiden Gebieten. Ich könnte dies auf Grund meiner Lebenserfahrungen ohne weiteres widerlegen. Siehe Wiesau-Schönhaid. In beiden Fällen irrte sich der Geologieprofessor von München und es war erstaunlich, als  ich in diesen beiden Fällen das Gegenteil nachwies.

Nachdem (es) nun, wie schon gesagt, die Arbeitsstelle nicht mehr gab, nahm ich in Grafenwöhr bei der Firma Dickerhoff und Wittmann, Nürnberg, Arbeit als Zimmermann auf. Es wurde dort die große Gäranlage (Kläranlage?) für das Militärlager Grafenwöhr gebaut. Ich wurde zunächst mit einem älteren Zimmermann beim Formenherstellen der einzelnen Teile am großen Reißbrett beschäftigt; von Zeit zu Zeit auch beim Einsetzen der Teile in den Ablauf der Gärwassergräben, und zuletzt hatte ich die Schächte im Bereiche der Kasernen herzustellen und zwar im Akkord. Der leitende Oberingenieur gab mir diese Arbeit auch deswegen, weil ich sein Vertrauen auf zuverlässige Arbeit hatte, ferner ich nicht gewerkschaftlich orientiert war und ich mich auch nicht am Streik beteiligte. Zunächst konnte ich mir einen solchen Auffangschacht im Tagelohn fertigen (?); dazu konnte ich mir einen Zimmermann aussuchen. Ich bot diese Arbeit den mir bekannten Zimmermann Hohl an, schilderte ihm den Sachverhalt und damit war alles intakt. Es waren ca. 20 große Schächte – drei Meter im Kreis – mit allem Drum und Dran – bis zur Betonierung stabil ein- und auszuschalen. Dabei durfte auch nicht der Deckel und der Einstieg vergessen werden. Die von uns beiden aufgestellte Akkordsumme je Schacht wurde von der Firma noch etwas erhöht. Hohl und ich verdienten in den nächsten Wochen das Doppelte an den sonst bezahlten Löhnen, doch wir waren auch nicht untätig. Von 7 Uhr früh bis 7 Uhr abends gaben wir unser Bestes, kaum dass wir mittags mehr als ½ Stunde machten, Pause gab es fast gar nicht. Aber auch diese Arbeit hatte einmal ein Ende und die Firma Dickerhoff und Wittmann baute ab. Der leitende Ingenieur sowie die Vorarbeiter der Firma boten mir die Fortsetzung beim Stammpersonal an und sollte ich mit der Firma zum Schiffbau auf den Rhein. Ich lehnte das nach Rücksprache mit meinen Eltern ab, besonders meine Mutter war sehr dagegen. Am Rhein waren die Franzosen und sie war dadurch ängstlich.

Unser Haus zu Bergfried wurde nunmehr aufgestockt und im Übrigen arbeitete ich  wieder bei meinem Vater, doch es war wenig verdient und auch mit der Arbeit ging es ganz langsam. Nachdem sich einige Bekannte bei der Landespolizei meldeten, wandte ich mich ohne Wissen meiner Eltern an die Erfassungsstelle Nürnberg unter Vorlage des Lebenslaufs und unter Ausfüllung eines Anwerbeformulars. Ich wurde sodann am 17. Juni 1921 nach Nürnberg vorgeladen. Mein Vater war dagegen, gab mir auch kein Geld und so fuhr ich mit etwa zwei bis drei Mark mit der Bahn nach Nürnberg und unterwarf mich einem mündlichen Prüfungsverfahren. Es war eine ganze Anzahl von Bewerbern, doch war die Auswahl ziemlich streng. Ich wurde angenommen und blieb gleich dort. Heimfahren konnte ich auch nicht, da mir das Geld hierzu fehlte. Ich wude mit anderen der 1. Hundertschaft der Kulturfeldkaserne zugeteilt. Als ich dort die Wache betrat, traf ich Schraml, der im Felde in meiner Gruppe sich befand. Damals war er wie ich Gefreiter, doch war er mir unterstellt. Ich begrüßte ihn, der