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Burgund – Bericht
über eine Studienreise Frau Ruth Krebs
leitet seit Jahren Studienreisen mit „Biblische Reisen“ an denen auch
mehrere Gemeindeglieder regelmäßig teilnehmen. Geistliche Begleitung erfuhren
die Reisen entweder durch die früheren Kapläne von St. Bonifatius Herrn Szczerbaniewicz und Herrn Swiderek – beide haben jetzt eigene Pfarreien.
Hervorgegangen sind diese Reisen aus den früheren Gemeindereisen, die Frau
Krebs in ihrer Eigenschaft als damalige Gemeindereferentin organisiert hatte.
Mittlerweile hat sich der Kreis erweitert und besteht zur Hälfte aus Reisenden
von Ost und West und als wahrhaft ökumenisches Unternehmen ausgewogen aus
Katholiken und Angehörigen anderer christicher Kirchen. Und wir, die
Reiseteilnehmer, sind alle beschwingt von dem besonderen Geist, der dabei
herrscht und traurig, dass die Zeit so schnell vergangen ist. Sehr zum Erfolg
beigetragen hat immer unser wissenschaftlicher Reiseleiter Herr Marc Pusch aus
Hamburg. Er hat Kunstgeschichte studiert und arbeitet selbst als Künstler und
ist mittlerweile ein sehr gefragter Reiseleiter für Studienreisen. Es ist
unglaublich, welches Wissen er auf allen möglichen Gebieten hat und dieses auch
kurzweilig zu vermitteln weiß. Wir freuen uns
schon auf nächstes Jahr mit ihm und Frau Krebs! Diesmal lautete das
Thema der Studienreise vom 14. – 23.9. „Burgund – Glanzlichter der
Romanik, Glaubensbekenntnis in Stein, Genüsse für Leib und Seele“. Gleich zu Beginn
– nach der Landung auf dem supermodernen Flughafen in Lyon konnten wir ein
Glanzlicht kennen lernen, nämlich die frühromanische Kirche in Tournus mit
ihrem reichen Kapitellschmuck. Dieser beinhaltet eine biblische und auch
allgemein moralische Bildsprache, die manchmal nur mit fachlicher Deutung für
uns Heutige verständlich ist. Und lustig ist die Aussage der Kapitelle manchmal
auch! Vézelay –
die Kirche ist bekannt, weil sie der Sammelpunkt für die deutschsprachen
Pilger nach Santiago de Compostela war, und vor der Kirche hatte Bernhard von
Clairvaux zum Kreuzzug aufgerufen. Auxerre mit einer Abteikirche, die bis ins 5.
Jh. zurückgeht. Fontenay mit einer vollständig erhaltenen frühen
Klosteranlage des Zisterzienserordens. Während der Reise
reihten sich die Kirchen, Klöster und historischen Orte wie Perlen an eine
Kette und jede Perle war ein Erlebnis für sich. Wir Keltenfreunde konnten das
auf Befehl von Napoleon III. errichtete Versingetorix-Denkmal bewundern – die
Antwort auf die Germania in Rüdesheim. Dort wo der überdimensionierte Recke
steht, hatte 52. v. Chr. die Schlacht von Alesia unter Leitung von Cäsar gegen
die Gallier/Kelten stattgefunden. Wer den Film „Chocolat“
gesehen hat, kann uns jetzt beneiden, dass wir den Originalschauplatz in
Flavigny-sur-Ozerain besichtigten und die dort produzierten köstlichen
Anispastillen erwerben konnten. Dijon, die alte
Hauptstadt von Burgund/Bourgogne mit seinem Herzogspalast, der Kathedrale St.
Benigne. Künstlerisch ungemein reichhaltig sind die Grabmale der Herzöge –
einerseits Herrschaftssymbole über den Tod hinaus und andererseits auch
Ausdruck der Hoffnung des jeweiligen
Herzogs auf Gnade im Jenseits. Beaune mit dem weltbekannten Hôtel-Dieu, einem
reich ausgestatteten frühen Krankenhaus aus dem Jahre 1443. Ein beredtes
Beispiel der Krankenpflege aus der frühen Neuzeit. In Beaune besichtigten wir
auch ausgiebig – durch kurzweilige und fundierte Erklärungen (Marc Pusch sei
Dank!) sieht man dabei viel mehr Details! – das Gemälde von Rogier van der
Weyden „Das jüngste Gericht“ und die herrlich gewebten Teppiche zum
Marienleben. In Beaune feierte Pfr. Swiderek mit uns auch Hl. Messe an der alle
in ökumenischer Eintracht und Freude teilnahmen. Das Portal der
Kathedrale von Autun ist wohl einer der Höhepunkte von Burgund – es stellt
ebenfalls Szenen zum Jüngsten Gericht dar. In Le Creusot übernachteten wir in
einem Hotel innerhalb eines schlossähnlichen Anwesens, in dem Königin Marie
Antoinette hatte Glas herstellen lassen, und später diente die Anlage als
d i
e Waffenschmiede
Frankreichs. Hier hatte ich
Gelegenheit mit einem Trauerspiel der besonderen Art (in Form eines Sketches)
die Reisegesellschaft von 28 Menschen zu „beglücken“. Treue Mitwirkende
brachten das Publikum zum Jubeln – es ging um die unglückliche Liebe zwischen
Romeo und Julia. Ein weiterer Höhepunkt
war der Besuch der Gemeinschaft von Taizé – eine junge deutsche Studentin der
Theologie berichtete von ihrem persönlichen Bezug zu der ökumenischen
Einrichtung – beeindruckend war die Stille und Sammlung der vielen jungen
Menschen aus aller Welt, als wir am Mittagsgebet der Brüder (französisch,
englisch, spanisch und deutsch) teilnamen. Der frühere Prior Roger Schütz ,
ein Schweizer – er hatte jüdische Menschen versteckt, half aber auch später
deutschen Kriegsgefangenen – war vor einigen Jahren von einer geistig Kranken
ermordet worden. Er war ein persönlicher Freund der Päpste Johannes XXIII. und
Johannes Paul II. Dann kam Cluny!
Leider ist die ehemals so gewaltige Klosteranlage (damals größer als der
Petersdom in Rom) in der Französischen Revolution (wie so unglaublich viele
religiösen Bauten und Kunstgegenstände!) zerstört worden und nur mehr
teilweise erhalten. Nichtsdestoweniger aber immer noch sehr beeindruckend und
noch immer ein beredtes Zeugnis des berühmtesten Ordens der Christenheit. Lyon und vorher
etliche kleinere Orte mit herrlich verträumten Kirchen und Plätzen oder großzügigen
Architekturzeugnissen waren für uns wie ein erwanderter Traum durch eine andere
Welt. Es ist ein Glück, dass Burgund in den letzten Kriegen nicht zerstört
worden ist. Sehr real waren die
kulinarischen Genüsse – berühmtes „Boeuf Bourguignon“ aus den saftigen
Steaks der weißen Charolais-Rinder
– Weine der internationalen Spitzenklasse – ein hervorragend organisiertes
und reichhaltig bestücktes Picknick am Ufer der Loire – ich komme ins Schwärmen
und denke nicht mehr an die neu hinzugewonnenen Pfunde! Non, je ne regrette rien! Aber ich freue mich
über eine herrliche Reise, bei der das spirituelle, besinnliche, lustige und köstliche
Leben voll erfahren werden konnte. Danke! Gerhard
Schmidt-Grillmeier |