inzwischen zum Wachtmeister infolge seines Alters aufgerückt war (nach dem Kriege wurden die Kameraden, welche ab sechs Jahre beim Militär waren und auch noch nach dem Rückzug beim Militär blieben, sofort zu Sergeanten befördert). Ich begrüßte Schraml als alten Kameraden, ohne mir etwas zu vergeben, mit „per Du“; doch ich hatte falsch gerechnet. Schraml, der nun mein Vorgesetzter war, stellte dies gleich richtig und verwies mich darauf, dass hier „per Sie“ gesprochen würde. Ich war bedient, war doch Schraml derjenige, der an der Front immer um einen Posten bat, wo es angeblich nicht gefährlich war. Ich kam dann auf Zimmer 69 und traf dort Neumüller aus Auerbach, der mit mir seinerzeit im November 1916 nach Grafenwöhr mit einberufen wurde. Nun hatte ich Tuchfühlung. Nachdem ich und alle jene, die zur 1. Hundertschaft kamen, eingekleidet waren, wurden wir auf Probe eingestellt. Zunächst wurden wir beim Appell dem Hundertschaftsführer Hauptmann Kurz vorgestellt und über die Dienstvorschriften unterrichtet. Oberwachtmeister Freiberger war Zugführer. Als Spieß war … vorhanden, außer Schraml, waren Buchta, ein Bruder des Sergeanten, bzw. späteren Vizefeldwebels, den ich nach dem Einmarsch in Ingolstadt wieder traf, sowie d(en) Wachtmeister Opel, etc. bei der Hundertschaft. Eines Tages rückten wir unter anderem nach Rainhof zum Exerzieren aus. Der Neuzugang, es waren 26 Mann, sollte hier erst besonders in Ausbildung kommen. Kurz nachdem wir auf dem Exerzierplatz Heimhof (?) eingetroffen waren, kam Leutnant Hartmann mit Rad abgefahren. Nachdem er die Meldung, etc. durch Oberwachtmeister Freiberger entgegengenommen, schritt er bei dem Neuzugang die Front ab. Hierbei blieb er bei mir stehen und sagte „wir kennen uns doch“. Ich gab dies zu und zur besseren Kenntnis sagte ich, ja bei der 8. Kompanie, 14. Bayerisches Infanterie Regiment. Er gab mir die Hand und versetzte mich sofort zur alten Mannschaft. Ich brauchte somit die Ausbildungszeit mit den Neuzugang nicht mitmachen. Bei der Pause ließ mich Freiberger, nachdem Leutnant Hartmann wieder abgefahren (war),  zu sich rufen. Er war nämlich erstaunt über meine Bevorzugung. Als ich ihm erklärte, dass Leutnant Hartmann damals noch Fahnenjunker im Felde mir zugeteilt war, und zwar zur Einweisung, da sagte er mir, dass ich Glück hätte. Freiberger sowie auch die anderen Wachtmeister waren wahrscheinlich auch dadurch berührt und ich hatte sozusagen einen Stein im Brett. Beim Scharfschießen war ich mit an der Spitze. Leutnant Hartmann, der meist immer zum Scharschießen erschien, fragte mich einmal, ob mein Karabiner gut gehe. Ich erwiderte, dass mein Karabiner gut sei. Daruf nahm er ihn und gab fünf Schuss auf die 150 m entfernte Scheibe stehend freihändig ab. Dies war die Übung. Da ich noch nicht geschossen hatte, er hatte ein sehr gutes Ergebnis, erklärte er, dass ich fünf Mark verdienen könnte, wenn ich ihn übertreffe. Da er 5 Mark auf den Anschießtisch legte, legte ich 5 Mark dagegen, strich aber das Geld gleich ein. Ich schoss auch gleich und hatte noch ein besseres Ergebnis, zudem ein Platerl, geschossen. Leutnant Hartmann lachte und gratulierte mir zum Schussergebnis. In der Zwischenzeit wurde ich zum Schießbaukommando Nennhof abgeordnet. Als ich nach 14 Tagen wieder zur Hundertschaft zurück …. (?)

Früh wurde ich geweckt und wurde zur schriftlichen und mündlichen Prüfung, Beginn 8 Uhr, bestellt. Da stellte sich heraus, dass von der Kanzlei vergessen wurde, mir die Bücher zu geben, die zur Prüfung notwendig wäre(n). Da ich jedoch beim Abschnitt gemeldet (war), musste ich trotzdem mitmachen, obwohl mir die Polizeivorschriften unbekannt waren. Schriftlich ging es einigermaßen, obwohl ich die beiden Bücher erst (jetzt)erhalten hatte. Mündlich dagegen konnte ich kene Frage bei Oberstleutnant Bach, der für den Abschnitt zuständig war, beantworten. Auf seine Frage, warum ich nichts wisse, erklärte ich ihm den Sachverhalt. Er erkundigte sich sofort bei der Hundertschaft und darauf bekam ich eine Frist zur Wiederholung nach 14 Tagen. Alle die vorerst die Prüfung nicht bestanden, wurden wieder entlassen. Nach 14 Tagen wiederholte ich die Prüfung schriftlich, von der mündlichen (wurde) ich auf Grund des schriftlichen Ergebnis(ses) als Einziger befreit. Hautpmann Kurz gratulierte. In folgender Zeit widmete ich (mich) dem Sport, Langlauf, Hoch- und Weitsprung, sowie Fußball. Nach etwa 1 ½ Jahren meldete ich mich zur Gendarmerie. Ich hatte bereits nach einem halbjährigen Lehrgang im Allgemeinwissen, usw. hinter mir. Ich erziehlte durchwegs sehr gute Noten im Rechnen, Geografie, Geschichte, usw.; hier immer die Note 1. Obermeister König (Kanonenkönig genannt), war sonst in allen Aufgaben gut, im Rechnen fehlte ihm jeder Ansatz. Da ich meine Prüfungsarbeit vorzeitig hiter mir hatte, bearbeitete ich auch seine Rechnungsaufgabe; er hatte so ziemlich die gleiche Schrift und er bekam hierbei auch die Note 1, obwohl der Elementarlehrer mit einem Auge sehr zweifelte. Später hat König selbst dem Lehrer zugegeben, dass ich ihm wensentlich geholfen hätte. König war mir sehr dankbar, für ihn war die Prüfung für seine Anstellung im Staatsdienst sehr wichtig. Mein Gesuch zur Gendarmerie gab mir Hauptmann Kurz eigenhändig zurück; ich sollte bei der Hundertschaft bleiben. Später meldete (ich) mich zu dem Polizeivorkurs in Eichstädt. Während des Kuses wurden wieder Schüler für Gendarmerie und Polizei gesucht. Mein Gesuch kam durch, da Hauptmann Kurz seinerzeit in Urlaub war. Oberleutnant Wolz, der die Vertretung hatte, gab es eben weiter. Da uch Hauptmann Sagerer, der Kursleiter, mich günstig beurteilte, wurde ich während des Kurses nach Ansbach zur Gendarmerie-Abteilung zur Aufnahmeprüfung abgeordnet. Es meldeten sich seinerzeit über 1.000 Bewerber, teils zur Gendarmerie, teils zur Schutzpolizei. Etwas über 100 Anwärter wuden gebraucht. Die Auslese war sehr streng. Ich und nein Kameraden hatten zusammen an drei folgenden Tagen die Eignungsprüfung. Von diesen zehn wurde ich als Einziger genommen, doch davon erfuhr ich erst später. Nach Abschluss des Vorkurses war ich von rund 300 Kursteilnehmern der Siebtbeste. Als ich  nach Nürnberg zurückkam, wurde ich mit Anderen dem Polizeioberst Reis auf der Burg vorgestellt. Die jeweiligen Hundertschaftsführer waren abei. Ich erhielt als Geschenk das Buch „Das eiserne Jahr“. Mein Hauptmann würdigte mein Abschneiden nicht, während alle Anderen von ihren Hauptmännern gratuliert wurden. Es war dies auffallend, warum, wusste ich nicht. Ich machte wieder Dienst bei der Truppe. Als ich einmal als Meldefahrer bei der Wache eingeteilt war, rief mich der dort(ige) Oberwachtmeister in die Kanzlei und teilte mir mit, dass ich die Aufnahmeprüfung bestanden hätte. Ich glaubte es zunächst nicht, da die mit mir Geprüften körperlich stärker waren, doch waren diese tatsächlich durch. Es wurde mir empfohlen, dies geheim zu halten, damit er – der Mitteiler – keine Schwierigkeiten bekäme.

Auf der Burg hatten wir auch die Wache zu stellen und im Übrigen auch Hilfsdienst bei der Schutzpolizei in Nürnberg, ferner Einsatz bei Waldbränden und Forstfrevel. (Im) Herbst 1923 war ich wieder beim Aufbau- und Gefechtsschießen abgestellt. Als ich zurückkam, hatte ich frei, und ich wollte soeben von der Kaserne in die Stadt gehen. Beim Verlassen der Kaserne wurde ich vom Spieß …. ? (später Arnold) zurückgerufen und mir mitgeteilt, dass ich heute noch nach München als Vorkommando der Gendarmerieschule abfahren müsse. Ich musste sofort meine Sachen packen, soweit sie nicht nach Hause kamen, nahm ich das Übrige als Gepäck nach München mit. Übernachtung war in der Türkenkaserne bestimmt, am anderen Tage hate ich mich mit anderen in der Gendarmerieschule zu melden. Bevor ich nach Nennhof zum Gefechtsschießen abkommandiert wurde, hatten wir, wie so oft, Übungsschießen auf den Schießständen. Ich schoss damals die vom Abschnitt gestellte etwas 50 cm große Scheibe heraus. Ich hatte damals den Furier zu vertreten und kam erst später zum Schießplatz. In der Kantine trank ich einige Schnäpse, denn in der Hitze war ich it dem Fahrrad nach ….. (?) Als ich dann zum Schießstand vorkam, sagte man mir, dass der beste Schütze ein Wachtmeister der  2. Hundertschaft sei. Es durften von jeder Hundertschaft nur die besten drei Schützen auf diese Scheibe einen Schuss abgeben. Als ich zum Schuss kam, setzte ich nochmals den Karabiner ab, da mir die Augen tränten. Ich sah gerade noch, dass der beste Schütze, der Wachtmeister von der 2. Hundertschaft, hämisch lachte. Ich biss die Zähne zusammen und nach kurzem Ziel gab ich den Schuss ab. Draußen an der Scheibendeckung kam zweimal das Ankündigungszeichen für den 12-er heraus und gleichzeitig hörte man nach Einzug der Scheibe einen Juhu-Schrei. Ich war der Letzte, der auf die Scheibe schießen durfte und hatte zudem den besten Schuss abgegeben. Die Scheibe gehörte also mir. Von meinen Hundertschaftsangehörigen wurde ich zunächst bejubelt. Inzwischen war nun Hauptmann Kurz eingetroffen. Ich meldete mich strahlend bei ihm als Scheibenbester. Er hörte dies ruhig an, wies mich an, Karabiner und Scheibe, die später der Hundertschaft von mir zugeeignet wurde, abzustellen und ihm zu folgen. Als wir vom Schießstand etwa 50 m entfernt waren, blieb er stehen und nannte mich (einen) Feigling. Ich war zurück und rief zurück „Herr Hauptmann“. Darauf sagte er wörtlich, jawohl, Sie sind ein Feigling, ich hätte (mich) hinter seinem Rücken, während er im Urlaub gewesen, zur Gendarmerie gemeldet. Auf meine Erwiderung, ich wusste ja nicht, ob ich wegkomme, sagte Hautpmann Kurz, das wüsste er bereits. Er habe mich deswegen auch nicht wegen meines Abschneidens in Eichstädt beglückwünscht und bat mich zugleich, meine Meldung wieder zurückzunehmen, die Guten gingen und die Deppen blieben bei der Hundertschaft. Ich konnte ihm dies nicht versprechen, denn ich wollte endlich einen Beruf. Obwohl er mir versprach, dass ich befördert und zwar Letztere nachholen (?), bzw. wäre ich in kurzer Zeit Wachmeister, blieb  ich von, bzw. bei meiner Stellungnahme. Hätte ich gewusst, was in der Folgezeit und späterer Zeit auf mich zukomme, hätte ich mich vielleicht anders entschieden. Aber wer kann seinem Schicksal ausweichen. Hauptmann Kurz kommt auch noch mehrmals ins Gespräch, doch  dies an anderer Stelle.

In München kam ich seinerzeit (etwa 22.9.18 – es müsste 1923 heißen!) nachts gegen 21 Uhr an. Beim Verlassen des Bahnhofs fragte ich nach der Türkenkaserne. Als ich unweit des Glaspalastes wiederum nach der Kaserne fragte, lachten sie mich aus, weil sie meinten, ich veräppele sie. Als ich dann wieder einen Passanten fragte, erwiderte er, Na, Sie stehen ja vor der Türkenkaserne, bzw. Straße. Ich bedankte mich für die Auskunft und gab dabei an, ich sei ja erst das erste Mal hier in München und es sei doch dunkel. Da verstand dies auch der Passant und alsbald hatte ich die Kaserne gefunden, woselbst ich übernachtete. An der Kaserne hatten sich noch zwei Kameraden eingefunden. Am anderen Tage früh gingen  wir früh zur Gendarmerie-Schule und meldeten uns dort. Ich wurde von dem Gendarmerie-Sekretär Dürnberger zum ersten Saal geleitet, während die Anderen die anderen Säle zu übernehmen hatten. Es wurde mir gesagt, dass ich beim Verlassen des Saales immer abzusperren hätte. Dann war ich allein. Da ich Brot brauchte, verließ ich den Saal und eilte über die Straße, kaufte im gegenüber liegenden Bäckerladen ein Brot und ging zurück. Ich war höchtens drei Minuten aus. Als ich in den Saal wollte war dieser abgesperrt und der Schlüssel abgezogen. Über den Gang vorgehend kam mir Dürnberger entgegen, stellte mich zur Rede und gab mir, obwohl ich keine Widerrrede oder Ausrede gebrauchte, verletztend zu verstehen, wenn es mir nicht passt;  hier habe der Zimmermann das Loch gelassen. Dürnberger hatte also aufgepasst, als ich den Saal verließ, ja vielleicht vorausgesehen. Es hätte ja ein Fremder nie in das Gebäude gekonnt. Dieser erste Eindruck traf mich tief, ich saß einige Zeit auf der Klappe und dann packte ich meine Sachen in den Koffer, um wieder nach Nürnberg zurückzufahren. Als ich fertig war, kam wieder ein Mann zur Türe herein, stellte sich als Sekretär Scheizenhammer vor und da er sah, dass ich gehen wollte, redete er mir zu, zu bleiben, erklärte, dass Dürnberger das gar nichts angehe, es sei sein Saal, fragte mich, ob ich im Krieg gewesen, ob ich Auszeichnungen habe, usw. Ich bejahte alles und erwiderte, mir sei so eine Sache noch nie widerfahren. Jedenfalls war ich so verletzt und wenn mir Scheizenhammer nicht so zugeredet hätte, wäre ich wieder zu meiner Hundertschaft zurück. Dürnberger sah ich bis zu Beginn der Schule nicht wieder. Am nächsten Tage hatten wir Aufhängeleisten mit Haken zu versehen, die ich, da mein Beruf ausschlaggebend war, in der Länge maß und die Stellen, wo die Haken eingeschraubt werden sollten, anriss. Als ich gelegentlich in den 1. Schulsaal kam, richtete ein Mann die an der Wand befindliche Uhr. Ich glaubte einen Uhrmacher vor mir zu haben und als ich fragte, ob die Uhr defekt sei, wandte sich der sogenannte Uhrmacher um, er hatte einen passablen Schnurrbart und frage mich nach meinem Namen. Explosiv (Impulsiv?) nahm ich die Hacken zusammen. Er erwiderte, dann komme ich zu ihm in den Saal und er sei Obersekretär Hartmann. Ich entschuldigte mich, doch so schnell hat bestimmt noch niemand die Türe hinter sich zugemacht. Wie mochte Hartmann gegrinst haben? Tatsächlich kam ich in dessen Schulsaal; am 1.10.1923 kamen alle

Schüler an und konnte nun der Unterricht beginnen. Obesekretär Hartmann war ein gewissenhafter und sehr lehrender Beamter, der aber auch von uns das Letzte herausholte. Jedenfalls kamen wir gut in Schwung, die ganzen Gesetze mussten auswendig gelernt (werden). Ein Kamerad schaffte dies nicht und wurde wieder entlassen. Bemerkenswert war, dass er mich einmal zur Rede stellte, als ich bei einer Lernstunde mit anderen etwas lustig wurde. Vom Klassenältesten Fries, d.h. (nach) dem Namenskatalog als Erster aufgeführt, wurde ich verpetzt. Als dann mittags alles cen Saal verließ, musste ich nun seine Ansicht anhören und zuletzt gab er mir den Rat, während der Unterrichtsstunden mich sachlich zu verhalten. Nachmittags um 14 Uhr kam dann Obersekretär Hartmann auf das Gebiet „Denunziant“ zu sprechen nd es war deutlich zu verstehen, dass er Klatschereien und Denunziation von und unter Kameraden verurteilte. Am 9.11.1923 bekam ich durch Oberst Stepf, dem Leiter der Gendarmerie-Schule, (den Auftrag) bei der Gendarmerie-Direktion Befehle abzuholen. Hierbei kam ich auf dem Hin- und Rückweg über den Odeonsplatz. Die Direktion, vertreten durch Oberstleutnant Ranner, befand sich in der Theatinerstraße. Bei Empfang wurde mir mitgeteilt, dass unter den Befehlen Gemeinbefehle seinen und ich hätte besonders darauf zu achten. Als ich den Odeonsplatz überquerte befanden sich sehr viele Menschen, besonders in den einmündenden Straßen, die ich zur Türkenkaserne begehen musste. Inzwischen knallten hinter mir bereits Schüsse. Ich konnte mich nicht weiter orientieren, da ich die Befehle bei mir hatte. In vorhergehender Nacht gab es im Bürgerbräukeller den Zwischenfall mit Hitler und der Regierung. Doch hiervon wussten wir nichts. In der Frühe des 9.11.1923 sahen wir nur Autos mit Hitlergarden und dazwischen auch solche mit Polizei. Die Ursache wurde erst bekannt,  nach den ersten folgenden Tagen. Von meinem Schulsaal war Kamerad Landsberger und im 3. Schulsaal ebenfalls ein Kamerad bei der Schießerei ims Leben gekommen. Die Einsatztruppe der Landespolizei-Beamten führte damals Freiherr von Godin. Nach Beendigung des 1000-Jährigen Reiches wurde er Präsident der Landpolizei. Von Godin musste seinerzeit in die Schweiz flüchten, als Hitler die Macht am 31.1.1933 übenahm.

Ich meldete den Vorfall unserem Oberst Stepf. Er war tief beeindruckt, ich hatte den Eindruck, dass er Hitler näher stand. Ende Februar (1923) war der Lehrgang abgeschlossen. Ich hatte sowohl im Schriftlichen als Mündlichen die Note 2. Als Station war für mich Zirndorf vorgesehen, da ich aber unbedingt in die Oberpfalz wollte, kam ich zunächst zum Gendarmerie-Verst. (?)-Kommando Weiden. Obersekretär Hartmann trug mir Zirndorf bis zuletzt an. Während des Lehrganges kam Oberwachtmeister Wohlmuth (später darüber mehr) und wurde die Schule um einen Lehrgang erweitert. Diesen bekam Wohlmuth; später traf ich ihn in Freiburg im Breisgau als Hauptmann und Lehrer der Bezirks-Offiziers-Schule. Nach dem Abschluss fuhren wir zu den einzelnen Landpolizei-Hundertschaften; ich nach Nürnberg, zurück. Meine Ankunft wurde von meinen Kameraden gefeiert, ich hatte bereits die Uniform der Gendarmerie und war sozusagen Wachtmeister der Gendarmerie. Opl, Buchta, Freiberger und andere mehr, ließen es sich (nicht) nehmen, meinen Erfolg zu feiern. Sie brachten es fertig, dass die Aussöhnung mit Schraml zustande kam und ich war auch nicht nachtragend. Von einer Entschuldigung war nicht die Rede, d.h. ich wehrte ab. Es war vergessen und vergeben. Bevor ich meine Entlassungspapiere erhielt, ließ ich mich bei Hauptmann Kurz melden. Über meine Prüfungszeugnis war er bereits unterrichtet, er wünschte mir Glück, doch ersuchte er mich nochmals bei seiner Hundertschaft zu bleiben, er werde nach Abang des Spießes, Obermeister Arnold, mich in die Kanzlei hereinnehmen und wies auch auf die Unanehmlichkeiten bei der Gendarmerie hin. Ich lehnte höflich ab, zumal ich schließlich ein Ziel vor mir sah. Da er meinen Standpunkt achtete, holte er eine Flasche Wein hervor und spendierteauch eine Zigarre. Ich bedankte mich noch für seine Fürsorge; er entließ mich mit einem Händedruck und machte die Bemerkung, dass seine guten Männer gehen und die anderen Deppen bleiben hier. Nun fuhr ich von Nürnberg zuerst nach Hause. Mein Vater, bzw. meine Eltern wussten nicht, dass ich zur Gendarmerie gegangen war, sie waren überrascht, als ich in Uniform nach Hause kam. Vater sagte, (der Rest des Stenos kann nicht entziffert werden, nur  - bei der Zimmerei war nichts mehr.).